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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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nicht all diese Rituale strikt befolgt wurden, traf Thomasine nicht nur auf seiten der Haushälterin auf Widerstand, sondern ebenso auf seiten Lady Blythes und Nicholas’. Sie akzeptierte, daß sie ein Neuling war und daß andere weitaus besser wußten, wie ein Haus von diesem Stil geführt werden mußte. Also schaffte sie es die meiste Zeit, ihre Langeweile und ihren Ärger zu bezwingen.
    Sie achtete darauf, sich während der gefährlichen ersten drei Monate der Schwangerschaft nicht zu überanstrengen. Sie ritt nicht aus und ruhte jeden Nachmittag. Nach der zehnten Woche hörte die Übelkeit auf, und sie mußte auch nicht die schrecklich auslaugende Erschöpfung ertragen, die sie während ihrer unheilvollen ersten Schwangerschaft geplagt hatte. Sie schrieb lange Briefe an Hilda und Antonia, machte sich über ihre gesellschaftlichen Fauxpas lustig und bat sie um Rat. Doch keiner ihrer Tanten gestand sie ihre Langeweile und Frustration ein: Langeweile, hatte Hilde häufig gesagt, sei nur ein Zeichen des Mangels an innerer Stärke.
    Fays Bemerkung, Daniel müsse einen besseren Menschen aus sich machen, hatte gesessen. Er schrieb sich für Kurse im Arbeiterbildungsverein von Ely ein, wo er zweimal die Woche mit dem Fahrrad hinfuhr. Er hörte sich Vorträge über den Völkerbund, den Vertrag von Versailles und dessen mögliche Folgen sowie über die Gründe und Abhilfen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise an. Oft sah er auf die Felder hinaus, die an die seinen grenzten, und sehnte sich nach dem Tag, an dem die Blythes wegen der hohen Erbschaftssteuern Geld zusammenkratzen müßten. Das Land, das Daniel wollte, bot sich zum Verkauf geradezu an, da es von den übrigen Feldern der Blythes abgeschnitten war. Sorgfältig legte er jeden Penny beiseite, den er erübrigen konnte.
    Aber es tauchte kein Verkaufsschild auf. Daniel arbeitete einen Teil seiner Frustration ab, indem er das Gelände absteckte, wo er nächsten Sommer das Wohnzimmer für Fay bauen würde. Als er es ihr beschrieb – das gemütliche Zimmer mit einem Tisch, einem Schaukelstuhl und einer Stehlampe –, lächelte sie. In letzter Zeit hatte sie nicht viel gelächelt. Es bedrückte ihn, daß Fay sich noch immer nicht ans Dorfleben gewöhnt hatte. Ohne Begeisterung und sichtbaren Erfolg erledigte sie die Pflichten einer Landfrau. Daniel wußte, daß das Leben hart für sie war, und versuchte, ihr die schwersten Arbeiten abzunehmen. Wenn sie einen Nachmittag im Kino von Ely verbrachten oder wenn Fay neue Kleider kaufen konnte, hellte sich ihre Stimmung auf, und er erkannte die strahlende, sinnliche Fay wieder, die ihn früher verzaubert hatte. Aber freie Nachmittage waren selten, und es gab wenig Geld für Extras. Bücher, das Gefühl der Unabhängigkeit, Stille und Frieden der Landschaft, Dinge, die Daniel liebte, schienen ihr keinen Ersatz zu bieten. Vielleicht sehnte sie sich nach einem Kind, dachte er, aber wenn er davon sprach, sah sie ihn verächtlich an und schüttelte den Kopf.
    Schließlich begann er zu schreiben. Anfänglich war es ein Farmtagebuch, in das er die Daten des Pflanzens und Pflügens eintrug, was ihm vielleicht nützlich sein konnte, um Erfolg und Mißerfolg zu überprüfen. Doch es gesellten sich Beschreibungen hinzu und gelegentlich Erinnerungen und Träume. Zu Beginn ging ihm die Feder nicht leicht übers Papier, aber dann begann er zu merken, daß das Schreiben eine Erleichterung für ihn war, ein notwendiger Ausgleich für seine Stimmungsschwankungen. Schließlich schaffte er es nach vielen Anläufen, einen Artikel für die ansässige Zeitung zu verfassen. Spät eines Nachts las er die letzte Fassung durch, die ihm lebhaft und klar erschien, doch als er sie in der Redaktion in Ely ablieferte, war die anfängliche Sicherheit verflogen, und er kam sich in seinem Vorhaben vermessen vor.
    Teile des Generators, die Nicholas bestellt hatte, begannen mit dem Zug in Ely oder mit Schiffsladungen über den Fluß einzutreffen und wurden die letzten schwierigen Meilen auf Pferdekarren herbeigeschafft. Eine Armee von Elektrikern, Maurern und Zimmerleuten überschwemmte Drakesden Abbey. Das Haus hallte wider vom Lärm der Arbeiten, als Löcher in den alten Putz geschlagen und handbemalte Tapeten abgerissen wurden, um ein kompliziertes Netz von Leitungen durchs Haus zu legen.
    Lady

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