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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wichtigste Einnahmequelle verloren. Und seit sie keine Laute mehr hatte, war auch mit Musizieren in Tavernen kein Geld zu verdienen.
    Wenn sie weiterzogen, blieb ihnen nur die Bettelei oder irgendwann vielleicht sogar die Arbeit im Hurenhaus …
    Jetzt schlug sie noch heftiger auf das Wäschestück ein, als sei dieses schuld an ihren finsteren Gedanken.
    Da hörte sie ein Schnauben und drehte sich um. Der Reiter war bereits abgestiegen. Die Sonne blendete sie so stark, dass sie zunächst so gut wie nichts erkennen konnte.
    »Da könnte man ja direkt Angst bekommen, wenn man Euch so zusieht.« Seine Stimme war tief und warm. »Wen oder was wollt Ihr denn unbedingt erschlagen?«
    Sie musste lachen.
    »Ach, da käme mir schon so einiges in den Sinn«, sagte sie – und erschrak.
    Was war mit seinem Gesicht?
    Alles, was sie sah, war eine glänzende, dunkle Fläche.
    Der Mann vollführte eine rasche Drehung. Jetzt bestand seine Wange aus Fleisch und war hell.
    »Es kommt ganz auf den Blickwinkel an«, sagte er. »Das musste ich leider schon vor geraumer Weile lernen. Erst hat es mich rasend gemacht. Dann mutlos. Inzwischen habe ich gelernt, damit zu leben.« Er stieß ein dunkles, anziehendes Lachen aus. »Was sonst hätte ich tun sollen? Mich in den Fluss stürzen? Ich habe schreckliche Angst vor fließendem Wasser.«
    »Da geht es Euch genauso wie mir«, sagte Bini.
    »Und dann steht Ihr ausgerechnet hier am Ufer und drescht wie wild auf schmutzige Wäsche ein?«
    Sie blieb eine Weile still.
    »Manchmal hat man keine andere Wahl«, sagte sie dann. »Und verdreckte Kleider sind auf Dauer auch keine gute Alternative.«
    Er lachte wieder.
    »Mir gefällt, wie Ihr redet«, sagte er. »So direkt und unbefangen. Verratet Ihr mir Euren Namen?«
    »Wieso sollte ich? Ich weiß ja auch nicht, wer Ihr seid«, gab sie zurück.
    »Kluge Antwort!« Seine Rechte begann den Pferdehals zu kraulen – ein Apfelschimmel, der sich die zärtliche Berührung offenbar nur allzu gern gefallen ließ.
    Bini betrachtete das aufwändige Zaumzeug, den edlen Sattel.
    »Was habt Ihr da eigentlich so kunstvoll hinaufgebunden?«, fragte sie.
    »Gute Augen habt Ihr auch noch.« Wieder dieses Lachen, das unsichtbare Hände nach ihr auszustrecken schien. »Das gefällt mir. Sie heißt Laura. Und ist meine Laute.«
    »Welch schöner Name. Schlagt Ihr sie oft?«
    »Früher einmal. Inzwischen bin ich ziemlich aus der Übung gekommen.«
    Bini nahm all ihren Mut zusammen. »Dann braucht Ihr sie vielleicht gar nicht mehr?«, fragte sie.
    »Ihr wollt meine Laura haben?«
    Bini nickte. »Nicht für mich, denn meine Finger würden ihr keinen einzigen Ton entlocken können, aber für eine Freundin, die … sehr traurig ist. Sie hat ihr Instrument verloren, und ein neues kann sie sich nicht leisten.«
    Er hatte sich umgedreht und wandte ihr nun die metallene Seite seines Gesichts zu.
    »Wollt Ihr mir Angst machen?«, sagte Bini leise. »Das braucht Ihr nicht. Ich fürchte mich nämlich nicht vor Euch.«
    Er schien sich zu schämen, drehte ihr den Rücken zu.
    »Das hat schon lange niemand mehr zu mir gesagt.« Seine Stimme klang belegt. »Seltsam, Ihr habt etwas an Euch, was mein Herz berührt.«
    »Ihr könntet mich Eule nennen, wenn Ihr wollt«, schlug Bini vor, »und ich sage Rabe zu Euch. Einverstanden?«
    »Wie kommt Ihr ausgerechnet auf diese Namen?«, fragte er nach einer langen Weile.
    »Weil ich Vögel liebe. Sie sind dem Himmel so nah. Also, wollt Ihr?«
    »Einverstanden. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Ich höre.«
    »Dass Ihr meine Laute annehmt – als Leihgabe.«
    Sie konnte plötzlich kaum noch schlucken. »Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte«, murmelte sie. »Seid Ihr wirklich sicher?«
    »Bin ich. Mein Angebot entspringt allerdings dem reinsten Eigennutz.«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Nun, jede Leihgabe muss eines Tages auch wieder zurückgegeben werden. Was nichts anderes bedeutet, als dass ich Euch wiedersehen werde. Seid Ihr damit einverstanden?«
    Ja, wollte sie rufen. Ja!
    Doch es kam kein einziger Ton aus ihrer Kehle.
    »Dann sehen wir uns hier in einer Woche, zur gleichen Zeit – kleine Eule.« Er hatte die Laute vom Sattel gelöst und hielt sie ihr entgegen. »Und sag deiner Freundin, sie soll zärtlich mit ihr sein. Laura mag es, wenn man ihr Achtung und Liebe erweist. Dann klingt sie doppelt so schön.«
    »Ich danke dir, lieber Rabe«, sagte Bini. »Was aber, wenn ich nicht kommen kann?«
    Sein halber Mund verzog sich zu einem

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