Die geheime Welt der Frauen
dachte Sima und sah ihn in einem Katalog vor sich.
»Oh, ich bevorzuge Schwarz.«
»Probieren Sie ihn an.«
Weil Liza so nett war und weil sie selbst ein bisschen wie Liza
war, probierte sie ihn an. Er hatte einen Gürtel um die Taille, den Liza ein bisschen enger zog, als sie es getan hätte. »Wie aus Frühstück bei Tiffany «, sagte Liza, und Sima dachte, also so eine Übertreibung würde ich nie benutzen, aber trotzdem lächelte sie, weil es gut aussah, wenn auch auf eine ziemlich aufgedonnerte Weise. Mit dem eng gezogenen Gürtel wirkte sie sogar schlanker.
»Also zu dem muss man ein Halstuch tragen, weil der Kragen so weit aufsteht.« Liza reichte ihr ein Seidentuch, hellgrün mit blassblauen Tupfen.
»O nein. Damit sehe ich ja aus wie ein Clown.«
»Na schön, das hier ist schlichter.« Das Tuch war schwarz mit winzigen pinkfarbenen Rosen. Hübsch, aber nichts, was sie tragen würde. Sima sah sich ein letztes Mal im Spiegel an und bewunderte den originellen Effekt, obwohl sie dachte: Das bin ich nicht, niemals. Aber die Frau war so nett und der Laden so leer, und Sima kannte Tage wie diese, wusste, dass es nicht so sehr um die Einnahmen als vielmehr um das Gefühl ging, dass jemand das wollte, was man anzubieten hatte. »Ich weiß nicht«, sagte Sima. »Jetzt habe ich die fixe Idee, dass jemand wie Sie nach meinem Tod meinen Kleiderschrank durchstöbert, diesen Mantel nimmt und gleich wieder weiterverscherbelt.«
Liza lachte. »Ich sollte alles mit irgendwelchen Zielsucheinrichtungen verkaufen. Aber sehen Sie es doch einmal so - es ist eine Mantel-Reinkarnation. Gutes Karma. Vielleicht steigt der Mantel mit Ihnen die Seelenleiter hinauf.«
Sima lächelte. Zwar hatte sie keine Ahnung, wovon Liza redete, aber sie wusste, dass Timna sie in diesem Mantel nicht erkennen würde. Ihr Spionage-Outfit, dachte sie und drehte sich vor dem Spiegel.
»Nehmen Sie Schecks?«
»Große Neuigkeiten«, sagte Connie und schüttelte ihr Haar aus, nachdem sie ihren Hut abgenommen hatte. »Ich habe ein Date!«
Timna hielt mitten im Gähnen inne. »Nein! Wer? Sie müssen uns alles erzählen.«
Sima setzte ein verblüfftes Lächeln auf und hörte zu, wie Connie die Einzelheiten herunterbetete. Sie und Estie seien zusammen in der Umkleidekabine bei Loehmann’s gewesen und hätten sich unterhalten. Als sie den Reißverschluss zugemacht habe, habe Estie jemanden getroffen, den sie kannte.
»Myrna Silver«, sagte Connie und wandte sich an Sima. »Kennst du sie?«
Sima schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht. Aber sie und Estie gehörten vor Ewigkeiten mal zu einer Fahrgemeinschaft. Jedenfalls kam eines zum anderen, und es stellte sich heraus, dass Myrna einen Bruder hat, ein Kieferorthopäde, der seit zwei Jahren Witwer ist. Zuerst hab ich gesagt, auf gar keinen Fall, ich bin noch nicht bereit dafür. Aber Estie meinte: ›Wie viel Jahre bleiben dir denn noch, bis du bereit dafür bist?‹ Also hab ich mir gedacht, was soll’s, und ihr meine Nummer gegeben.«
»Gut gemacht!« Timna grinste zustimmend.
Connie nickte. »Stellt euch vor: Er hat am gleichen Abend angerufen. Wir haben geredet und gelacht. Kurz und gut, er führt mich Freitagabend zum Essen aus. In Manhattan.«
»Gehen Sie hin, Connie!« Timna umarmte sie herzlich.
»Wow«, sagte Sima. »Das ging aber schnell.«
Connie sah Sima an, wandte sich dann aber ab. Sie nahm Timnas Hand und zog sie in Richtung Umkleide. »Kommen Sie, geben Sie mir alles, was Sie haben. Das ist mein erstes Date nach fast fünfzig Jahren - ich finde, das schreit geradezu nach neuen Dessous.«
Sima beobachtete, wie Timna Connie grinsend in die Kabine führte. Sie ging nicht mit.
Connie war seit Eröffnung des Ladens ihre Kundin. Eine gute Kundin: Sie liebte Unterwäsche, kaufte, was hübsch war, ohne auf den Preis zu achten. Jahrelang hatte sie Connie deswegen beneidet - dass sie sich immer noch um sich kümmerte, um ihren Körper, um Art.
Aber jetzt …
Es war keine Frage der Loyalität. Lev hatte Art zum Mittagessen getroffen, und es stand natürlich außer Frage, dass sie nicht mitkommen würde. Sie und Connie lachten sogar darüber - worüber würden die Männer reden - die beiden allein?
Und dennoch, Connie für ein Date auszustaffieren fühlte sich wie Betrug an. Sie mochte Art schließlich, er gehörte praktisch zur Familie. Wenn sie nicht in der Lage war, ihn aufzugeben, warum konnte es Connie?
»Ich denke, dieses Teil in den Aqua-Farben«, sagte Timna, als sie den
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