Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
umzusetzen – von einer so schlichten Maßnahme wie dem Einbau von Regalbrettern in einen Schlafzimmerschrank bis zu einer komplexen Tätigkeit wie der Planung und Anpflanzung eines Rosenbeets –, all diese Tätigkeiten erfordern eine lebhafte Phantasie und eine leidenschaftliche Hingabe an ihre Ausführung. Eigenschaften, die ich, so schmeichle ich mir, das große Glück habe zu besitzen, und die ich bei anderen mit größter Hochachtung wahrnehme.«
Ich mühte mich, eine vernünftige Antwort zu geben, aber der Gedanke an Mr. Morton, der mit einem an Leidenschaft grenzenden Gefühl Schrankbretter entwarf und einbaute, belustigte mich so sehr, dass ich all mein Augenmerk darauf richten musste, nicht laut loszulachen. Wir näherten uns nun einer Holzbank im Schatten einer hohen Ulme, und er sagte: »Bitte erweisen Sie mir die Ehre, einen Augenblick lang mit mir hier Platz zu nehmen, Miss Austen.«
Ich setzte mich. Er wuchtete seinen schweren Körper neben mir auf den Sitz und atmete in tiefen Zügen die Düfte des Gartens ein. »Ist dies nicht ein köstliches Fleckchen Erde?«
»Das ist es wirklich, Sir. Es ist sehr schön. Sie haben allen Grund, stolz darauf zu sein.«
»Sie würden es also nicht unangenehm finden, hier mehr Zeit zu verbringen?«
»Nun, gewiss nicht. Ich bin gern an der frischen Luft. Ich hätte nichts dagegen, während unseres Aufenthaltes hier jeden Morgen ein, zwei Stunden durch Ihren Garten zu spazieren.«
»Wären Sie genauso glücklich darüber, wenn Sie Ihren Aufenthalt verlängern würden?«
»Den Aufenthalt verlängern?«, erwiderte ich verwundert. »Das wäre sicher angenehm, aber meine Freunde und ich müssen in wenigen Tagen nach Hause zurückkehren.«
»Müssen Sie das wirklich, Miss Austen?«
»Ja, sicherlich. Meine Mutter und meine Schwester erwarten meine Rückkehr. Wir werden schon bald in ein neues Haus umziehen.«
»Ich verstehe.« Mr. Morton wandte sich zu mir um, und seine Gesichtszüge waren lebhafter, als ich sie je gesehen hatte. »Ich will Ihre und meine Zeit nicht länger mit belanglosem Geplauder verschwenden, Miss Austen, sondern gleich zur Sache kommen. Ich glaube, kurz nach Ihrer Ankunft erwähnt zu haben, dass ich bis vor kurzem nicht das Einkommen hatte, um eine Ehefrau zu unterhalten, dass sich aber inzwischen meine Umstände erheblich verbessert haben. Ich bin nun in der Lage und willens, zu heiraten, und ich habe Sie, Miss Austen, auserkoren, die Rolle meiner zukünftigen Lebensgefährtin zu übernehmen.«
Ich war so verdattert, dass ich nur ein gestammeltes »Mr. Morton« herausbrachte, ehe ein neuer Wortschwall seinerseits mir jede Gelegenheit zu einer Antwort nahm.
»Ich bemerke Ihre Überraschung und Sorge, aber ichbitte Sie, sich nicht zu quälen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ein solcher Antrag für eine Frau in Ihrer Lage kein alltägliches Vorkommnis ist. Doch die Tatsache, dass Sie nicht mehr in der Blüte Ihrer Jugend stehen und kein Vermögen Ihr eigen nennen, ist für mich nicht von Bedeutung. Ich glaube, dass Ihr Wert in anderen Dingen liegt. Vom ersten Augenblick an, da ich Sie sah, erkannte ich all die Wesenszüge einer aktiven, intelligenten und nützlichen Person, die nicht zu nobel erzogen ist, die mit einem kleinen Einkommen bestens wirtschaften kann, kurz gesagt, die ideale Frau, um die Gattin eines Pfarrers zu werden.«
»Mr. Morton, ich bitte Sie …« hob ich an, aber er fuhr unbeirrt fort.
»Ich schmeichle mir, dass ich einer Frau vieles zu bieten habe: ein behagliches Zuhause und ein Einkommen und, wie Sie selbst gesehen haben, einen wunderschönen Garten; und das alles nur zwei Meilen vom Anwesen der hochgeschätzten Lady Delacroix entfernt, die meine Wahl bestimmt gutheißen wird, dessen bin ich mir gewiss. Ganz zu schweigen von der Geselligkeit, die wir sicherlich genießen werden, da Sie doch mit den beiden großen Familien in Derbyshire bekannt sind, von denen ich bereits gesprochen habe. Nun bleibt mir nur noch, Sie meiner leidenschaftlichsten Gefühle zu versichern. Darf ich sagen, wie glühend ich Sie liebe und bewundere! Sagen Sie Ja, Miss Austen, machen Sie mich zum glücklichsten aller Männer?«
Kapitel 20
»Das war dann – endlich! – der Abschluss seiner Rede?«, erkundigte sich Cassandra und versuchte ein Lachen zu unterdrücken. Wir saßen zusammen auf der Gartenbank vor Franks und Marys Häuschen in Alton. »Machen Sie mich zum glücklichsten aller Männer?«
Ich war erst eine halbe Stunde zuvor
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