Die geheime Waffe
Spielchen hatte. Zwar war es manchmal lästig, auf das Generalstöchterlein aufpassen zu müssen. Andererseits hatte sie sich bisher bei allen auftauchenden Problemen ausgezeichnet geschlagen, und es war angenehm, jemanden zu haben, mit dem er reden konnte.
»Wie ich schon sagte: Man muss aufpassen. Aber mit der Zeit lernt man es automatisch, auf verdächtige Spuren zu achten. Unser Job wird dadurch nicht ungefährlicher, aber die Überlebenschancen erhöhen sich rapide.«
Henriette lächelte ein wenig gezwungen, nahm dann eine
zweite Coladose aus dem Kühlschrank und riss sie auf. »Hier, Herr Oberleutnant.«
Torsten nahm die Dose entgegen und setzte sie an die Lippen. Erst beim Trinken merkte er, wie durstig er war. Er glaubte, noch immer Rauch zu schmecken und zu riechen. Hätten die Idioten in Breda statt Spiritus Benzin verwendet, so wären Leutnant von Tarow und er kaum rechtzeitig aus dem vergitterten Zimmer gekommen. Zu gerne hätte er den Männern in jener Offiziersschule die Rechnung für ihren feigen Anschlag präsentiert. Der Auftrag, den Major Wagner ihm erteilt hatte, war jedoch wichtiger als seine persönlichen Rachegefühle. Daher setzte er sich an den Schreibtisch, schaltete den Computer ein und wartete, bis dieser hochgefahren war.
Als Erstes erschien Petras Gesicht, und sie stellte einige Fragen, um seine Identität unzweifelhaft zu bestimmen. Ihm wäre es lieber gewesen, direkt mit ihr sprechen zu können, anstatt sie als Aufzeichnung zu erleben. Als sie jedoch die Frage stellte, was sie und er an jenem einen Nachmittag in ihrem Hotelzimmer auf Mallorca getrieben hatten, war er kurz davor, die ganze Sache abzubrechen. Er warf einen schiefen Blick auf Henriette, die das nun wahrlich nichts anging, und forderte sie auf, seinen Laptop aus dem Auto zu holen.
Henriette befolgte den Befehl, und er musste sich zurückhalten, um nicht die Tür hinter ihr zu schließen und sie in den Garagenraum zu sperren. Stattdessen wandte er sich wieder dem Bildschirm zu.
»Wir haben … äh, miteinander geschlafen!« Er hoffte, es leise genug gesagt zu haben. Als Henriette kurz darauf zurückkam, wirkte ihr Gesicht zwar müde und abgespannt, aber sonst wie immer. Also hatte sie nichts mitbekommen. Torsten atmete erleichtert auf und zeigte dann zur Couch. »Schlafen Sie eine Runde. Der Morgen kommt früh genug.«
»Danke! Aber wenn Sie mich benötigen, bleibe ich selbstverständlich wach.« Henriettes Blick wanderte begehrlich
zum Computerbildschirm. Die Berichte, von denen Petra Waitl gesprochen hatte, interessierten auch sie. Trotzdem wollte sie nicht gegen Renks Willen aufbleiben.
Torsten las ihr die Gedanken an der Nase ab und lachte leise. »Zu neugierig, um schlafen zu können, was? Na, dann kommen Sie her und setzen sich neben mich. Die Sache geht Sie ja genauso an. Das heißt, wenn diese dumme Fragerei endlich aufhört. In München wird Petra einiges von mir zu hören bekommen.«
»Sie muss doch sichergehen, dass wir es sind, die auf ihre Daten zugreifen.«
»Natürlich muss sie das. Aber es macht ihr Spaß, mich zu triezen.« Während er es sagte, veränderte sich der Bildschirm und forderte ihn auf, seine beiden Daumen auf zwei weiß leuchtende Felder zu legen. Torsten tat es seufzend und atmete im nächsten Moment auf, weil er endlich Zugriff auf den Computer bekam. Als er dann den Bericht las, den sie aufbereitet hatte, lobte er Petra für ihre ausgezeichnete Arbeit.
Er konnte nicht nur die Aussagen der wenigen Zeugen lesen und sogar anhören, sondern erhielt durch computergenerierte Bilder auch einen Eindruck, wie der ganze Überfall vonstattengegangen sein musste. Petra hatte mehrere Möglichkeiten berechnet und lieferte ihm alle Versionen. Ihrer Analyse zufolge hatten sich die Lkws und der Autokran auf keinen Fall zufällig an dieser Stelle befunden.
»Ich bin mir sicher, dass die Container geklaut worden sind«, erklärte ihre Computerstimme, während Fotos der Großbehälter auf dem Bildschirm erschienen. »Die belgische Staatsbahn behauptet zwar, es wären noch alle Container vorhanden, aber meiner Meinung nach sind unsere beiden ausgetauscht worden. Anders als diesmal gab es beim ersten Raub keinen Überfall, aber möglicherweise einen ähnlichen Austausch. Damals standen die Waggons lange auf einem Abstellgleis in Lüttich. Wer dort Zugang hatte und auf die Kranbrücken
zugreifen konnte, hatte die Möglichkeit, den Container gegen einen anderen auswechseln.«
»Und warum haben unsere
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