Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
sie sein mag«, antwortete ich, denn ich war wild entschlossen, jeden Augenblick unseres bevorstehenden Erlebnisses zu genießen.
Als Maria von dem vorgeschlagenen Ausflug hörte, hatte sie zunächst darauf bestanden, sich uns nicht anschließen zu wollen, weil sie sicher war, dass es schlechtes Wetter geben würde. Doch als Mr. Ashford am nächsten Morgen um zehn Uhr hoch zu Ross und in bester Laune am Castle Square eintraf, rollte hinter ihm seine Kutsche – eine elegante, schwarze Equipage, die zu beiden Seiten mit dem Familienwappen in Gold verziert war –, und wir waren beide höchst erfreut, sowohl Mr. Churchill als auch Maria darin vorzufinden.
»Ich mache mich darauf gefasst, bis auf die Haut durchnässt zu werden und völlig erschöpft und verängstigt zurückzukehren«, sagte Maria, als wir uns für die kurze Fahrt zum Kai dem Ehepaar gegenüber niederließen, »aber wenn es euch alle glücklich macht, bin ich fest entschlossen, die größten Strapazen auf mich zu nehmen.«
Die Stadt Southampton liegt an einer sehr hübschen Bucht, die den Namen Southampton Water trägt. Zwei zwei Flüsse, der Test und der Itchen münden hier, und die Bucht ähnelt einem Meeresarm, da sie einige Meilen weiter bei Portsmouth bereits den Gezeiten unterliegt. Der Kai von Southampton bot, als wir dort eintrafen, ein Bild emsiger Geschäftigkeit. Überall lagen Frachtkähne, Fischerboote und Segelschiffe aller Größe und Art vor Anker, zahllose Kisten mit Austern und prall gefüllte Fischernetze wurden an Land geholt. Nachdem wir Mr. Ashfords Kutscher und einem Postjungen die Obhut über Wagen und Pferde übertragen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Dock. Mir stieg sogleich der angenehme Geruch der Salzluft in die Nase, in den sich noch das starke Aroma von Fisch, Tang und Hanfseilen mischte. In meinen Ohren gellten die kreischenden Schreie der Möwen, die über uns ihre Kreise zogen, begleitet von den stampfenden Schritten der Matrosen, die hin und her eilten und ihre Fässer und Kisten von den in der Nähe vor Anker liegenden Schiffen an Land brachten. In all das Getöse mischte sich das Schwatzen der Frauen, die in Gruppen zusammensaßen, Netze flickten und den Zuschauern etwas zuriefen, das Geschrei der Bauersfrauen und Küchenmägde, die Fisch kaufen wollten, und die Rufe der Fischhändler, die miteinander um Kundinnen wetteiferten.
Mr. Ashford hatte ein großes Boot gemietet. Ein grimmig dreinblickender Seemann, der sich uns als Mr. Grady vorstellte, sollte uns rudern. In fröhlicher Stimmung sprang Mr. Ashford ins Boot, verstaute die mitgebrachtenPicknickkörbe, wandte sich dann um und streckte uns seine Hand entgegen, um uns an Bord zu helfen. Ich raffte mit der einen Hand meine Röcke und ergriff mit der anderen seine Hand, verspürte dabei großes Vergnügen an seinem festen Griff und der Wärme seiner Berührung, die ich sogar durch das weiche Leder meiner Handschuhe hindurch spüren konnte.
Ich setzte mich neben meine Schwester auf eine Bank, und als wir alle Platz genommen hatten, Mr. Ashford achtern, die Churchills am Bug, Mr. Grady an den Rudern, da bewegten wir uns dank der kräftigen Ruderschläge dieses Seebären auch schon von den Menschenmengen und dem Lärm des Docks weg und hinaus auf die Meereswogen.
»Ich könnte mir keinen vollkommeneren Tag vorstellen und auch kein besseres Wetter für unseren Ausflug«, meinte ich, atmete in tiefen Zügen die frische Seeluft ein und wandte mein Gesicht in die Brise, die wesentlich milder als erwartet war. Hinter uns tat sich ein wunderbarer Blick auf Southampton auf, das unter einem strahlend blauen Himmel mit bauschigen Wolken dalag.
»Es ist herrlich«, stimmte mir Cassandra zu.
»Die Brise ist zu stark«, beschwerte sich Maria mit einem Schaudern, »und die Luft zu kühl. Ich werde mir sicher den Tod holen von dieser Kälte. Ich fürchte, morgen um diese Zeit werdet ihr mir alle heiße Suppe an mein Krankenlager bringen.«
»Wenn du dir den Tod holst«, erwiderte Mr. Churchill gelassen, »dann brauchen wir dir keine Suppe mehr zu bringen.«
»Ich glaube, dass einem die frische Seeluft immer gut tut«, bemerkte Mr. Ashford. »Was meinen Sie, Mr. Grady? Ist Salzluft nicht besonders gesundheitsförderlich?«
»Aber ja doch«, erwiderte Mr. Grady, während er das Boot geschickt über die Mündung des Itchen und auf die offene Bucht lenkte. »Ein Monat am Meer, der heilt mehr Krankheiten als jede Menge Arzneien, das ist eine erwiesene
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