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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Leucorea, weil sie dort dringend einen neuen Rektor brauchen und keinen geeigneten Kandidaten zu finden scheinen. Was nichts anderes bedeutet, als dass ich ihn noch weniger als bisher stören darf.«
    »Er vertraut seiner Käthe eben voll und ganz«, sagte Susanna mit einem winzigen Lächeln. »Für ihn gibt es nichts, was Ihr nicht lösen könntet. Die Meisterin des Alltags!«
    »Da irrt er sich gründlich«, widersprach Katharina. »Oftmals bin ich so müde, als hätte ich gar nicht geschlafen. Das Haus, die Studenten, die Tiere, der Garten, die Sorge um die Muhme und mein kleines, krankes Mädchen …« Sie ver stummte.
    »Elisabeth hat wieder gespuckt?«, fragte Susanna.
    »Leider. Und sie isst nach wie vor wie ein Spätzchen. Nicht einmal Barbaras Geheimrezepte wollen recht helfen. Jeden Morgen zittere ich vor Angst, bevor ich an die Wiege trete. Erst wenn ich dann sehe, wie ihr kleiner Brustkorb sich hebt und senkt, könnte ich losheulen vor Erleichterung.«
    »Die Himmelsmutter ist immer bei ihr«, sagte Susanna. »Die kranken und die schwachen Kinder beschützt Maria ganz besonders. So war es seit jeher. Und so wird es immer sein.«
    »Du sprichst noch mit ihr?«, fragte Katharina leise. »Das habe ich früher im Kloster auch oft getan.«
    »Sie schert sich nicht um Konfessionen oder Glaubenszwiste. Für sie zählt einzig und allein der Mensch – und seine Sorgen.«
    »Aber ich fühle mich ihr so fremd.«
    »Versucht es!«, sagte Susanna. »Sie hat Euch niemals verlassen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil ich noch immer hoffen kann. Und Ihr könnt es auch.«
    Katharinas Blick war lang und prüfend. Dann entspannten sich ihre Züge.
    »Ich bin dankbar, dass sie euch zu mir geschickt hat«, sagte sie. »Denn sie war es doch wohl, oder nicht?«
    Susanna nickte.
    »Lass uns zum Koben gehen und diesen Prachtburschen näher beäugen«, schlug Katharina nach einer Weile vor. »In der Nase hatte ich ihn schon zur Genüge. Und soll ich dir was sagen? Er stinkt wie die reinste Höllenpisse.«
    *
    Es roch streng, als Cranach die Apotheke betrat, und plötzlich war er erleichtert, dass er Jan unter einem Vorwand aufgefordert hatte, ihn zu begleiten.
    Alles wirkte so schlampig und verdreckt wie bei seinen letzten Besuchen – und doch war irgendetwas anders. Es herrschte eine lastende Stille, in der jeder Schritt, den die beiden Maler machten, überlaut erklang.
    »Relin!«, rief Cranach, und seine Stimme klang plötzlich unsicher. »Relin, wo steckt Ihr? Ich muss Euch noch einmal ausführlich befragen.«
    Alles blieb ruhig.
    »Sieht ihm gar nicht ähnlich, alles offen zu lassen und einfach wegzugehen«, murmelte Cranach. »Der Relin jedenfalls, den ich damals als meinen Pächter eingestellt habe, hätte das niemals getan. Ob er heimlich geflohen ist, um sich der Verantwortung zu entziehen?«
    Jan, der sich zunächst hinter Cranach gehalten hatte, schloss zu ihm auf.
    »Es stinkt.« Er zog die Nase kraus. »Beinahe, als ob ein Tier …« Er verschwand im Nebenraum und kam nach wenigen Augenblicken sehr bleich wieder zurück.
    »Relin kann nicht mehr antworten«, sagte Jan. »Er baumelt drüben von der Decke.«
    »Er hat sich erhängt?«, fragte Cranach fassungslos.
    »So sieht es aus. Überzeugt Euch selbst!«
    Die beiden liefen nach nebenan.
    In dem kleinen Raum herrschte regelrechtes Chaos. Töpfe und Eimer standen überall herum, getrocknete Pflanzen lagen auf den Boden, unter dem Fenster war grünliches Pulver verstreut.
    Die Leiche hatte einen Strick um den Hals und war kalt, als Cranach sie mit leisem Grauen berührte. Die Zunge hing blau und dick heraus, die Augen schienen aus ihren Höhlen treten zu wollen. Im Sterben hatte der Apotheker sich besudelt. Es stank nach Urin und Exkrementen.
    »Darauf muss er gestiegen sein«, sagte Cranach und wies auf einen stabilen dreibeinigen Hocker. »Die Schlinge hatte er sich schon zuvor um den Hals gelegt.« Er spähte nach oben. »An dem Haken hing früher ein Metallkorb. Relin konnte also sicher sein, dass der einiges aushalten würde.«
    Von innerer Unruhe getrieben, stiefelte Jan zwischen den Töpfen und Eimern hin und her.
    »Da liegt etwas Geschriebenes«, sagte er und hob das Blatt auf.
    »Ich gestehe meine Schuld am Tod meiner Frau Margaretha und scheide freiwillig aus dem Leben, um demütig meinen Gang vor die himmlische Gerechtigkeit anzutreten«, las er vor. »Gezeichnet Alwin Relin, zu Wittenberg im Jahre des Herrn 1528.«
    »Zeig her!« Cranach beugte

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