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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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schlimm. Ein Handschuh, oder Ihr haltet den Fächer einfach so…«
    »Meine arme Nichte glaubt, daß ihr Verehrer, ihr tapferer Retter, sie nicht mehr aufsucht, weil sie entstellt ist.«
    »Ei, das kann ganz und gar nicht sein. Man bedenke seine Ritterlichkeit, sein großes Interesse. Meine teure Pauline, was ist nun an jenem Abend unter Eurem Fenster geschehen?«
    »Ein furchtbarer Aufruhr. Und als wir aus dem Fenster blickten, war er bereits zur Stelle und hat die von Monsieur d'Estouville geschickten Männer, die ihr ein Ständchen brachten, mit der Pferdepeitsche vertrieben.«
    »Ha! Darum ist er verschwunden! Ganz gewiß hat dieser Edelmann im Dunkeln zugesehen und gedroht, ihn umzubringen. Vielleicht hat er Meuchelmörder gedungen, die Euer Haus beobachten und den tapferen Jüngling ermorden sollen. So etwas Ähnliches ist mir einst, als ich noch jung und schön war, auch zugestoßen.« Schön? Es ging mir eindeutig besser und besser.
    »Gewiß doch… Es ist nicht wegen der kleinen Narbe da auf Eurer Hand. Ich habe einst eine Frau gekannt, die hatte ein Mal genau an der gleichen Stelle, und ihr Liebhaber konnte nicht genug von ihr bekommen. Nach allem, was geschehen ist, kehrt der junge Mann zurück. Er wird Euch Nachricht schicken. Wer weiß, vielleicht ist bereits eine abgefangen…«
    »Ei, Euer Gesicht – das allein zählt, und kein einziger Tropfen hat es erreicht. Ihr seid so lieblich wie eh und je… Ach, wenn ich doch nur Euren Teint hätte…« Lieblich? Er mochte mich vielleicht noch? Er hatte nicht festgestellt, daß ich zu groß, zu klug, entstellt war? Jetzt bemerkte ich, wie blau der Himmel über dem Becken war. Die Gesellschaft war amüsant und heiter. Der schattige Bogengang wirkte anmutig und einladend, und ich hörte die Vögel in den Bäumen hinter der Wand des Badehauses singen. Der Schwefelgestank hatte sich verflüchtigt, ich roch ihn kaum noch. Lieber Himmel, Tantchen hatte doch recht – dieses Wasser war ungemein heilsam.
    »Euer Haar, so voll und lockig, das läßt sich gut im neuesten Stil frisieren. Er wird sich von neuem in Euch verlieben. Ich schicke Euch meine Zofe, sie ist ein Genie…«
    »Siehst du, Sibille. Habe ich nicht gesagt, daß du ins Bad mußt? Deine Miene sieht schon heiterer aus«, sagte Tantchen.

    »Eine große junge Frau und eine sehr umfangreiche Dame mit Stock? Ja, die sind drinnen«, sagte der Badewärter.
    »Dann laßt mich hinein«, befahl der Rittmeister und wollte sich vorbeischieben.
    »O nein. Nicht ohne zu bezahlen. Und das Schwert laßt Ihr bei Eurem Diener. Seht Ihr die Baderegeln?« Der Badewärter zeigte auf die am Eingang angebrachte Tafel.
    »Diese Regeln gelten nicht für Leute von Adel.« Der Rittmeister hatte sich prächtig aufgeputzt, seine hohe weiße Halskrause war mit Spitze gesäumt, sein braunes Samtwams hatte in den Schlitzen cremefarbenen Satin, seine große ärmellose Schaube war mit Pelz verbrämt und hellrot bestickt. An seiner Seite hingen Rapier und Dolch, und er trug immer noch Sporen an den Stiefeln.
    »O nein, die Regeln sind vom König und gelten für jedermann. Keine Waffen, keine Händel.«
    »Ich habe nicht die Absicht, Händel anzufangen. Ich will nur Sibille de la Roque sehen.«
    »Keine unsittlichen Anträge. Eine weitere Vorschrift des Königs.«
    »Kerl, für deine Unverschämtheit könnte ich dich niederstrecken.«
    »Beschwert Euch nicht bei mir, sondern beim Direktor des Bades. Ihr dürft hinein, wenn Ihr badet. Das ist alles.«
    »Also gut, dann will ich baden«, murrte Philippe d'Estouville und kramte in seiner Börse.
    »Keine Schwerter«, beharrte der Badewärter.
    Ganz unbewaffnet musterte Rittmeister d'Estouville im Schutz des Bogenganges das große Badebecken. Der dunkle Lockenschopf seines Rivalen war nirgendwo zu erblicken. Gut. Und die Damen, wo waren die? Aha, da drüben unter dem Zeltdach. Ja, da war sie, gleich neben ihrer vulgären alten Tante, die ihn nicht ins Haus lassen wollte. Doch früher oder später mußte Sibille aus dem Wasser kommen, sich abtrocknen, vielleicht im Bogengang ein erfrischendes Getränk zu sich nehmen. Vielleicht würde der alte Drachen ja auch zu einer Massage oder zum Schröpfen im Badehaus verschwinden. Dann konnte er der Nichte eine leichte Stärkung anbieten. Erstaunlich, wie einfach es mit einem Liebestrank in der Vorstellung lief, und wie schwierig es war, ihn ihr einzuflößen. Insbesondere wenn man einem anspruchsvollen Herrn diente, der zwischen seinen Gütern und

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