Die geheimen Jahre
doch höchstens im Trab gehen, auÃer man würde eine Kanone hinter ihm abfeuern.«
Thomasine grinste und sah zu ihm auf. Nicholas hatte dunkles Haar, dunkle Augen, und sein Gesicht war wie gemeiÃelt. »Bluebell ist schon eine Transuse«, gab sie zu.
»Sie sollten vielleicht einmal eines der Pferde aus der Abbey probieren, Miss Thorne.«
Thomasine hatte Daniel entdeckt, der vom Haus des Schmieds über den Weg auf sie zurannte.
»Morgen abend?« fügte Nicholas hinzu. »Auf der Wiese beim Wäldchen?«
Ãberrascht sah sie ihn wieder an. Vielleicht langweilte sich Nicholas Blythe auch, dachte sie. Die Aussicht auf neue Gesellschaft und einen Ritt auf einem der hervorragenden Pferde der Abbey war unwiderstehlich. »Das wäre herrlich. Aber Daniel kann doch auch mitkommen, Mr. Blythe?«
Daniel lief langsamer und schlurfte mit den FüÃen, als er näher kam. Ein Stück weit entfernt von ihnen blieb er stehen und neigte fast unmerklich den Kopf vor Nicholas Blythe.
»Natürlich. Also bis dann«, sagte Nicholas zu Thomasine. »Bis morgen.« Er gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon.
»Hast du das Boot bekommen?« fragte Thomasine, als sie und Daniel allein waren.
Zu ihrem Geburtstag hatte Daniel versprochen, Mr. Naylors flachkieliges Boot auszuleihen, damit sie den Fluà weiter erkunden konnten. Daniels Antwort bestand nur aus einem Brummen und Achselzucken. Schweigend marschierte er vor ihr den Weg entlang.
Sie wuÃte, daà er manchmal launisch und reizbar war, und führte das auf seine langen Arbeitsstunden zurück: den fünf Meilen langen Schulweg, die Stunden nach der Schule in der Schmiede. Sie rannte, um ihn einzuholen. SchlieÃlich sagte er: »Ich wuÃte nicht, daà du mit Nicholas Blythe auf so vertrautem Fuà stehst.«
»Das tue ich nicht. Bis zum heutigen Tag hab ich kaum mehr als ein halbes Dutzend Worte mit ihm gewechselt. Er hat sich nur entschuldigt, daà er mich fast über den Haufen geritten hätte.«
SchlieÃlich blieb er stehen, und sie schüttelte ihn leicht am Arm. »Ach, Daniel, sei nicht eingeschnappt. Nicht heute .«
Ihre Blicke trafen sich einen Moment lang, dann griff er in die Tasche und zog etwas heraus.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte er.
Als sie das Seidenpapier aufwickelte, fand sie eine filigrane Brosche in Form eines Schmetterlings darin. »Sie ist nicht neu«, sagte Daniel schnell. »Ich hab sie auf dem Markt in Ely gekauft. Aber sie ist schon in Ordnung, denke ich?«
Es war das erste Mal, daà jemand, der kein Verwandter war, ein Geschenk für sie gekauft hatte. »Sie ist wundervoll, absolut wundervoll, Daniel«, sagte sie und lieà sich die Brosche von ihm an die Bluse stecken.
Nicholas Blythe wartete bereits auf der Wiese, als Thomasine und Daniel am nächsten Abend dort ankamen. Er saà auf dem riesigen schwarzen Hengst, den er am Vortag geritten hatte, und hielt ein weiteres Pferd an einem langen Zügel.
»Ich hab die beiden Rappen mitgebracht«, sagte er. »Der hier heiÃt Nero. Nach dem römischen Kaiser, weiÃt du«, fügte er an Daniel gewandt hinzu.
Daniels Gesicht verfinsterte sich, aber er erwiderte nichts.
»Darf ich Ihnen hinaufhelfen, Miss Thorne? Ich schätze, Sie wollen keinen Damensattel wie Marjie und Mama?«
Thomasine schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Und nennen Sie mich Thomasine, nicht Miss Thorne.«
Von Neros hohem Rücken aus ergab sich ein neuer und aufregender Blick auf Drakesden. Die Wiese schmiegte sich an den niedrigsten Hang der Insel, auf der Drakesden Abbey erbaut war. Es war natürlich keine richtige Insel, nur ein niedriger Hügel aus vergleichsweise festem Grund in diesem Meer aus schwarzem Torf, aus dem die Fens zum gröÃten Teil bestanden. Zwischen der Wiese und den Mauern, die Drakesden Abbey umgaben, befand sich ein Wäldchen, eine der wenigen bewaldeten Stellen in einer Landschaft, in der es wegen der strengen Winter kaum Bäume gab.
Thomasine trabte mit Nero an der Umzäunung der Wiese entlang, dann lieà sie ihn in Galopp fallen. Das Tempo war belebend. Die Bäume und die Blumenteppiche entlang der Wiese verschwammen ineinander. Als sie den Hengst schlieÃlich zum Stehen brachte, lachte sie.
»Das war herrlich!«
»Du warst herrlich.« Nicholas streckte die Hand aus, um Thomasine aus dem
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