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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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Herzogin von Valentinois, für immer ein Ende gesetzt, wie Ihr es Euch gewünscht habt.«
    »Was ist los, Majestät?« fragte die Zofe, die auf dem Notbett schlief, wickelte ihre Blöße in ein Laken, lief eilig zum Bett und zog die schweren Vorhänge auf. Was sie erblickte war die Königin mit einem Gesicht, das eine Maske des Entsetzens war, und mit Augen, die auf etwas Unsichtbares oben am Bettpfosten starrten.
    Dort sah die Königin eine Flammenschrift, die ihr Herz, ihr ganzes Inneres versengte: »Der junge Löwe wird den alten im Zweikampf besiegen.«
    Zweikampf. Kein Kampf in der Schlacht, sondern Mann gegen Mann. Morgen turniert der König. Er darf nicht gegen einen Mann antreten, der einen Löwen im Wappen führt. Oh, das darf nicht sein. Heilige Jungfrau Maria, vergib mir, errette…
    »Zu spät«, wisperte das Ding.
    Die Zofe sah, wie sich die Lippen der Königin im Gebet bewegten. Stumm schloß sie die Bettvorhänge und zog sich zurück. Doch in dieser Nacht tat sie kein Auge mehr zu.

    Der Tag war schön und klar, und fröhlich gestimmte Menschen drängten sich an jedem verfügbaren Fenster und auf jedem Dachfirst der Rue St. Antoine, in der man die buntbemalten Schranken aufgestellt und das ausgefahrene Pflaster dick und gleichmäßig mit Erde bedeckt hatte. Von jedem Türmchen des Palastes Les Tournelles, und das Bauwerk hatte unzählige, flatterten gestickte Seidenbanner. Die Damentribüne mit einem Baldachin und Gobelins war herrlich geschmückt, und genau in der Mitte, auf dem Ehrenplatz, saßen die drei Königinnen, die sich an Pracht überboten. Nur ein Mensch war grämlich und verärgert, doch das verbarg er noch besser als die bleiche Königin von Frankreich ihre Angst. Dieser zornige Mann auf der für fremdländische Würdenträger und Kirchenfürsten reservierten Tribüne war der englische Gesandte. Er hatte bemerkt, daß jede Fahne, jede Stickerei auf dem Ärmel der Herolde, das Wappen der Königin-Dauphinesse, das neben dem Wappen der Königin von Frankreich und dem Wappen der Königin von Spanien von der Tribüne hing, kurzum jedes hier zur Schau getragene königliche Wappen mit dem Wappen Englands geviert war. Deutlicher hätte man zwischen Maria, der katholischen Königin der Schotten, und Elisabeth, der jungen protestantischen Königin von England, nicht den Krieg erklären können. Doch für die Franzosen gehörte das alles zum Ruhm und zur Ehre des Tages. Der unvermeidliche Sieg der katholischen Liga war nur Teil von Gottes großem Plan mit Frankreich. Mit welchem Recht störte sich der Gesandte der Bankerttochter eines geschiedenen Königs daran?
    Mit zusammengepreßten Lippen und weißen Knöcheln lauschte die Königin von Frankreich den Trompetenfanfaren, die das Eintreffen des Königs in den Schranken des Turnierplatzes verkündeten. Ob er die Botschaft, die sie ihm geschickt hatte, wohl erhalten hatte? Ich habe einen Traum gehabt, lautete sie. Turniert heute nicht. Denkt an die Worte von Luc Gautric und Nostradamus. Dies ist das einundvierzigste Jahr.
    Der König im schwarz-weißen Surkot alten Stils über seiner funkelnden, mit Gold ziselierten Turnierrüstung hielt am Ende der Schranken, beugte sich aus dem hohen Turniersattel auf Le Malheureux' Rücken und nahm die Botschaft entgegen.
    »Aberglaube«, zischte er, zerknüllte den Zettel und warf ihn fort. »Wofür hält sie mich, für einen Narren? Ein König zieht sich nicht zurück, wenn er zugesagt hat.« Darauf befahl er dem kleinen Pagen mit fester Stimme: »Richte der Königin, meiner Gemahlin, aus, daß ich heute turniere und daß der Sieg mein ist.« Sein Knappe reichte ihm die Lanze, und er legte sie ein. Er war ein gutaussehender Mann, schön beritten, und als er mit flatterndem Helmbusch und schimmernder Rüstung hinausritt und sich zeigte, bemerkte er zu seiner Genugtuung, wie die Menge ehrfürchtig den Atem anhielt. Noch bin ich nicht alt, dachte er. Noch habe ich nicht zuviel zugenommen. Ich kann Männern in ihren Zwanzigern noch einige Dinge zeigen. Er klappte das Visier aus goldenen Stäben herunter und gab dem schwarzen Hengst beim Signal die Sporen. Mit einem lauten Krach trafen die beiden Reiter aufeinander; die Lanze des Königs splitterte, sein Gegner fiel vom Pferd. Jubel und Beifall. Der König von Frankreich war noch immer der König der Ritterschaft. Ob Philipp von Spanien, der Alte mit dem müden Blick, da hätte mithalten können? Auf der Tribüne erblickte er Diana, die ihm mit ihrem weißen

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