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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Leipzig war sie dem Teufel in Menschengestalt begegnet. Was anderes hätte sie tun können, als um ihr Leben zu ringen?
    Und doch lag die unausgesprochene Schuld wie ein nasser Sack auf ihren Schultern und drückte sie nieder, von Tag zu Tag ein wenig mehr. Luther konnte nichts wissen von der unsichtbaren Last, die sie mit sich herumschleppte. Oder war er als Einziger in der Lage, bis in die Tiefe ihrer Seele zu schauen?
    Was hätte sie jetzt darum gegeben, sich in einen Beichtstuhl flüchten zu können und dort alles loszuwerden, was sie so sehr quälte. Aber in der Stadt des Reformators gab es schon seit Jahren kein katholisches Gotteshaus mehr, geschweige einen Priester, der ihr das Sakrament der Buße hätte gewähren können. Wittenberg zu verlassen, wagte sie nicht. Allerdings trug die Stadtkirche zu ihrer Überraschung den Namen der Gottesmutter, und Maria dort um Hilfe anzurufen, konnte schließlich niemand verbieten.
    Natürlich war Bini eingeweiht in das, was ihr zugestoßen war – doch das Schlimmste, das, was sie Nacht für Nacht schweißgebadet aufschrecken und nach Luft ringen ließ, hielt sie sogar vor ihr verborgen. Es machte sie froh mitanzusehen, wie rasch Binea sich im ehemaligen Schwarzen Kloster eingelebt hatte. Kaum war ihr Fuß verheilt, sauste sie durch die Räume, lachte und plapperte den ganzen Tag, selbst bei den schwersten Arbeiten. Wie hätte sie da diese Unbeschwertheit mit schrecklichen Bekenntnissen belasten können?
    Susanna schrak aus ihren Überlegungen hoch, als Luther plötzlich vor ihr stand.
    »Es wird ein Essen geben«, sagte er unvermittelt. »Mit Kollegen von der Leucorea. Schwarzerd zum Beispiel und noch einige dazu, ich schätze, nicht mehr als acht, aber so genau kann man das niemals vorher sagen, weil jeder von ihnen so seine Eigenheit hat. Morgen, zur Mittagszeit. Geh der Frau schon heute tüchtig zur Hand, damit sie sich dann mit uns an die Tafel setzen kann! Das schätzt sie so sehr.«
    Susanna nickte rasch. Wieder wurde ihr die Kehle eng.
    »Kümmere dich vor allem um die Kinder!«, fuhr er fort. »Meine Käthe wird schnell unruhig, wenn sie zu plärren beginnen.«
    »Das kann ich gerne übernehmen«, brachte Susanna schließ lich krächzend hervor und schämte sich im gleichen Augenblick dafür.
    Er musste sie für eine Idiotin halten.
    Oder für eine, die dem Reformator aus guten Gründen nicht in die Augen schauen konnte.
    Da war er schon weitergelaufen, ohne sich länger um sie zu kümmern.
    Susanna starrte ihm hinterher, bis ein aufmunternder Stoß Binis sie jäh in die Gegenwart zurückbrachte.
    »Hast du schon gehört? Wir zwei gehen jetzt auf den Markt« , sagte sie fröhlich, öffnete ihre Hand und ließ die Münzen klirren, die Katharina ihr gegeben hatte. »Da bekommen wir endlich Gelegenheit, uns dieses Wittenberg bei Tag anzu schauen!«
    Susanna starrte sie an wie eine Erscheinung.
    »Was ist mit dir?«, fragte Bini besorgt. »Du bist ja ganz blass! Aber sieh nur: Muhme Lene hat mir zwei Kupferstücke zugesteckt – nur für uns!«
    »Nichts«, sagte Susanna rasch. »Nur die alte Geschichte … Du weißt ja.«
    »Und genau das hört jetzt endlich auf, verstanden?« Bini drückte ihr energisch einen Korb in die Hand und nahm sich den zweiten. »Wir sind hier. In Sicherheit. Niemand kann uns etwas antun.«
    Wie gern hätte sie daran geglaubt!
    Doch kaum hatten sie das Lutherhaus verlassen und waren auf der öffentlichen Straße angelangt, beschleunigte sich ihr Herzschlag unwillkürlich.
    »Heute ist Viehmarkt«, plapperte Bini fröhlich neben ihr. »Vielleicht bekommen wir ein paar schöne Rösser zu Gesicht …«
    »Und was sollen wir damit?«, fiel Susanna ihr ins Wort, weil sie die innere Spannung kaum noch ertrug. »Du kannst ebenso wenig reiten wie ich.«
    »Doch nur zum Anschauen und Sich-daran-Freuen …« Bini sandte ihr einen scheuen Blick zu. »Dass du immer gleich so griesgrämig werden musst! So warst du früher im Kloster nie. Manchmal erkenne ich dich kaum wieder.«
    Ich mich ja auch nicht, dachte Susanna und senkte beschämt den Kopf. Jetzt giftete sie schon die Gefährtin an, die immer zu ihr gestanden hatte!
    »Es tut mir leid«, setzte sie an, doch Bini schien es schon wieder vergessen zu haben.
    »Lass uns den schönen Tag doch nicht mit trüben Gedanken verderben!«, sagte sie und deutete auf ein stattliches Gebäude links vor ihnen. »Siehst du das? Das ist die hiesige Universität Leucorea. Was für ein prächtiges Bauwerk! Und

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