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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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hätte. Dann machte er sich daran, die Vorzüge und Nachteile des Manuskripts so höflich, so einfühlsam, in einem so vernünftigen Geist und mit einem so aufgeklärten Urteilsvermögen zu erklären, dass diese Ablehnung mich mehr aufmunterte als eine abgeschmackte Zusage es vermocht hätte. Er fügte hinzu, dass ein Werk in drei Bänden aus meiner Feder seiner höchsten Aufmerksamkeit sicher sein könnte.
    Ich las den Brief viermal mit zitternden Fingern durch.
    In heller Aufregung schrieb ich an Smith & Elder zurück und erklärte ihnen, ich hätte tatsächlich ein brandneues »Werk in drei Bänden«, das in den nächsten Tagen zur Einsendung bereit sein würde und bei dem ich mich bemüht hätte, lebhaftere Belange einzuflechten als im vorhergehenden Roman.
    Ich schrieb in Windeseile. Ende August schickte ich das vollendete Manuskript von
Jane Eyre
an ihn nach Cornhill – und harrte nun der Antwort. Ich musste nicht lange warten, obwohl mir damals diese zwei Wochen wie die längsten meines Lebens vorkamen.
    Jeden Tag spähte ich wie ein Habicht aus dem Esszimmerfenster und hielt nach dem Postboten Ausschau. Da Tabby nun zu taub und lahm war, um mehr als nur die einfachsten Aufgaben in der Küche zu verrichten, war es eine ihrer wenigen und kostbarsten Freuden im Leben, unsere Post entgegenzunehmen und zu sortieren. Dieses Vergnügens wollte ich sie nicht berauben. Also stand ich mit angehaltenem Atem dort, lauschte darauf, wie sie mit zögernden Schritten von der Eingangstür zu Papas Studierzimmer ging, und hoffte, sie würde dann ins Esszimmer zurückkehren und mir ein an mich gerichtetes Schreiben überbringen.
    Als es endlich kam – als Tabby mir den Umschlag reichte, der von Smith & Elder an Mr. Currer Bell zu Händen von Miss Brontë, Haworth adressiert war, blieb mir beinahe das Herz stehen.
    »Was ist denn los, Miss?«, rief Tabby besorgt. »Von wem ist der Brief? Nun, du bist ja so blass wie ein Gespenst!«
    »Es ist nichts«, antwortete ich rasch (aber recht laut, damit sie mich auch hörte). Tabbys Augen waren inzwischen so schlecht geworden, dass sie gerade noch den Adressaten entziffern konnte, aber jeglicher Versuch, den Absender zu lesen,scheitern musste. »Es ist nur die Antwort auf eine Anfrage, die ich gemacht habe. Ich lese sie oben.« Dann eilte ich in mein Zimmer, wo ich den Umschlag aufriss und mit pochendem Herzen rasch das darin enthaltene Schreiben überflog.
     
    Sehr geehrter Herr,
    wir bestätigen den Erhalt Ihres exzellenten Manuskriptes
Jane Eyre
. Wir möchten Ihnen unser Interesse daran mitteilen, es zu veröffentlichen, und Ihnen das Angebot unterbreiten, Ihnen für die Rechte die Summe von 100 Pfund zu zahlen …
     
    Ich stieß einen erregten Schrei aus. Oh, es war zu schön, um wahr zu sein!
    Plötzlich wurde die Tür mit heftiger Gewalt aufgestoßen und Emily stürzte ins Zimmer. »Was ist los? Was ist passiert?« Mit einem Blick auf den Brief in meiner Hand und das Glück, das mir ins Gesicht geschrieben stand, erfasste Emily sofort, was in dem Schreiben stehen musste. »Sie wollen dein Buch?«
    »Sie bezahlen mir sogar etwas für die Veröffentlichung! Hundert Pfund!«
    Emily – die gewöhnlich so gesetzt, so gelassen und so nüchtern war, ganz gleich, ob ihr im Leben Krisen oder Anlässe zum Feiern begegneten – stieß einen wilden Schrei aus und warf die Arme um mich. Kaum einen Augenblick später stürmte Anne mit schreckensweit geöffneten Augen herein, doch ihre Miene änderte sich sofort, als sie die Neuigkeit erfuhr. »Charlotte! Das ist ja wirklich wunderbar!«
    »Hundert Pfund!«, rief Emily.
    »Eigenes Geld zu verdienen – das ist alles, worauf ich gehofft hatte. Und schaut nur!«, rief ich und zeigte ihnen den Brief. »Sie bitten um eine Option auf meine nächsten zweiBücher, für die ich wieder jeweils hundert Pfund erhalten soll.« 2
    Wir brachen in einen solchen Jubel aus, dass Martha besorgt den Kopf zur Tür hereinstreckte und sogar Branwell in benommener Verwirrung aus seinem Zimmer gestolpert kam, weil er befürchtete, dass wieder irgendetwas im Haus in Brand geraten war. Wir mussten einfach unsere Hauben nehmen und so schnell wie möglich aufs Moor hinauslaufen, wo wir uns mehrere Stunden lang wie alberne Schulmädchen aufführten, hin und her rannten, in die Luft sprangen, einander in die Arme fielen und dabei in solches Gelächter ausbrachen, dass jeder, der uns so gesehen hätte, zu der Meinung gekommen wäre, wir seien völlig verrückt

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