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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Sie war Tänzerin, glaube ich. Nicht gerade die erste Wahl.«
    Â»Heutzutage interessiert das doch keinen mehr, oder? Seit dem Krieg?«
    Â»Glauben Sie?« Er lehnte sich zurück, um Lally anzusehen. »Ich bin da anderer Meinung. Ich glaube, die Leute interessiert das noch genauso – vielleicht sogar noch mehr. Sie sehen, wie alles zusammenbricht, und versuchen festzuhalten, was sie haben, bevor es ihnen unter den Fingern zerrinnt …«
    Seine Stimme war leise und klang amüsiert. Als Lally den Ausdruck in seinen Augen sah, erschauderte sie. Er sprach aus, wovor sie sich am meisten fürchtete: vor dem Verlust der vertrauten Ordnung. Obwohl ihre Erziehung sie gelangweilt hatte, flößte ihr der Gedanke an eine ungewisse, chaotische Zukunft Angst ein.
    Sie schob den Gedanken beiseite, rümpfte die Nase und sagte: »Was ist das für ein komischer Geruch?«
    Simon nahm einen tiefen Atemzug. »Oh – Marihuana. Peggy ist ganz versessen darauf. Haben Sie es noch nicht probiert? Das müssen Sie. Kommen Sie.«
    Sie schickten sich gerade an, das Haus in Mayfair zu verlassen, als es passierte. Mit ohrenbetäubendem Knall zerbarst das große Vorderfenster im Salon. Nicholas legte die Hände über den Kopf und duckte sich, und Thomasine spürte, wie sie von Teddy an die Wand zurückgerissen wurde.
    Â»Alles in Ordnung?«
    Sie sah an sich hinab. Ihr Chiffonkleid glitzerte, aber das waren die aufgenähten Kristallperlen, keine Glassplitter. Der Boden war mit Splittern übersät wie mit Diamanten.
    Â»Mir geht’s gut. Nick …?«
    Er nahm die Hände herunter und richtete sich wieder auf. Er sah bleich und benommen aus. »Tut mir leid. Ich benehme mich wie ein Idiot. Ich dachte, es sei ein Mörser …« Er versuchte zu lachen. Dann verließ er den Raum.
    Â»Ein Stein, glaube ich«, sagte Teddy. »Jemand hat einen Stein durchs Fenster geworfen.« Er durchquerte den Raum und wich den Glasscherben aus.
    Thomasine zitterte. Kalte Luft wehte durch das große gezackte Loch in der Scheibe. Das Fenster ging auf die Straße hinaus. Von draußen hörte sie Rufe und davoneilende Schritte. Im hinteren Raum spielte noch immer die Jazzband, die rhythmischen Klänge drangen nur gedämpft herüber. Dienstpersonal tauchte auf, um die Unordnung zu beseitigen. Mit starrem Blick und schweigend traten die Leute von dem zersplitterten Glas zurück. Der faustgroße Stein lag in der Mitte des Bodens.
    Â»Glaubst du, das war ein Unfall?« fragte Thomasine flüsternd.
    Teddys Bruder Colin murmelte leicht außer Atem: »Sehr unwahrscheinlich. Auf der Straße wurden ein paar Männer gesehen. Man hat versucht, sie zu stellen, aber sie sind abgehauen.«
    Â»Das gleiche ist vor einer Woche bei den Montgomerys passiert.« Bobby Monkfield mit seiner Schwester am Arm spähte durch die Tür. »Sie feierten eine Party, und das Fenster wurde eingeschlagen. Sicher irgendein Arbeitsloser.«
    Â»Es ist bloß der Neid«, rief Lavender. »Einfach abscheulich.«
    Â»Neuerdings feiern die Leute nur in den hinteren Räumen. Entsetzlich, nicht wahr, wenn man in seinem eigenen Haus nicht mehr tun kann, was man will.«
    Von plötzlichem Abscheu gepackt, zog sich Thomasine zurück. Sie erinnerte sich noch lebhaft an den Bettler, den Teddy und sie am Nachmittag im Hyde Park gesehen hatten. Exsoldat – Frau und fünf Kinder zu ernähren .
    Mit einem Schlag erschienen ihr das üppige Essen, der viele Champagner, die überladenen Möbel und das überheizte Haus verachtenswert; Ekel überkam sie so stark, daß sie die Party verlassen wollte.
    Nicholas stand an der Eingangstür und wickelte sich mit fahrigen Bewegungen den Schal um den Hals. Sie berührte seinen Arm. »Sollen wir heimgehen?«
    Er schüttelte den Kopf. Seine Augen glänzten fiebrig. »Es ist erst zwei. Ich kann noch nicht heimgehen. Noch genügend Zeit für eine Spazierfahrt.«
    Â»Bitte, Nick. Ich bin müde. Es ist spät.«
    Sie war drauf und dran, ihm gleich hier, in der lärmigen Halle, von dem Baby zu erzählen, von ihrem gemeinsamen Baby, als Simon mit Lally auftauchte.
    Â»Wenn du nicht mitkommen willst«, sagte Simon, »bin ich sicher, daß einer der Seftons überglücklich wäre, dich nach Hause zu bringen.«
    Sie fuhr natürlich mit ihnen. Zusammen mit Lally Blythe auf den Notsitz

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