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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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dreinschaute.
    »Immer diese öden Hilfsarbeiten«, grummelte er. »Ich kann kein Holz mehr sehen. Wann lässt du uns endlich richtig malen?«
    »Sobald ihr so weit seid – und das wird leider noch eine ganze Weile dauern, wenn ihr weiterhin so herumstümpert. Inzwischen muss die anstehende Arbeit von den Gesellen erledigt werden, denn mich erwartet wieder einmal der Kurfürst. Ich gehe davon aus«, wandte er sich an diese, »dass jeder von euch weiß, was er während meiner Abwesenheit zu tun und zu lassen hat.«
    Ambrosius, der gerade den blonden Haaren einer jugendlichen Schönheit die letzten Glanzlichter aufsetzte, ließ seinen Pinsel sinken und nickte ehrerbietig. Die beiden ande ren Gesellen, der stämmige Paul Steter und Simon Franck, der Rotkopf, mit dem Jan sich am besten verstand, schnitten heimlich Grimassen, während sie scheinbar ungerührt wei termalten.
    Jetzt, dachte Jan. Jetzt!
    »Auf ein Wort, Patron.« Heller Schweiß stand ihm auf der Stirn, so angespannt war er auf einmal, aber er würde nicht nachgeben, keinen einzigen Deut. »Lasst uns für einen Augen blick nach nebenan gehen!«
    »Du warst bei ihr?«, überfiel ihn Cranach, kaum dass sie in der kleinen Abstellkammer angelangt waren, in der es betäubend nach Terpentin roch. »Und die Frau des Apothekers hat eingewilligt? Wann kannst du zu malen beginnen?«
    »Nicht ganz so hastig!« Jan hob beschwörend die Hände. »Da gibt es zuvor noch so einiges zu bereden.«
    »Du weißt ganz genau, wie knapp die Zeit ist.« Der Alte schob seinen massigen Schädel nach vorn. Seit dem letzten Winter begann das Braun seiner Haare immer mehr den Kampf gegen das Grau zu verlieren. Cranach wurde langsam alt, auch wenn er selbst das nicht wahrhaben wollte. »Soll das vielleicht heißen, dass du deine berühmte Anziehung auf Frauen verloren hast? Dann freilich kann ich die Anzahlung gleich wieder zurück ins Schloss tragen.«
    »Ich mache es – auf meine Weise.« Jan klang plötzlich scharf. »Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Wollt Ihr sie hören?«
    Ein zögerndes Nicken.
    »Ich bin es leid, die Kastanien für Euch aus dem Feuer zu holen, während Ihr auf Reisen seid, und mich zurückbellen zu lassen, kaum habt Ihr die Werkstatt wieder betreten. Das muss sich ändern.«
    »Du stellst mir Forderungen?« Die buschigen Brauen hoben sich verblüfft.
    »Ja, das tue ich. Macht mich zu Eurem Stellvertreter, ganz offiziell – und zwar, ob Ihr da seid oder nicht.«
    »Wie könnte ich das?«, sagte Cranach aufgebracht. »Meine beiden Söhne …«
    »Der eine ist fast noch ein Kind, der andere ein hitziger Jungspund, der noch lange eine feste Hand brauchen wird«, unterbrach ihn Jan. »Keine Angst, ich hab ohnehin nicht vor, mich bei Euch für den Rest meiner Tage einzunisten. Ich spreche von jetzt. Von heute.«
    »Du willst wieder weg von Wittenberg?« In die dunklen Augen trat ein Hauch von Besorgnis. »Das solltest du gründlich bedenken. Nirgendwo sonst kannst du so viel lernen wie bei mir, und das weißt du genau!«
    »Irgendwann geh ich weg – sicherlich. Ein Maler muss reisen, in der Welt herumkommen, vieles kennenlernen, um richtig gut zu werden. Und genau das habe ich vor.«
    »Du bist schon jetzt der beste meiner Männer, was Figuren betrifft«, räumte Cranach widerwillig ein. »Körper liegen dir. Das hab ich dir immer wieder gesagt.«
    »Darum soll ich ja wohl auch die drei Grazien malen – nackt, wohlgemerkt.« Die Konfrontation, vor der er sich zunächst gefürchtet hatte, begann Jan mehr und mehr Spaß zu machen, als er spürte, wie er langsam die Oberhand gewann. »Und damit kommen wir auch gleich zu meiner nächsten Forderung: Ich möchte am Honorar beteiligt werden. Hundert fünfzig Gulden hat er Euch geboten. Davon gehen zwanzig Prozent an mich.«
    »Hast du jetzt auch dein letztes bisschen Verstand verloren?« Cranachs Gesicht färbte sich rot. »Du erhältst deinen vereinbarten Lohn, dazu freie Kost und Logis …«
    »Zwanzig Prozent«, wiederholte Jan. »Oder ich rühre meinen Pinsel nicht mehr an, geschweige denn werde ich irgend eine Frau dazu überreden, Modell für ein Nacktbild zu stehen.«
    Sie maßen einander schweigend, der Junge und der Alte, bis schließlich Cranachs rechter Mundwinkel zu zucken begann.
    »Meinetwegen«, sagte er und streckte Jan die Hand ent gegen. »Obwohl es der schlechteste Handel ist, den ich seit Langem geschlossen habe. Ich hätte dich niemals ins Schloss mitnehmen sollen. Dann könntest du jetzt

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