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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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alte Prophet zu sehen bekam, fielen an dem Menschen wie ein schlapper Umhang herunter, lesbar, aber nicht sonderlich bemerkenswert. Einmal jedoch hatte er einen Schäfer mit einer riesigen Aura gesehen, die ihn fast zwanzig Fuß umloderte. Er hatte sich vor ihm verneigt und ihn als künftigen Papst angesprochen. Doch diese junge Demoiselle, nein, wie sonderbar. Ihre Aura hickste. Sie umgab sie eng, dehnte sich hier und da aus, wurde aber immer wieder zurückgesogen. Irgend etwas ging in ihr vor. Sie war dabei, sich zu verändern. Aber was war es?
    Die Neugier überkam ihn, und er musterte sie eingehender. Mit ihrem zarten Adlerprofil, der olivfarbenen Haut und dem dunklen Lockenhaar sah sie eher wie eine Südfranzösin aus, war jedoch größer als die Frauen aus dem Süden. Und sie hatte eine königliche Haltung, aber, du lieber Himmel, die kantigsten Ellenbogen, die knochigsten Fesseln und die größten Füße, die er je erblickt hatte! Irgendwie anders. Man konnte sie als gutaussehend bezeichnen, ja, sogar als schön, aber keinesfalls als hübsch. Er sprach sie an; sie antwortete im Akzent der Gegend, musterte ihn aber lange mit ihren dunklen, abschätzenden Augen, die seinen nicht unähnlich waren. Ja, sie hatte etwas Südländisches.
    Er hatte seinen großzügigen Tag und las ihr kostenlos die Zukunft, doch da tat sie beleidigt und kehrte ihm den Rücken. Ihr Pferd war im Schatten angebunden. Ein kleiner brauner roussin, für den der bunt verzierte und bemalte Damensattel viel zu schwer war. Nostradamus kratzte sich an der Schläfe. Sein geheimes Gespür meldete sich und sagte ihm, daß dieses aufgeblasene, aufreizende Geschöpf Teil des Problems war, mit dem er sich herumschlug. Irgendwie war sie mit dem Schicksal Frankreichs verbunden. Binnen der nächsten vierundzwanzig Stunden würde etwas geschehen, etwas, in das sie verwickelt war. Eine alberne Person, und er würde sie wiedersehen.

Kapitel 8
    A u feu, au feu, meurent les Luthériens!« Tod den Ketzern! Der Anblick, der sich mir draußen vor der Stadtmauer unweit des Tores bot, war nicht gerade vertrauenerweckend. Eine große Menge drängte sich unter dem schweren Fallgitter hindurch und strömte auf die dahinterliegende Landstraße. In ihrer Mitte ging ein Mann im Hemd, der auf dem Rücken ein Bündel Anmachholz trug. Ein Häretiker, der vor die Stadtmauern geführt wird, um bei lebendigem Leib verbrannt zu werden. Wer war er? Ich erkannte ihn nicht. Schon möglich, daß er jener Handschuhhändler war. Und was war mit Vater? ging es mir durch den Kopf. Angesichts dieser von Leidenschaften aufgepeitschten Menge trieb ich den verschreckten Jungen am Zügel meines Pferdes zur Eile an, um durch das Gedrängel am Stadttor zu gelangen.
    »Demoiselle, Ihr wollt hinein, während alle Welt hinaus will«, hörte ich einen Mann sagen. Ich erblickte einen gedrungenen, ungehobelten Gesellen, der aussah wie ein Artillerist, auf dem Weg zu seiner Kompanie. Er hatte seine Pulverladungen um den Hals geschlungen und ein Bündel auf dem Rücken. An seiner Seite hing ein Kurzschwert, und auf dem Kopf trug er einen verbeulten Hut mit einer struppigen Feder. Irgend etwas sah verkehrt an ihm aus, aber was?
    »Wo ist Eure Arkebuse?« fragte ich.
    »Ach, Demoiselle, das ist eine lange Geschichte – ich habe sie als Sicherheit bei einem Pfandleiher in der Rue Sainte Anne innerhalb dieser Stadtmauern gelassen, und ohne sie kann ich nicht zu meiner Kompanie zurück. Legt mein Bündel hinter den Sattel, dann helfe ich Eurem Jungen, freie Bahn zu schaffen.« Ich war noch immer völlig durcheinander von dem Menschenauflauf vor mir und nickte. Gargantua beschnüffelte das Bündel, das der Mann befestigte, als enthielte es etwas Köstliches, etwa Schinken, doch für Gargantua sind auch alte Schuhe ein Leckerbissen. »Macht Platz, macht Platz für die Demoiselle, die man ans Totenbett ihrer Großmutter ruft«, schrie der Soldat, und mit seinem Geschrei und seiner wuchtigen, kriegerischen Gestalt bahnte er uns einen Weg zum Tor.
    »Gillier, du alter Salzschmuggler, halt an«, rief einer der Wachposten, und die beiden anderen stürzten herbei, ehe er sein Schwert aus der Scheide ziehen konnte.
    »Ich und anhalten? Damit Ihr es nur wißt, ich bin bekehrt und stehe im Dienste dieser Dame hier«, sagte er. Jetzt kamen Leute hinzu, um sich unser kleines Spektakel anzusehen, und trotz meiner damenhaften Eleganz wollte ich nichts als weg, ehe mich jemand als Tochter des Mannes erkannte, der sein

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