Die geheimen Jahre
wurde dafür nicht erzogen, Nick.«
»Du könntest Mama bitten, dir zu helfen.«
»Ja, vielleicht.« Sie sagte nichts von ihrem Unmut, daà Gwendoline Blythe sie nicht auf die Pflichten hingewiesen hatte, die sie als Herrin von Drakesden Abbey erwarteten. Daà Gwendoline Blythe sich einfach ins Bett gelegt hatte und es ihrer unerfahrenen, unwissenden Schwiegertochter überlieÃ, sich durchzuwursteln.
Sie sah sich im Arbeitszimmer um. Sie mochte den Raum nicht. Er enthielt zu viele schlechte Erinnerungen.
»Ist dein Vermögensverwalter schon fort?«
»Max? Nein â er bleibt übers Wochenende. Er möchte noch ein biÃchen auf die Jagd gehen. Im Moment ist er bei Mama. Max war immer einer ihrer Lieblinge.«
Der ganze Schreibtisch von Sir William war mit Papieren bedeckt. Viele der Papiere sahen nach Rechnungen aus, fand Thomasine.
»Kann ich dir helfen, Nick? Ich habe Antonias Buchhaltung gemacht. Ich bin ganz gut in solchen Dingen.«
»Oh, nicht nötig.« Nicholas sah vom Schreibtisch auf und lächelte kurz. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, Liebes. Du kümmerst dich ums Personal. Das meiste Zeug hier muà bloà abgelegt werden. Wenn du dafür sorgen könntest, daà dieses Zimmer geputzt wird â es ist wirklich in einem schrecklichen Zustand.« Er sah auf seine Uhr. »Ich muà nach Mama sehen. Ich hab versprochen, einen Blick reinzuwerfen.«
10
DIE MÃGLICHKEITEN, SICH in einem Haus von der GröÃe Drakesden Abbeys zum Narren zu machen, kamen Thomasine unbegrenzt vor. Sie gab Max das falsche Zimmer â Max hat immer das rote Zimmer, meine Liebe. Er ist ein alter Freund der Familie, kein Angestellter â, und auch die Speisenfolge an diesem ersten Tag lieà zu wünschen übrig. Lady Blythe aà oben auf ihrem Zimmer köstliche Comsommés und leichte Omelettes. Unten kämpften sich Nicholas und Max Feltham durch eine entsetzliche Mischung aus Kinderkost und schlecht zubereiteten französischen Gerichten.
Nachdem sie sich eine Woche lang aufs Geratewohl durchgekämpft hatte, fand Thomasine schlieÃlich eine Reihe von Menüvorschlägen im Schreibtisch des Damenzimmers. Nachdem sie sie sorgfältig studiert und sich von Mrs. Blatchs Stärken und Schwächen überzeugt hatte, begann sie langsam zu begreifen, worauf es bei der Zusammenstellung eines Menüs ankam. Man durfte nicht zu ambitioniert sein und muÃte die frischen Zutaten benutzen, die der Küchengarten hergab. Gutes, altmodisches englisches Essen, einfach gekocht. Nicholas hatte keine Verdauungsprobleme mehr, und Thomasine konnte auf den EÃtisch blicken, ohne daà ihr übel wurde.
Einmal die Woche muÃte sie Vorräte an die Dienstboten ausgeben. Die besten Kerzen gab sie dem Küchenpersonal, und die Familie muÃte sich in den Salons und Schlafzimmern mit Haushaltskerzen begnügen. Vom Geruch der billigen Kerzen bekam Lady Blythe Migräne. Nicholas saà am Bett seiner Mutter und betupfte ihre Stirn mit Lavendelwasser, während er sich endgültig dazu entschloÃ, auf Drakesden Abbey elektrisches Licht legen zu lassen. Thomasine schaffte es, den Fehler mit den Kerzen nicht zu wiederholen, aber dann passierte das Unglück mit der Seife. Jedenfalls lag auf den Waschtischen von Nicholasâ pedantischen alten GroÃeltern, die übers Wochenende ihre Gäste waren, braune Salzseife, während die Dienstmädchen verdächtig parfümiert rochen. Als sie das Problem mit der Seife gelöst hatte, kam die Wäschekammer dran, ein wahres Minenfeld für Stilbrüche und Regelwidrigkeiten. Die wichtigsten Gäste muÃten auf kratzigen Baumwollaken schlafen, während das feinste Leinen ungenutzt im hinteren Teil der groÃen Schränke liegenblieb.
Die Schwierigkeit bestand darin, wie sich Thomasine heimlich eingestand, daà sie einfach nicht mit dem Herzen dabei war. Sie sah nicht ein, warum nicht alle die gleiche Seife, die gleichen Kerzen und Laken benutzen sollten, doch als sie dies der Haushälterin vortrug, schlug ihr blanke Entrüstung entgegen. Genausowenig sah sie ein, warum sie zu dritt jeden Tag vier lange, umständliche Mahlzeiten einnehmen sollten. Thomasine konnte während ihrer Schwangerschaft ohnehin nicht groà frühstücken, Lady Blythe hatte nie groÃen Appetit, und Nicholas haÃte das festgelegte Zeremoniell des Nachmittagstees. Doch wenn
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