Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
ob dieser unwillkommenenUnterbrechung nur mit größter Mühe ein Lächeln ab. Ich hatte das Klavierspiel bereits als kleines Mädchen geliebt und spielte noch immer sehr gern. In den vergangenen zwei Jahren hatte ich ein Instrument gemietet, um nicht aus der Übung zu kommen. Doch ich musizierte viel lieber nur für mich und meine Familie als öffentlich. »Ich versichere Ihnen, ich habe dafür nur wenig Begabung.«
»Das habe ich aber ganz anders in Erinnerung! Sie haben uns alle so wunderbar unterhalten, als Sie das letzte Mal hier waren. Kommen Sie, spielen Sie für uns.«
»Wenn Sie uns das Vergnügen machen würden, einige Melodien zu spielen, Miss Austen«, sagte Mr. Ashford, »dann wäre es mir eine Ehre, Ihnen umzublättern, wenn das hilfreich ist.«
»Das wäre es, vielen Dank.« Ich war sehr erfreut über sein Angebot, das uns (wie wir beide uns wortlos mit einem Lächeln eingestanden) nicht nur erlaubte, unserer Gastgeberin gefällig zu sein, sondern uns auch die Gelegenheit schenkte, unser Gespräch fortzusetzen.
Ich ließ mich am Klavier nieder, fand Noten, die ich kannte, und begann zu spielen.
»Ich stelle fest, Sie sind sehr bescheiden, Miss Austen«, sagte Mr. Ashford, als er sich neben mir niederließ. »Sie spielen sehr gut.«
»Sie sind zu freundlich.« Ich muss zugeben, dass seine Nähe mein Herz zu kleinen Freudensprüngen anregte. Ich musste all meine Kräfte zusammennehmen, um mich auf die Noten zu konzentrieren. »Ich wäre sehr dankbar, Sir, wenn Sie mir erzählen würden, was der Grund für Ihren plötzlichen Aufbruch aus Lyme war, falls Sie mir dies noch mitzuteilen wünschen.«
»Das wünsche ich«, erwiderte er. »An jenem Morgen,lange vor der Zeit, zu der wir uns alle treffen wollten, weckte mich der Gastwirt aus dem Schlaf. Ein Brief von einiger Dringlichkeit war für mich angekommen. Der Bote war mehrere Tage damit unterwegs gewesen und ganze Nächte hindurch geritten. Er überbrachte mir die Botschaft, dass mein Vater erkrankt war. Ich brach eiligst auf, da keine Zeit zu verlieren war. Es schien um Leben oder Tod zu gehen.«
»Das tut mir außerordentlich leid. Hat er sich wieder erholt?«
»Ja, er ist vollkommen wiederhergestellt, danke der Nachfrage. Während seiner Krankheit bestand er darauf, dass ich in jedem seiner wachen Augenblicke an seinem Bett saß. Da er um sein Leben fürchtete, sagte er, er wolle mich zum ersten Mal mit gewissen Angelegenheiten unseres Familienbesitzes bekannt machen, die er bis dahin sorgsam vor mir verborgen gehalten hatte. Zu meiner Bestürzung entdeckte ich, nachdem ich mich näher mit den Dingen beschäftigt hatte, die er mir erklärte, unzählige Probleme. Ich brauchte sehr viel Zeit, um alles wieder in Ordnung zu bringen.«
»Und ist es Ihnen gelungen?«
»Ich hoffe es. Ich erzähle Ihnen all dies, um Ihnen meine ständigen Sorgen in den Tagen und Wochen nach meiner Abreise aus Lyme zu erklären. Als ich schließlich wieder die Muße und den freien Kopf hatte, um Ihnen zu schreiben, war so viel Zeit verstrichen, dass ich mir dabei ein wenig töricht vorgekommen wäre, selbst angenommen, ich hätte Ihre Adresse herausgefunden.«
»Ich verstehe das vollkommen. Ich bin entzückt, dass Sie das Gefühl haben, sich mir anvertrauen zu können.«
»Ich habe so lange gehofft, eine Gelegenheit zu diesemGespräch zu finden«, sagte er, während er mir umblätterte. »Es ist wirklich wunderbar, dass wir uns wieder begegnet sind.«
»Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein, denn schon bald verlassen wir Southampton auf immer.«
»Tatsächlich? Wohin gehen Sie?«
Ich erzählte ihm von unserem bevorstehenden Umzug nach Chawton Cottage und beantwortete seine vielen Fragen zu diesem Thema.
»Nun«, sagte er schließlich, »fühle ich mich sehr vom Glück begünstigt, dass mich meine Geschäfte genau jetzt nach Portsmouth und dann hierher geführt haben. Ich hatte eigentlich allein reisen wollen, als Charles seine Absicht kundtat, seine in der Nähe lebende Tante für vierzehn Tage zu besuchen. Ich erinnerte mich daran, dass Sie damals erwähnt hatten, sie wohnten in Southampton, und dass sie es als eine sehr angenehme Stadt beschrieben hatten. Plötzlich ergriff mich ein heftiges Verlangen danach, diesen Ort selbst kennenzulernen.«
»Und was halten Sie von unserer Stadt, Mr. Ashford? Ich hoffe, dass Sie Ihren Besuch genießen und dass ich Sie mit meiner Beschreibung nicht in die Irre geführt habe.«
»Ich weiß es kaum. Ich bin erst heute
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