Die geheime Braut
Lohn einstreichen und Wittenberg so schnell wie möglich verlassen? Wäre das nicht ohnehin die beste Lösung, weil er annehmen musste, dass der gegen ihn vorgebrachte Verdacht der Professoren trotz seiner Einwände keineswegs zerstreut war?
Leicht benommen kam er wieder auf die Beine, da torkelten Simon und Moritz Arm in Arm in den Hof.
»Wie siehst du denn aus?«, lallte Simon, als das Licht seiner Ölfunzel Jans Verletzungen offenbarte. »Bist wohl unter die Räuber geraten?«
»Brauchst du Hilfe?«, erkundigte sich Moritz, der deutlich weniger betrunken schien.
Jan schüttelte den Kopf.
»Bloß mein Bett«, sagte er. »Und zwei Kameraden, die den Mund halten können.«
»Versprochen«, sagte Moritz. »Ich fürchte allerdings, das wird nicht allzu viel helfen.«
»Weshalb?«
»Morgen wirst du überall so blau sein wie ein Veilchenbeet. Und danach geht es ab ins Grüne oder Gelbliche, ähnlich wie auf unseren Paletten. Kannst jetzt schon damit anfangen, dir eine gute Geschichte zurechtzulegen.« Er zwinkerte ihm zu. »Hat es sich denn wenigstens gelohnt?«
Jan zuckte die Achseln.
»Ich fürchte, ich muss so einiges in meinem Leben ändern«, sagte er. »Am besten vielleicht sogar alles.«
»Fang morgen früh damit an!«, riet Moritz, während er gerade noch verhindern konnte, dass Simon vornüberkippte. »Jetzt schlaf dich erst einmal aus!«
Aber sogar das Liegen kam Jan hart an. Als er versuchte, auf dem Strohsack eine seitliche Position einzunehmen, zuckte er vor Schmerz zusammen. Auf dem Rücken ließ es sich einigermaßen aushalten, wenngleich sein Kopf sich anfühlte, als sei er unter ein eisenbeschlagenes Räderwerk geraten.
Irgendwann überkam ihn doch der Schlaf und schenkte ihm wilde, wirre Träume, in denen er durch dunkle Gänge hastete, den Atem des Verfolgers bereits im Nacken.
Dennoch war er merkwürdig erregt. Sein Unterleib glühte, sein Glied drohte zu bersten.
Stöhnend öffnete er die Augen. Fahles Mondlicht fiel durch das geöffnete Fenster, verwischte die Konturen und ließ alles unwirklich erscheinen.
Zwischen seinen Beinen kniete eine nackte Frau, die ihn kundig mit ihren Lippen liebkoste.
Als er sich bewegte, begann sie zu lachen.
»Endlich«, sagte Dilgin. »Ich dachte schon, du würdest nie mehr aufwachen.«
Jan zog sich zurück.
»Was tust du hier?«, fragte er.
»Weißt du das denn nicht?« Ihre Hand wollte sein Glied erneut umschließen, er aber schlug sie weg. »Kennst du dich nicht angeblich so gut mit Frauen aus?« Dilgins Tonfall war spöttisch.
»Ares hat mich halb tot geschlagen, nur weil ich dich angesehen habe«, sagte Jan. »Willst du, dass er sein Werk vollendet?«
»Der gute Bertram?« Sie schnitt eine Grimasse. »Als Gott des Krieges – davon träumt er wohl. Nun, er übertreibt seine Fürsorge ab und zu, das mag durchaus sein.« Sie breitete die Arme weit aus, eine Geste, die gleichermaßen raffiniert wie unschuldig war, weil sie wehrlos erschien, dabei jedoch die kleinen Brüste perfekt zur Geltung brachte. »Aber siehst du ihn hier etwa irgendwo, Jan Seman aus Prag?«
Ihr Lachen war dunkel und bitter.
»Er hat dich ordentlich zugerichtet«, sagte sie. »Aber jetzt bin ich ja da, um deine Qualen zu lindern.«
»Was willst du?«, wiederholte er ungeduldiger.
»Das Gleiche wie du.« Dilgin setzte sich auf ihn, und er spürte, wie eine neue Welle der Begierde in ihm aufstieg, ein unwiderstehliches Verlangen, das ihn gleichzeitig wütend machte. »Jetzt zeig mir, was du kannst!«, forderte sie und begann sich aufreizend langsam auf ihm zu bewegen. »Ich hab schließlich lange genug darauf gewartet!«
Was folgte, war kein Akt der Liebe, sondern pure, heiße Lust.
Sie ritt auf ihm, kaum anders als sie vermutlich ihre Rösser ritt: unersättlich, gnadenlos, selbstverliebt. Unzählige Arme schien sie auf einmal zu haben, die Jan umschlangen und wieder wegstießen, schnelle, überaus bewegliche Finger, die ihn streichelten und malträtierten, scharfe Nägel, die überall ihre Spuren hinterließen.
»Fester!«, trieb sie ihn an, und er segelte dahin wie auf einer gefährlich dunklen Welle, die sich immer mehr zur mächtigen Woge aufbäumte. »Härter! Ich will dich spüren, spüren, spüren …«
Als sie zu schreien begann, war es, als risse eine Wolke auf, und plötzlich hatte Jan nicht mehr Dilgins lustverzerrte, schweiß nasse Züge vor sich, sondern Susannas ernstes Gesicht.
Er schob Dilgin zur Seite.
»Schon?«, flüsterte sie und wollte ihn
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