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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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Spiegel drehte. »Vor allem, wenn Sie ein beigefarbenes Kleid tragen, brauchen Sie so etwas, weil das Kleid dann nirgendwo hängen bleiben kann - es ist glatter als Ihre eigene Haut.«
    Leah runzelte zustimmend die Stirn. »Es ist sehr hübsch«, antwortete sie und strich sich seitlich über den Körper, »keine Falten, nichts. Bei meiner Schwester zeichnen sich immer die Nähte der Unterwäsche ab - es ist furchtbar peinlich. Ich hoffe,
ihre Tochter überprüft das vor der Hochzeit, damit sie die Fotos nicht ruiniert.«
    »Nun, Sie zumindest werden perfekt aussehen«, erwiderte Timna, und Sima wunderte sich erneut, woher die junge Frau immer so genau wusste, was sie sagen musste. »Brauchen Sie noch etwas? Büstenhalter? Höschen?« Bevor Leah antworten konnte, fuhr Timna fort: »Wir haben gerade ganz wunderbare Sachen von Olga’s hereinbekommen, und ich glaube, wir haben dieses tolle Set in Ihrer Größe, ein bloßer Hauch von Spitze und trotzdem so bequem …«
    Sima beobachtete, wie Timna zu den Regalen ging, eine Stufe auf der Leiter hinaufstieg und eine Schachtel herunternahm. Sie war eine gute Verkäuferin. Besser als gut. Sie machte Nickerchen, Kaffeepausen und putzte nicht gern - aber die Frauen liebten sie, kauften, was immer sie vorschlug, weil sie jung und schön war, und wenn sie lächelte, gab sie ihnen das Gefühl, sie hätten etwas gewonnen.
    Aber wenn sie schwanger wäre, würden sie tuscheln, sie anstarren und nach dem Ring an ihrem Finger suchen. Derlei war nicht akzeptabel, nicht in Ordnung - eine unverheiratete schwangere Frau konnte nicht in ihrem Laden arbeiten. Niemals.
    Leah gefielen der BH und das Höschen, und sie nahm ein Set in Beige und eines in Schwarz. Timna brachte die Einkäufe zur Kasse. Sima nahm sie wortlos entgegen und rechnete sie zusammen. »In bar oder mit Karte?«, rief sie zu Leah hinüber und fragte sich, wie sie Timna sagen sollte, dass sie Bescheid wusste.
    »Bar«, antwortete Leah und erschien kurz darauf wieder, angekleidet, zählte Zwanzigdollarnoten ab und erzählte Sima allen Klatsch über die Hochzeitsvorbereitungen - »Kannst du dir vorstellen, ein Buffet, keine Sitzgelegenheit? Die Schlange wird endlos sein, und das für so ein Essen?« Sima nickte, gab Laute
des Mitgefühls von sich, konzentrierte sich aber auf Timna - und bemerkte, wie schnell diese sich wieder setzte.
    »Sie sind müde, oder?«, fragte Sima, nachdem Leah fort war.
    »Wahrscheinlich. Ich hab in letzter Zeit nicht gut geschlafen.«
    »Vielleicht sind Sie krank. Ihre Haut ist fleckig.«
    »Vielleicht. Ich denke, es ist der Winter - ich bin ständig müde. Ich bin dieses Wetter nicht gewöhnt.«
    Sima sah sie an. Log sie, oder war es möglich, dass sie es nicht bemerkt hatte? Sie hatte Geschichten von Frauen gehört, die monatelang gebraucht hatten, um es zu merken, sei es, weil sie es verdrängten oder aus Dummheit. Und Timna hatte schließlich allen Grund, sich vor einer solchen Einsicht zu drücken. Es konnte natürlich nicht von Alon sein. Shai war der einzige andere Mann, den Sima mit Namen kannte, obwohl sie vermutete, dass es noch weitere gab. Timna ging in Tanzclubs und zu Konzerten, und so wie sie aussah, gab es sicher keinen Mangel an Gelegenheiten, wenn sie es darauf angelegt hatte. Nur eine Nacht, ein einziges Mal, und ihr ganzes Leben wäre verändert. Ruiniert.
    Timna war schwanger.
    Sima war wütend.
    Ein so junges Leben, dem die ganze Welt offenstand. Reisen, Bildung - all die Dinge, die Sima nicht haben konnte, nie haben würde. Und das alles wegzuwerfen. Der Mann war vermutlich bereits von der Bildfläche verschwunden, oder würde es bald sein - es war die alte Geschichte, die Timnas Zukunft nur allzu bald beenden würde.
    Sie ist zu verantwortungslos, dachte Sima und beobachtete, wie Timna den Kopf hob und prüfte, ob ihr Nagellack abgesplittert war. Sie war nicht wie die Frauen aus der Nachbarschaft, die dazu erzogen wurden, Kinder aufzuziehen. Sie wollte zu viel - sie würde bitter enttäuscht sein, wenn sie nicht tun
und werden konnte, was sie wollte. Und wer würde ihr helfen? Ihre Mutter war weit weg und ihr Vater mit seiner eigenen Familie beschäftigt. Sie würde Hilfe brauchen, bekäme aber keine.
    Nein. Das konnte nicht sein. Aber die Alternative …
    Sima stellte sich Timna einen Moment lang auf einem kalten Metalltisch vor, sah den alten Arzt, mit gelben Zähnen lächelnd, vor ihr stehen. Sie setzte sich und legte den Kopf in die Hände. Die Alternative war

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