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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schimmerte.
    »Wie schön, dass Ihr gekommen seid«, murmelte sie, als sie Jan entdeckt hatte. »Und das Kostüm, lieber Jäger, steht Euch ganz ausgezeichnet.«
    Mit leisem Unbehagen schaute Jan an sich hinunter.
    Sein hellgrüner Kittel endete ein ganzes Stück über dem Knie, und was er sich als Sandalenbänder um das Bein geschlungen hatte, kam ihm einfach nur lächerlich vor. In sei nem Gürtel steckte ein Dolch aus Pappmaschee, den er bei der nächstbesten Gelegenheit hinter den Kulissen verschwinden lassen würde, wie er sich vorgenommen hatte. Als besonders widerlich empfand er die Pflicht zur Maske. Schon jetzt schwitzte er heftig unter der seinen, und er wartete nur auf den passenden Moment, um sich das lästige Ungetüm vom Gesicht reißen zu können.
    »Ich weiß nicht so recht …«, murmelte er.
    Ein Mann zog seine Aufmerksamkeit auf sich, muskulös und mittelgroß, von Kopf bis Fuß in schmuckloses Schwarz gewandet. Der nachtschwarze Samt auf seinem Gesicht wirkte wie angegossen.
    Er schien zu spüren, dass Jan ihn anstarrte, und schaute zunächst weg, dann aber hielt er seinem Blick stand.
    Hades, dachte Jan. Hüter der Unterwelt. Begegne ich ihm, weil ich heute schon den Tod angetroffen habe?
    »Aber ich weiß es.« Die Kurprinzessin lachte ihr fröhliches, ungezwungenes Lachen, das ihr so gut stand und sie wieder in das übermütige, liebenswerte Mädchen verwandelte, dem niemand einen Wunsch abschlagen mochte. »Ihr werdet Euch vergnügen an diesem besonderen Abend – glaubt mir, der Göt tin der Jagd, die kein Mann besiegen konnte!«
    »Ich weiß die große Ehre von ganzem Herzen zu schätzen.« Galant verbeugte Jan sich. Der Mann in Schwarz war verschwunden. Hatte er bloß von ihm geträumt? »Und dennoch gehöre ich nicht hierher, das ist mir durchaus bewusst. Zudem werde ich leider nicht lange bleiben können, Euer Hoheit. Die Werkstatt wartet ungeduldig …«
    »… auf einen stattlichen Jäger mit strammen Waden?«, ertönte eine Frauenstimme. »Das will ich wohl glauben!«
    Dilgin – und sie trug, wie die Kurprinzessin prophezeit hatte, nicht mehr als einen Hauch von Nichts. Anders konnte man das feenzarte, goldgesprenkelte Gespinst kaum nennen, das ihre Brüste und Hüften lose umschmiegte und die Haut wie feinstes Elfenbein schimmern ließ.
    War sie darunter splitternackt?
    Niemand anders als die kühne Zofe der Kurprinzessin würde es wagen, sich so auf einem Fest zu zeigen.
    Den schlanken Hals umschloss ein Goldreif, die rotblonden Haare flossen in Wellen bis zu den Hüften. Barfuß war sie, was ihr ein ganz besonderes Vergnügen zu bereiten schien. Ihre Maske schien wie aus feinen Goldfäden gewirkt, ein Netz aus eingefangenen Sonnenstrahlen.
    Ja, sie wäre die ideale Thalia!, dachte Jan unwillkürlich. Wer auch immer sie dazu erkoren hatte, besaß einen scharfen Blick.
    Plötzlich hatte er wieder Relin vor Augen, dessen blaue Zunge, die hervorquellenden Augen, den Strick, an dem er baumelte.
    Aber wenn nicht Relin Margaretha getötet hatte, wie in seinem angeblichen Abschiedsbrief stand, wer war es dann gewesen? Jemand, der ihm das Leben geraubt und anschließend versucht hatte, es wie Selbstmord aussehen zu lassen …
    Die Augen der Professoren! Wie sie ihn angestarrt hatten – zum Aburteilen bereit.
    Jan musste sich plötzlich schütteln.
    Was tat er eigentlich hier?
    Vor Kurzem noch hatte er einen Erhängten gezeichnet, und jetzt stand er inmitten von trunkenen, lachenden Gästen in einem höfischen Festsaal vor einer Frau, die keinerlei Grenzen zu kennen schien.
    »Komm!«, lockte Dilgin. Und Jan wusste kaum noch, wohin er schauen sollte, während Lust und Abwehr in ihm um die Vorherrschaft stritten. »Heute Nacht bin ich die Nymphe Harmonia und werde dir eine Quelle zeigen, die du ein Leben lang nicht mehr vergisst.«
    Sein Widerstand erlahmte, während sie seine Hand packte und ihn quer durch den Saal zog. Er spürte die neugieren Blicke, die ihnen folgten, hörte Lachen, Geflüster, Raunen.
    Die Maske schränkte seine Sicht erheblich ein, was ihn irritierte. Er musste sich ganz auf Dilgin verlassen. Sie waren inzwischen hinter den gemalten Kulissen vor einer Tür angelangt, die sie öffnete.
    Vor ihnen der endlose Flur, den Jan bereits kannte. Leichtfüßig lief Dilgin voran. Jeder Winkel, jede Ecke schienen ihr vertraut.
    Um vieles langsamer folgte ihr Jan, dessen Unentschlossenheit bei jedem Schritt zunahm.
    Plötzlich ein Hüsteln, das ihn innehalten ließ. Dann erschien

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