Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
Hauptschuld daran tragen Sie, Mr. Ashford.« Er schaute bestürzt, bis ich ihm erklärte, dass seine gestrigen Worte mich so inspiriert und ermutigt hatten, dass ich die ganze Nacht hindurch geschrieben hatte.
»Ich muss gestehen, dass ich selbst auch nicht eben gut geschlafen habe«, sagte er. »Ich machte mir Gedanken, dass meine Worte Sie vielleicht beleidigt haben könnten, doch nun haben Sie mein Herz in diesem Punkte beruhigt. Ich bin begeistert, dass Sie wieder arbeiten.«
Ich erzählte ihm einige Einzelheiten über den Roman und erklärte mich auf seine Bitte hin einverstanden, ihn das Werk lesen zu lassen, sobald ich es für fertig erachtete. Dann bestand er darauf, dass ich mich ausruhte, und verabschiedete sich, nicht ohne sich zuvor versichert zu haben, dass sein Besuch am nächsten Tag willkommen wäre.
Mr. Ashford überzeugte die Churchills davon, ihren Aufenthalt in Southampton auf drei Wochen auszudehnen. Während dieser Zeit beharrte Cassandra darauf, dass ich mich ganz dem Schreiben widmen und so viel Zeit wie möglich mit meinem neuen Freund verbringen sollte. Währenddessen übernahm sie zusammen mit unserer Magd die Aufgabe, unsere Habseligkeiten bis auf die wenigenDinge, die wir zum Leben brauchten, für den Umzug zu packen.
Die nächsten Wochen waren für mich ein einziger glücklicher Wirbel. Morgens schrieb ich. Am Nachmittag kam Mr. Ashford zu Besuch.
Da unser Umzug bevorstand, wurden wir noch einmal mit Einladungen von verschiedenen Nachbarn bedacht, die meine Schwester und ich jedoch alle ablehnten. Wir besuchten keine Dinnergesellschaften mehr, auch keinen Ball im Dolphin Inn, sondern blieben lieber für uns. An warmen Nachmittagen saßen wir im Garten oder machten Spaziergänge auf der alten Stadtmauer, die ihn begrenzte, und bewunderten die Aussicht über den Fluss und das Wasser der West Bay. Dabei redeten wir viel miteinander, und Mr. Ashford und ich entdeckten, dass wir ähnliche Ansichten zu vielen Themen hatten. Oder wir führten lebhafte Debatten über Themen, bei denen wir nicht einer Meinung waren. An einem schönen Tag unternahmen Mr. Ashford, Cassandra und ich eine herrliche Ausfahrt in den New Forest. Wenn es regnete, saßen wir am Feuer im Wohnzimmer, und ich las ihm und meiner Schwester die Seiten vor, die ich gerade geschrieben hatte, und gab mir größte Mühe, meine Stimme für die verschiedenen Figuren so anzupassen, dass der Text eine möglichst komische Wirkung erzielte.
Mr. Ashford erklärte sich sofort zum begeisterten Bewunderer meiner Geschichten und meiner Arbeit. Sowohl er als auch Cassandra schienen sehr erpicht darauf zu sein, mich lesen zu hören, selbst wenn ich inzwischen nur ein, zwei Seiten fertig geschrieben hatte.
»Ihr Buch ist zauberhaft und witzig und romantisch«, meinte Mr. Ashford eines Nachmittags enthusiastisch, alswir außerhalb der Stadtmauern durch ein Küstenwäldchen spazierten. »Und, wenn ich so verwegen sein darf, Sie haben es in einem völlig neuen Stil verfasst. Diese Arbeit hat fast eine lyrische Qualität, etwas, das ich nicht fassen, nicht in Worten ausdrücken kann. Nie zuvor habe ich etwas Ähnliches gelesen.«
»So einzigartig ist es doch gewiss nicht«, antwortete ich bescheiden. »Es ist nur eine Geschichte von zwei Schwestern, die die Welt mit sehr verschiedenen Augen sehen.«
»Es ist mehr als nur eine Geschichte«, beharrte er. »Obwohl ich bisher nur einen sehr kleinen Teil gehört habe, scheint es mir auch eine Debatte zu sein, ein glänzend ausgedachter Diskurs darüber, wie viel Gefühl man mit Recht und Billigkeit verspüren und zeigen darf.«
»Ja!«, erwiderte ich aufgeregt. »Genau das habe ich mit diesem Buch schon immer beabsichtigt! Leider ist es mir in den ersten Fassungen nicht gelungen, dies auch angemessen zum Ausdruck zu bringen. Ich bin entzückt, dass ich das jetzt wohl vermitteln konnte.«
»Die Personen in Ihrem Buch, ich meine, sie zu kennen. Es ist, als hätte ich mein ganzen Leben mit ihnen verbracht. Kapitel zwei ist außergewöhnlich. Ich finde, es enthält so kunstvolle Dialoge, wie sie kaum je geschrieben wurden.«
»Sie sind zu freundlich«, sagte ich und errötete über sein Lob.
»Ich bin nicht freundlich. Ich sage lediglich die Wahrheit. Ihre Arbeit wird, ja sie muss veröffentlicht werden. Sie brauchen nur dieses Buch zu vollenden und bei einem Verlag einzureichen. Da bin ich ganz sicher.« Er wandte sich mir mit einem zögerlichen Blick zu. »Obwohl …«
»Obwohl?« Ich
Weitere Kostenlose Bücher