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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hatte. Für einen Moment ruhte sein Blick auf ihr, und sie hätte beinahe gelächelt, ehe sie sich plötzlich besann, wo sie eigentlich war.
    Bini drückte ihre Hand.
    »Hast du ihn gefunden?«, flüsterte sie. »Er schaut immer zu uns her. Schon die ganze Zeit.«
    Das Portal wurde geöffnet, der Sarg hinausgetragen. Eine lange Reihe von Männern und Frauen schloss sich ihm an.
    Beim Hinausgehen dachte Susanna, Jan sei bereits fort, und im Nu erschien ihr der Morgen weniger sonnig und klar.
    Dann jedoch entdeckte sie ihn.
    Er war auf dem Kirchhof ins Gespräch mit zwei vornehmen Frauen vertieft, die so kostbare Gewänder trugen, dass ihr das eigene Kleid auf der Stelle noch schäbiger und ärmlicher vorkam. Die eine war unübersehbar schwanger, ein schönes blutjunges Geschöpf, das sich an die andere lehnte, als habe der kurze Weg ins Freie es bereits über alle Maßen erschöpft.
    Was Jan wohl mit ihnen zu tun haben mochte?
    »Das muss die Kurprinzessin sein«, murmelte Bini neben ihr. »Ich habe gehört, dass sie bald ein Kind bekommt und derzeit mit ihrem Gatten in Wittenberg weilt.«
    Und die andere?
    Deren Augen schienen Jan geradezu zu verschlingen, so ungeniert waren sie auf ihn gerichtet.
    »Eine Hofdame, denke ich«, wisperte Bini, als hätte sie Susannas Gedanken lesen können. »Und jetzt komm endlich! Katharina hat sich schon zweimal nach uns umgesehen. Zur Beerdigung können wir ohnehin nicht bleiben, wir dürfen die Muhme nicht so lange allein lassen. Gehen wir nach Hause! Dort wartet reichlich Arbeit auf uns.«
    Dazu freilich mussten sie ausgerechnet an Jan vorbei.
    Susanna atmete tief aus, hob den Kopf und schob die Schultern zurück. Jetzt, dachte sie. Nur ein Nicken, ein Zwin kern, ein winziger Gruß, den allein ich verstehe. Zeig mir, dass ich es dir wert bin – und wenn ein halber Hofstaat vor dir herumscharwenzelt!
    Doch anstatt ihr diesen Wunsch zu erfüllen, versank Jan in eine tiefe Verbeugung vor der Kurprinzessin.

SIEBEN
    S I EBEN
    A lwin Relin starrte Cranach an, der sich drohend vor ihm aufgebaut hatte, als stände der Leibhaftige ihm gegenüber.
    »Das kann nicht Euer Ernst sein«, sagte der Apotheker stockend. »Mein Weib liegt kaum unter der Erde – und Ihr kommt hierher und wagt, mir solche Fragen zu stellen?«
    »Ich kann nicht anders«, sagte Cranach.
    Dem desolaten Zustand des Hauses war anzumerken, dass eine weibliche Hand fehlte. Aus der Küche stank es angebrannt; auch die Offizin roch muffig und streng. Auf dem Boden lagen reichlich verstreute Krümel und Pflanzenreste, als hielte Relin es nicht länger für nötig, sich um Ordnung und Sauberkeit zu kümmern. Sogar der Rezepturtisch war fleckig und unaufgeräumt. Zwei gebrauchte Mörser standen herum sowie die Waage, in deren linker Schale noch Spuren eines bläulichen Pulvers zu sehen waren. Dazu ein umgekippter Krug, aus dem Relin sich offenbar großzügig bedient hatte, wie sein verwaschenes Sprechen verriet.
    Plötzlich meinte Cranach sich zu erinnern, wie bitterlich sich Margaretha vor nicht allzu langer Zeit bei Barbara beklagt hatte, weil ihr Mann zu geizig sei, um eine Magd einzustellen. Er hatte die Mitgift seiner jungen Frau eingesackt und diese bis zur Erschöpfung arbeiten lassen, ohne für die geringste Entlastung zu sorgen. Kein Wunder, dass sie ihm kein Kind geschenkt hatte. Auch Tiere, denen man niemals Ruhe gönnt, werden selten trächtig.
    »Ihr könnt nicht anders – was soll das heißen?«, fragte der Apotheker. »Erklärt Euch!«
    »Der Rat hat mich zum Ermittler ernannt. Und hättet Ihr Eure Frau zu Lebzeiten besser behandelt, dann stünde ich heute nicht hier. Also noch einmal: Habt Ihr Margaretha geschlagen?«
    »Natürlich nicht. Niemals! Was fällt Euch ein?« Relins Miene spiegelte blanke Empörung wider.
    »Es gibt Zeugen, die das Gegenteil sagen.« Cranach wurde langsam ungeduldig. Schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen, verließ ihn mehr und mehr die Lust, sich Lügen anzuhören. »Die Wahrheit, Relin! Sie allein kann Euch retten.«
    Als Cranach die Apotheke erworben hatte, war seine Wahl zunächst auf einen anderen Kandidaten gefallen, der sie führen sollte, einen wesentlich jüngeren Mann aus Halle, gebildet und welterfahren, zu dem Barbara ihm damals geraten hatte. Relins inständiges Flehen, er brauche die Apotheke für sein neues Liebesglück mit Margaretha, hatte Cranach schließ lich im letzten Augenblick umgestimmt. Doch Relin war of fen bar nicht gerade pfleglich mit dem

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