Die geheime Waffe
einhunderttausend Euro im Jahr spendeten. Auch Sedersen ließ diese Summe springen, holte das Geld aber doppelt und dreifach wieder heraus, indem er den radikalen Kräften in Flandern Waffen und Material verkaufte. Das Trauma, zwar die Unabhängigkeit gewinnen zu können, dabei aber große Teile Vlaams-Brabants an die Wallonen zu verlieren, motivierte nicht nur die radikalen Kräfte vom rechten Rand dazu, sich zu bewaffnen. Auch die gemäßigten Parteien stellten seit neuestem Milizen und Schutztruppen auf, und dadurch hatte Zwengel einiges an Einfluss verloren. Sedersen, der seine Fäden weiter spann als der Radikalenführer, hielt sich für den Einzigen, der das Schicksal Flanderns wirklich steuern konnte.
Sein Blick suchte erneut van Houdebrincks Boot, und dabei streichelte er das kleine Handy, das er von Jasten bekommen hatte. Er musste nur eine Taste drücken, dann war von Houdebrinck tot – und mit ihm dessen Tochter und die drei jungen Segler aus Flandern und der Wallonie.
Nun gesellte sich Giselle Vanderburg zu ihm, die zu den eifrigsten Befürwortern der flämischen Unabhängigkeit zählte, und wies auf das Meer hinaus. »Von hier oben hat man wirklich den besten Blick auf die Segelparade, finden Sie nicht auch?«
»Da haben Sie recht, Frau Vanderburg. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass es noch einen schöneren Platz gibt, diese Parade zu genießen, und zwar auf einem der Boote, die daran
teilnehmen.« Sedersen lächelte freundlich, denn Giselle Vanderburg sah nicht nur gut aus, sondern war auch eine erfolgreiche Immobilienmaklerin, die ihm schon einige Filetstücke in Flandern besorgt hatte.
Die Frau strich ihr knappes rotes Kostüm glatt, damit ihre Figur noch besser zur Geltung kam, und nickte. »Da haben Sie recht, Herr Sedersen. Während meiner Ehe habe ich mit meinem Mann jedes Jahr an dieser Parade teilgenommen. Ich muss mich berichtigen: mit meinem Exmann. Wir sind seit drei Monaten geschieden. Er nimmt übrigens immer noch an der Parade teil. Doch diesmal hat er ein dummes Huhn an Bord, für das nichts anderes spricht als Silikon im Busen und Botox im Gesicht.«
Sedersen betrachtete Giselle Vanderburg genauer und schätzte sie auf etwa fünfunddreißig. Ihr passte es ganz offensichtlich nicht, dass sie von einer Jüngeren ausgebootet worden war, und so hielt sie nach einem Mann Ausschau, der ihren Exgatten an Bedeutung und Vermögen noch übertraf. Er überlegte, ob die Frau nicht die richtige Partnerin für ihn wäre. Sie kannte in Flandern Gott und die Welt, und eine Ehe mit ihr würde seinen Status in diesem Land erhöhen.
Da er nicht gleich Antwort gab, rümpfte die Frau ein wenig die Nase. Ihr gefiel der schlanke, sportliche Mann, und das nicht nur, weil er reich war. Ihn umgab eine Aura, die ihm etwas Besonderes verlieh, etwas, was sie bisher noch bei keinem gespürt hatte. Es war eine gewisse Härte an ihm und der unbedingte Wille, sein Ziel zu erreichen. Außerdem war er ein bekennender Anhänger eines freien Flanderns und hatte Freunde und Verbündete in den verschiedensten Gruppierungen und Parteien.
Lächelnd lehnte sie sich an ihn und bemerkte zufrieden, wie seine Augen begehrlich aufblitzten. Giselle Vanderburg wusste, wie attraktiv sie war, das verstand sie bei ihren Geschäften durchaus zu nutzen. Allerdings war sie nur selten mit einem
ihrer Geschäftspartner im Bett gelandet. Heute aber schien der richtige Tag dafür zu sein.
»Ich hätte einige schöne Angebote für Sie, Herr Sedersen. Vielleicht können wir am Abend darüber reden?«
Er begriff, dass sie damit nicht nur Sex meinte, obwohl es ihn im Augenblick mehr reizte, mit ihr zu schlafen, als Geschäfte abzuschließen. Trotzdem durfte er ihren Einfluss nicht außer Acht lassen. An ihrer Seite konnte er vielleicht selbst in die Politik gehen und sich einen Posten angeln, durch den er noch mächtiger wurde.
Dann aber schüttelte er den Kopf. Obwohl einer seiner Großväter Flame gewesen war, würde ihm seine deutsche Abstammung immer nachhängen. Da war es besser, die Frau vorzuschicken. Giselle Vanderburg würde gewiss eine ausgezeichnete Ministerpräsidentin abgeben. Mit diesem Gedanken legte er ihr den linken Arm um die Schulter und lächelte. »Entschuldigen Sie, ich war eben nicht ganz bei der Sache. Aber noch einmal zu der Parade. Ich würde wirklich zu gerne einmal mitsegeln, doch leider verstehe ich zu wenig davon. Ich bräuchte jemanden, der die Sache in die Hand nehmen kann.«
»Ich verfüge über
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