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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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klettern oder die Frauen mit einer List aus dem Haus locken. Dieser Mann ist zu allem fähig, wenn er dabei einen Sou sparen kann. Beeil dich, ich möchte nicht, daß sie überrumpelt werden oder Schaden nehmen.« Während Leon davoneilte und die Tür hinter sich zuzog, trat eine dunkelblaue Gestalt voll funkelnder Sprenkel aus ihrem Versteck im Schatten.
    »Also, Anael, zurück an die Arbeit; dies war meine gute Tat für den heutigen Tag.« Nostradamus ergriff seinen Zauberstab, der auf dem Tisch lag. »Ich habe auf einen Streich diese albernen Frauen für ein Weilchen von der Versuchung befreit, habe Ruggieri ein Mittel gegeben, mit dem er sich selbst in die wohlverdiente Hölle wünschen kann, und mit ein wenig Glück der drohenden Dichterkarriere jener Demoiselle Einhalt geboten, die Frankreich mit weiteren schlechten Gedichten beschenkt hätte.«
    »Recht gut eingefädelt«, meinte der Geist der Geschichte.
    »Du weißt nicht zufällig, wie es ausgeht, oder?« fragte der alte Prophet.
    »Ich dachte, gestern hätte ich jenen Abschnitt gefunden, und wollte ihn für dich aufheben, aber jetzt habe ich ihn wieder verlegt«, sagte der Geist und plusterte seine dunklen Flügel.

    Auf dem Pont-au-Change, unweit des steinernen Tores mit den hohen Türmen, das die Brücke mit den zahlreichen Läden von der Cité trennt, bot sich Vorbeikommenden ein merkwürdiger Anblick, der zum Stehenbleiben verlockte. Eine farbenprächtige Sänfte mit Vorhängen, die zwischen zwei schmucken grauen Pferden schwebte, hielt vor dem Laden eines Goldschmieds. Hinter den zugezogenen Vorhängen gestikulierte eine mit Ringen geschmückte Frauenhand, und ein Lakai in Livree, einer von einem halben Dutzend, eilte herbei, um der Dame aus der Sänfte und in den Laden zu helfen.
    Ein großer junger Mann mit kantigen Zügen in ein schwarzes Samtwams gekleidet, an dem zwei Knöpfe nicht geschlossen waren und einer fehlte, blieb stehen und gesellte sich zu den Gaffern. Kein Wappen auf der Sänfte, dachte er. Die Mätresse irgendeines bedeutenden Hofmannes, die einkaufen will. Eine Hand tauchte auf, ein Arm im seidenen Schlitzärmel, dann ein Fuß – ein recht großer, der taktvoll mit einem samtverbrämten Saum verdeckt wurde –, und der Mann sah die hochgewachsene königliche Gestalt einer schlanken jungen Frau aufs Pflaster treten. Ringsum waren Lärm und Getümmel: Ein Straßenhändler schob einen Karren mit alten Schuhen und Stiefeln vorbei, eine Frau verkaufte Aalpasteten, und – als Begleitmusik zu allem – rauschte die Strömung zwischen den Brückenpfeilern, begleitet von dem ständigen Gepolter und Geratter der Mühlräder unter der Brücke, die das Korn für die Bäckereien von Paris mahlten. Doch der junge Mann schien das alles nicht zu bemerken! Eine eigenartige goldene Stille breitete sich aus. Die Dame umgab für einen Augenblick eine Art Gloriole – war es nur eine Gaukelei des Lichts? Gott helfe mir armem Sünder, dachte er, sie ist ja noch schöner als bei unserer Begegnung im Hof der bischöflichen Residenz in Orléans. Oh, wie sich ihr edles Profil vor dem schwarzen Samt ihrer Kapuze abhebt – ein Adler, ein Falke –, ihre Haltung, wie vornehm, ihr Gang – ein Reh in der Morgendämmerung… Eine Königin, nein, eine Kaiserin. Nichts ist gut genug für sie – und dennoch, oh, nicht auszudenken, soll sie sich begnügen mit dem unehrenhaften Umgang bei Hofe. Und dann wuchs in ihm die Neugier wie ein alles verschlingendes Rankengewächs. Ich werde ihr folgen. Ich muß wissen, mit wem sie sich eingelassen hat, wer sie aushält. Ich kann sie nicht aufgeben, ehe ich nicht ihre Gründe erfahren habe.
    Doch in dem Augenblick, als ein erstaunlicher Haß auf den verderbten Lebemann, der ihr vermutlich die Unschuld geraubt hatte, sein Herz mit ehernen Klauen packen wollte, mußte er schon wieder staunen. Eine Frau von außergewöhnlicher Statur wurde von vier ächzenden Lakaien aus der Sänfte gehoben. Der junge Müßiggänger stand da mit offenem Mund; sein Auge konnte die Leibesfülle dieser Frau kaum fassen, die von bauschigen Unterröcken und einem prächtig verzierten Rock über einem spanischen Reifrock noch vergrößert wurde. Und dann dieser gepuderte Teint mit Rouge, der offensichtlich noch nie die Sonne gesehen hatte, und der phantastische Kopfputz aus gelber Seide mit den vielen schimmernden Perlen, und bei jeder Bewegung rauschte, raschelte und glitzerte es. Was für eine erstaunliche Duena, dachte der junge Mann, ich habe

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