Die geheime Waffe
einschlafen
konnte, dachte sie daran, was ihre Mutter sagen würde, wenn sie wüsste, dass sie ein Bett mit einem jungen Mann teilte. Henriette hielt sich nicht gerade für eine Frau, die auf sexuelle Abenteuer aus war, aber die Ansichten ihrer Mutter waren arg antiquiert. Diese hatte sich bereits aufgeregt, als sie während ihrer Grundausbildung bei einer Übung im Schlafsack zwischen männlichen Rekruten hatte liegen müssen.
Noch während sie darüber nachdachte, dämmerte sie weg. Torsten aber lag verkrampft neben ihr und versuchte, ihre Anwesenheit zu verdrängen. Das dauerte einige Zeit, und als er endlich in einen von wirren Träumen erfüllten Schlaf fiel, wurde es draußen bereits hell.
SIEBZEHN
G eerd Sedersen war so angespannt wie noch selten zuvor in seinem Leben. Zu viel hing von dem Gelingen seines nächsten Coups ab. Daher ließ er sich alle paar Stunden von Rechmann einen kurzen Bericht über die Vorbereitungen schicken. Gelegentlich forderte dieser auch Hilfe an. Für die Ausführung der Aktion waren drei große Lkws notwendig, die jeweils einen vollen Container transportieren konnten, sowie ein Autokran. Bei der letzten Waffenlieferung nach Somaliland waren sie relativ leicht an den Container gekommen, weil der schlecht gesichert auf dem Gelände einer Spedition gestanden hatte. Den privaten Wachdienst dort abzulenken und die Waffen auszuräumen war ein Kinderspiel gewesen. Auch hatte Rechmann den Container mit einer neuen Plombe versehen können, die ihr Gewährsmann bei der Bundeswehr ihnen besorgt hatte. Diesmal aber wurde der Waffentransport von Profis bewacht.
»Rechmann wird schon wissen, was er tut«, versuchte Sedersen
sich selbst zu beruhigen, auch wenn er die Sache in Belgien lieber persönlich überwacht hätte. Doch es gab drei Gründe, die dagegen sprachen. Als das Festnetztelefon läutete, hatte er einen davon am Apparat.
»Hallo, Geerd! Gott sei Dank bist du zu Hause. Es ist etwas Schreckliches geschehen!«
»Erst einmal guten Tag, Andreas. Was ist denn los? Du klingst ganz aufgelöst.«
»Hermann ist tot! Er wurde heute gefunden!«
»Machst du Witze? Als ich Hermann das letzte Mal gesehen habe, war er munter wie ein Fisch im Wasser.« Es gelang Sedersen, seiner Stimme erst einen ungläubigen und dann einen bestürzten Tonfall zu geben, während er im Geist die Tatsache verfluchte, dass Hermann Körvers Leichnam ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt entdeckt worden war.
»Das Ergebnis der Obduktion steht noch aus. Der Amtsarzt vermutet, dass Hermann durch einen Herzanfall oder eine plötzliche Übelkeit die Fähigkeit verloren haben muss, seinen Wagen zu lenken. Er ist in dem kleinen See in der Nähe der Hauptstraße gefunden worden. Dort muss er schon Wochen gelegen haben, denn der Zersetzungsprozess ist ziemlich weit fortgeschritten. Und weißt du, was das Schlimmste ist?«
»Nein.«
»Hermann muss aus der Richtung meiner Villa gekommen sein! Wenn ich daran denke, dass er vielleicht krank war und mich daheim nicht angetroffen hat, kommt es mir direkt so vor, als wäre ich schuld an seinem Tod.« Andreas von Straelens Stimme verriet, dass der alte Mann weinte.
Sedersen musste sich zusammenreißen, damit man ihm nicht die Erleichterung anhören konnte, die ihn erfasst hatte. Niemand schien den Verdacht zu hegen, dass Hermann Körver umgebracht worden war. Das war ein Vorteil, den er nutzen musste.
»Entschuldige, wenn ich jetzt herzlos klinge. Aber du sagst,
Hermann wäre von dir gekommen. Nicht, dass es schon damals passiert ist, als er mit meinem Gewehr unterwegs war! Die Waffe ist verdammt wertvoll, und wenn sie in die falschen Hände gerät, komme ich in Teufels Küche.«
»Wie kannst du in einer solchen Situation an das Gewehr denken? Der arme Hermann! Ich bin außer mir.«
»Ich bedauere seinen Tod nicht weniger als du. Aber mein eigener Hals ist mir ebenfalls wichtig. Hinter diesem Gewehr sind etliche Geheimdienste her.«
»Und das sagst du jetzt?«, rief von Straelen empört.
»Ich weiß es selbst erst seit ein paar Tagen. Zwar war mir klar, dass es keine normale Waffe ist. Aber ich konnte nicht ahnen, dass es sich um eine so heiße Sache handelt. Habt ihr im Kofferraum von Hermanns Wagen nachgesehen? Ist der Gewehrkasten noch dort?«
Sedersen glaubte fast zu sehen, wie Andreas von Straelen den Kopf schüttelte. »Der Kofferraum war bis auf das Warndreieck und den Verbandskasten leer.«
»Dann bleibt mir nur zu hoffen, dass du recht hast und Hermann später noch
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