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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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mal hier, mal da, ein Taugenichts. Mag er ein Fürst von Geblüt sein, ich bin froh, daß ihn drei Thronerben von der Macht in diesem Reich trennen. Er würde Frankreich im Handumdrehen aus reiner Vergeßlichkeit verkaufen, oder weil jemand, der ihn vorübergehend amüsiert, ihm einflüstert, daß es gar keine schlechte Idee ist. Nein, der hat nicht die Willenskraft zum gefährlichen Ketzer.«
    »Ja, aber seine Frau hat sie, und sie ist eine von ihnen. Ihr Hof bietet ihnen einen sicheren Hort.«
    »Eine Frau? Kaum der Rede wert. Und vergeßt nicht, Ihr sprecht von der Tochter meiner Tante Margarete, der geliebten Schwester meines Vaters, König Franz.« Der König blickte ärgerlich zur Seite, dieses Mal war Lothringen zu weit gegangen.
    »Oh, ich will nichts gesagt haben, Majestät. Zweifellos steht sie im Bann von Navarras jüngerem Bruder, Condé, der – da bin ich mir sicher – ihnen auch angehört.«
    »Wirklich? Das ist mir neu. Na schön, vermutlich muß ich ihn besser überwachen lassen. Aber was die Königin von Navarra angeht, so möchte ich, daß man sie in Ruhe läßt. Königliches Blut – besser als Eures, Lothringen. Falls sie die Exzentrikerin spielen möchte, so ist das ihre Sache.« Der König bückte sich unter der niedrigen Bogentür des Ballhofes, doch Lothringen blieb ihm dicht auf den Fersen.
    »Und was ist mit dem Befehl, daß alle Protestanten des Todes sind?« Der König löste sein Gewand und reichte es einem wartenden Pagen. Jetzt stand er im Wams, nahm die freudigen Zurufe seiner Tennispartner entgegen und winkte, daß man ihm einen Schläger brachte.
    »Gewiß, gewiß… befolgt einfach das bestehende Gesetz. Schließlich sind sie Ketzer der allerschlimmsten Sorte; aber laßt mir die deutschen Söldner in Ruhe, denn ihre Fürsten sind kleinlich… Manchmal muß man über gewisse Dinge hinwegsehen…« Mit diesen Worten ließ der König den Kardinal am Rand des Platzes stehen, während er unter vereinzelten Beifallsrufen von der oberen Galerie den Platz betrat.
    Die Saat ist gesät, dachte Lothringen, während er allein durch die feuchten Steinflure ging und den Palast durch den Hofeingang verließ. Die Bourbonen stehen unter Verdacht – und die Montmorencys ebenfalls. Wenn ein gütiger Gott doch den Alten Konnetabel in der Schlacht den Heldentod sterben ließe… Eine Schlange ohne Kopf ist ein totes Ding, und so geht es dann mit dem Einfluß der Montmorencys. Diese Sippe ist mit zuviel geistiger Unabhängigkeit geschlagen. Ketzerei ist der nächste Schritt. Heute mögen sie noch Helden sein, doch morgen schon könnte ich sie ohne große Mühe als Verräter des Glaubens bloßstellen. Die Inquisition wird an Kraft gewinnen, und mit ihr werden die Guise wachsen, die einzigen wahren, unzweifelhaften Katholiken. Und ich, ich werde die Inquisition kontrollieren. Zeit, Zeit – nur noch kurze Zeit, und die Guise herrschen in drei Königreichen.

    Es war ein schöner Frühlingstag. In den Bäumen sangen die Vögel, spielende Kinder tobten auf der Straße, und Hausfrauen beugten sich aus den Fenstern im oberen Stock und tauschten über die Wäsche hinweg Klatsch aus. Doch im behaglichen Haus in der Rue de Bailleul wurden diese Frühlingsgeräusche vom Keller bis zu den Dachbalken durch das laute, gramvolle Geschrei Scipion de Montverts übertönt – des Bankiers, vermögenden Bürgers und Familienvaters. Alle Dienstboten, sogar der kleine Junge, der in der Küche die Messer schärfte, schlichen auf Zehenspitzen, bedeuteten einander zu schweigen und taten so, als hörten sie das Gebrüll vor der verschlossenen Tür des Sohnes und Erben des Hauses Montvert nicht.
    »Wie kannst du es wagen, mir die Tür zu versperren, deinem eigenen Vater? Aufmachen, sag ich, sonst unterschreibe ich die Papiere, die dich als ungeratenen Sohn in die Bastille bringen! Das wäre besser! Wenn ich sage, aufmachen, dann machst du…« Ein undeutliches Knurren erfolgte als Antwort. Die Dame des Hauses Montvert legte die Hand aufs Herz und fand eine Stütze in der bleichen, dunkelhaarigen Tochter des Hauses, die die Augen zum Gebet nach oben gerichtet hatte.
    »Junger Mann, denkst du denn mit keinem Gedanken an dein Leben, das dir zwischen den Fingern zerrinnt? In deinem Alter bin ich im Morgengrauen aufgestanden und habe mich bemüht, mein Gewerbe zu erlernen. Sprachen, Gesetze, Finanzen. Und dich habe ich auf die besten Universitäten geschickt: Bologna, Montpellier, Toulouse. Und aus jeder hat man dich

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