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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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machten?
    Während Susanna noch zögerte, hörte sie das Wiehern eines Pferdes. Und noch etwas war plötzlich hinter ihr: das Geräusch schneller Füße, die immer näher kamen.
    Sie wollte sich umdrehen – doch bevor sie dazu fähig war, traf ein harter Gegenstand ihren Hinterkopf. Die Ölfunzel rutschte aus ihren Händen. Sie sackte zusammen und fiel zu Boden.
    Dann wurde es schwarz um sie.
    *
    Altenstein hatte geflucht und getobt, doch der Hauptmann der Garde blieb gänzlich unbeeindruckt.
    »Der Delinquent ist frei«, sagte er. »Nicht anders hat der Kur prinz es verfügt. Nehmt ihn mit, Meister Cranach! Jan Seman darf den Kerker verlassen.«
    »Ich werde dich trotzdem weiterhin jagen«, schrie Altenstein. »Freu dich bloß nicht zu früh! Mich wirst du nicht mehr los. Was du hier erlebt hast, war erst der Anfang vom Ende …«
    Jan schien zu mitgenommen, um zu antworten.
    Die Tage im Loch hatten seine Kleidung in unansehn liche Lumpen verwandelt, er stank gottserbärmlich und war so schwach, dass er kaum stehen, geschweige denn ohne Hilfe gehen konnte.
    Kurzentschlossen lud Cranach ihn sich auf den Rücken, in der Hoffnung, ihn so nach Hause zu bringen. Doch schon nach den ersten Schritten begann der Meister zu keuchen, und der Schweiß rann ihm in Bächen über den Rücken.
    »Wenn du die Arme so fest um meinen Hals schlingst, er würgst du mich noch, Seman«, sagte er. »Dann musst du gleich wieder ins Loch – und diese ganze Plackerei war umsonst.«
    Jan gab etwas von sich, das wie ein rostiges Lachen klang.
    »Was haben sie im Loch eigentlich mit dir angestellt?«, fragte Cranach.
    »Seid froh, wenn Ihr es gar nicht so genau wisst, Meister«, krächzte Jan. »Er hat versucht, mich zu ertränken. Mehr werdet Ihr nicht von mir erfahren.«
    »Ertränken? Im Trockenen? Wie auch immer, wir müssen versuchen, dich auf die Beine zu bekommen«, sagte Cranach. »Denk an etwas, das dir viel Kraft gibt! Dann wird es ein facher.«
    Hatte er Susanna gemurmelt?
    Jedenfalls waren die beiden nächsten Versuche um einiges vielversprechender, auch wenn sie nur für ein kurzes Stück ausreichten.
    »Hab keine Angst, ich lasse dich schon nicht umfallen!«, sagte Cranach, packte Jan unter der Schulter und schleppte ihn so weiter voran. »Zu Hause soll Barbara ihre Hühnersuppe für dich warm machen. Die kann sogar Tote wieder zum Leben erwecken. Doch dafür müssen wir erst einmal …«
    »Warum tut Ihr das alles für mich?«, flüsterte Jan.
    »Hätte ich etwa einen Unschuldigen im Loch verrecken lassen sollen? Du bist kein Mörder, Seman, nur ein verdammter Sturkopf. Wenigstens jetzt musst du einmal tun, was ich sage. Und das genieße ich – aus ganzem Herzen.«
    Vor ihnen der menschenleere Marktplatz. Plötzlich konnte es Cranach gar nicht mehr schnell genug gehen, sein Haus zu erreichen.
    Ich will das Bild sehen .
    Die Stimme der Kurprinzessin hatte keinerlei Widerspruch geduldet.
    Ich brauche es, Euer Hoheit, um den Mörder zu fangen . Das habe ich Euch doch gerade erläutert.
    Mag sein, doch zuvor bringt Ihr es zu mir . Danach könnt Ihr damit tun, was Ihr tun müsst.
    So ernst, so energisch hatte sie noch nie mit ihm gesprochen.
    Doch wie würde Sibylle von Sachsen reagieren, wenn sie die drei nackten Grazien zu Gesicht bekam?
    Cranach hatte am Morgen der Beerdigung Dilgins das Ge mälde aus dem Haus zurück in die Farbenkammer ge bracht und dort mit einem Tuch verhüllt. Barbara hatte ihn nicht ausdrücklich darum gebeten, aber es schien ihr durch aus recht zu sein, das hatte ihm ihr wissendes Lächeln verraten.
    »Wir nehmen den kürzeren Weg durch die Werkstatt«, sagte er jetzt. »Denn mittlerweile kommt es mir vor, als müsste ich einen riesigen Pferdekadaver zum Abdecker schleppen, so un erträglich schwer bist du.«
    Sie bogen in den dunklen Innenhof ein, als Cranach plötzlich einen Pfiff ausstieß.
    »Die Tür steht ja offen«, sagte er. »Entweder sie waren wieder einmal zu betrunken, oder …«
    Drinnen angelangt, ließ er Jan auf einen Hocker sinken. Dann lief er nach nebenan.
    Beinahe hätte er vor Erleichterung aufgeschrien, als er die Umrisse der Staffelei sah, die das Leinentuch verhüllte.
    Also doch nur fahrlässige Unachtsamkeit. Am Frühstückstisch würde er seinen Gesellen tüchtig ins Gewissen reden.
    Cranach lüpfte das Tuch an beiden Seiten und rollte es vorsichtig nach oben.
    Er war erst bei der Hälfte angelangt, als die Erkenntnis ihn wie ein Schlag traf. Jetzt riss er das Leinen ungeduldig

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