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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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sie vergessen zu haben, oder vielleicht war er einfach nur gewohnt, allein zu gehen. Keiner von beiden sprach. Sie gingen eine Straße hinunter, dann eine andere, und Sima war sicher, dass sie genau an dem Gebäude vorbeikamen, wo ein Onkel vor Jahrzehnten gelebt hatte. Sie wollte Patrick davon erzählen, tat es dann aber doch nicht, weil sie sich fragte, warum ihn das interessieren sollte.
    Ihr Atem stand in Wolken vor ihnen. Ein junges Paar ging an ihnen vorbei, und das Mädchen lächelte sie an. Nein, wollte Sima sagen, wir sind nicht, was du denkst. Ließ es aber dann doch durchgehen.
    »Da wären wir also«, sagte Patrick und drückte seinen Türöffner, um einen schwarzen Wagen aufzuschließen. »Tut mir leid wegen des langen Wegs, aber hier in der Gegend findet man kaum Parkplätze.«
    Wieder brauchte sie einen Moment, bevor sie verstand: Sie waren die ganze Zeit zu seinem Auto gegangen.
    »Wohin?«, fragte Patrick.
    Sima lehnte ab, sie müsse nach Hause und würde ein Taxi nehmen. Patrick schüttelte den Kopf und meinte, das könne er nicht zulassen.
    Sima schluckte. Sie waren in einer dunklen Straße nicht weit vom Highway entfernt. Die Straße war leer, alles still, abgesehen von dem Scharren, das aus einem Haufen schwarzer Müllsäcke drang. Das ist es, dachte sie: Mord, Vergewaltigung, Tod. Die Schwärze füllte sie ganz aus.

    »Sie fragen sich, ob ich der Typ Mann bin, der Frauen in den Kofferraum stopft und dann in Staten Island abwirft, stimmt’s?«
    Sima sah ihn an. »Nein, es ist nur …«
    »Sima, Sie sind so bleich wie ein Leichentuch. Es tut mir leid, es ist nur, wenn ich zu Fuß gehe - meine Frau und ich sind viel zu Fuß gegangen. Ich vergesse dann zu reden, schätze ich.«
    Sie hielt den Blick auf den Gehsteig gerichtet und dachte, sie habe nie etwas Traurigeres gehört.
    »Kommen Sie, sehe ich aus wie ein kaltblütiger Mörder? Sie wissen doch, wie es ist bei unserer Generation, ich muss dafür sorgen, dass Sie nach Hause kommen. Aber ich würde Sie lieber fahren, als Ihnen das Taxigeld zu geben. Wissen Sie, wie viel es von hier bis Boro Park kostet?«
    Sima lachte. »Neulich hat es mich fast dreißig Dollar gekostet.«
    Sie stieg in seinen Wagen.
    Das Radio war auf einen Sportsender eingestellt, aber Patrick drehte weiter, bis er alte Jazzmusik fand. Er summte den Song mit - »Are there stars out tonight?«, fragte der Sänger -, und Sima entspannte sich und ließ sich in die weichen Sitze sinken. »Wissen Sie«, meinte Patrick und sah zu ihr hinüber, als sie auf den Brooklyn-Queens-Expressway einbogen, »wenn Sie zu mir kommen wollen …«
    Sima sah ihn an. Lächelnd zuckte er die Achseln - eine Geste der Hoffnung. Sie schüttelte den Kopf und begann dann zu lachen.
    Patrick sah sie an und grinste. Er war glücklich, dass er sie zum Lachen gebracht hatte, das sah sie. Es war nicht nötig, ihm zu sagen, dass sie nicht über ihn lachte. Sie überlegte, ob sie ihm Connies Nummer geben sollte, entschied sich aber dagegen, weil dies ihr Geheimnis bleiben sollte. Als er vor ihrem Haus anhielt, beugte sie sich hinüber und küsste ihn auf die Wange.
Er wartete bei laufendem Motor, bis sie die Haustür geöffnet hatte. Sie drehte sich um und winkte ihm zum Abschied zu wie ein junges Mädchen, bevor sie im dunklen Haus verschwand.

    Bei Omelettes im Dairy Delicious brachte Connie ihre Freundin auf den neuesten Stand. Die Sache mit »Mr. Rundum-Escort«, wie Connie ihn jetzt nannte, hatte nicht gehalten. »Ein guter Typ«, fand sie, und sie hätten es ihrer Meinung nach versuchen sollen, aber sie sei nicht bereit dafür gewesen. Beim ersten Date habe es noch den Kitzel des Neuen gehabt - »das Leben nach dem Tod«, nannte es Connie, und Sima verstand: ein Boot, das auf dem Wasser trieb, und plötzlich sah man Land. Aber die beiden folgenden Dates waren nicht mehr so aufregend gewesen.
    »Keine Couch mehr?«, fragte Sima und spießte einen Pilz auf.
    »Nein, nichts.« Connie schob ein Stück Omelette auf eine Scheibe gebutterten Toast und biss hinein. »Es ist einfach so viel Arbeit«, meinte sie, zwei Finger auf die Lippen gelegt, um das Kauen zu verbergen. »Man muss seine Geschichten erzählen, die seinen anhören. Meine Kinder, seine Kinder, Enkel, Freunde, all das, um was zu haben?«
    Sima nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. »Vielleicht bist du einfach noch nicht bereit dafür.«
    »Das steht fest.«
    »Und was ist mit Art? Quasselt er immer noch deinen Anrufbeantworter voll?« Art hatte

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