Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë
miteinander genießen, dazu gute Gesundheit und Wohlstand; und mögt ihr bei all eurem Kommen und Gehen von allen, die ihr auf eurem Weg trefft, stets freundlich willkommen geheißen werden.«
»Hört, hört!«, riefen alle Versammelten.
Danach erhob sich Ellen und wünschte uns viel Glück. »Ich möchte meinen eigenen irischen Trinkspruch ausbringen. Mögt ihr beide lernen, einander für eure Stärken zu lieben und zu schätzen und einander eure Schwächen zu verzeihen, und mögt ihr leben, solange ihr wollt, und möge es euch nie an etwas fehlen, solange ihr lebt.«
Alle applaudierten. Nun stand Miss Wooler auf und erhob ihr Glas. »Um im gleichen Sinne mit den Worten der Iren fortzufahren: Mögen die Freuden des Heute auch die des Morgen sein, und möge euer Zorn stets mit der Sonne untergehen und nicht wieder mit ihr aufgehen.«
Mr. Sowden kam als Nächster an die Reihe: »Mögen eure Sorgen weniger sein und eure Segnungen mehr und nichts als Glück durch eure Türe treten.«
Ich dachte, nun hätten die Trinksprüche ein Ende gefunden, als Papa sich mit einem Funkeln in den Augen erhob und sagte: »Wenn es um irische Segenssprüche geht, so kann ich euch großartige Leute allemal leicht übertreffen. Ich werde mich jedoch nur auf mein Lieblingszitat beschränken. Meiner liebsten Tochter und ihrem Bräutigam, meinem Freund und geschätzten Kollegen Arthur Bell Nicholls möchte ich Folgendes sagen:
»Mögen eure Morgen euch Freude bringen und eure Abende den Frieden.
Mögen eure Sorgen schwinden und eure Segnungen reichlich beschieden.
Euer Leben soll etwas Besonderes sein, denn Gott hat euch vieles geschenkt nach Seinem Willen.
Möge Sein Segen ruhen auf euch und all eure künftigen Tage erfüllen.«
Nun erhob sich rings um den Tisch herzlicher Jubel, und es wurde laut in die Hände geklatscht. Arthur stand auf. »Ich danke euch allen für eure guten Wünsche, die meinen Landsleuten zu höchster Ehre gereichen.« Seine Augen strahlten vor Zuneigung, als er zu mir herabschaute und mit erhobenem Glas sagte: »Auf meine liebe Charlotte: Du hast mich zum glücklichsten Mann auf Erden werden lassen. Ich gelobe, dir mein Leben zu widmen, damit du so glücklich wirst, wie du mich heute gemacht hast.«
Ich stand gleichfalls auf und erwiderte, wie froh ich wäre, seine Frau zu sein, und welcher Segen es für uns sei, so gute und liebe Freunde zu haben. Nach all dem Trinken und dem Applaus, die nun folgten, verkündete Arthur, wir müssten uns jetzt auf den Weg machen, da wir einen bestimmten Zug erreichen wollten. Ellen und ich eilten nach oben, wo sie mir in mein Kleid für die Hochzeitsreise half: ein langärmliges Kleid aus malvenfarbener Seide mit einem schmalen eingewebten Streifen, das nach meinem eigenen Entwurf ganz schlicht mit tailliertem Oberteil und einem weiten Rock geschnitten war.
Schließlich wurden unsere Koffer auf die wartende Kutsche geladen, und unter vielen Umarmungen und Küssen und guten Wünschen verabschiedeten wir uns von unseren Hochzeitsgästen und stiegen ein. Und dann rollte das Gefährt zum Bahnhof von Keighley.
Ich lehnte mich auf meinem Sitz zurück, und mein frisch angetrauter Ehemann suchte meine Hand mit der seinen. Als ich zu ihm aufblickte, sah ich, dass Tränen in seine Augen gestiegen waren.
»Arthur, was ist? Was ist geschehen?«
Die Worte stockten ihm in der Kehle. Er wischte sich über die Augen und sagte nach einigem Bemühen: »Nichts, ich bin nur glücklich. Glücklich, weil du hier neben mir sitzt. Glücklich, weil es Gott gefallen hat, meine Gebete zu erhören. Glücklich, weil wir endlich als Mann und Frau vereint sind.« Er drückte mir zärtlich die Hand, und seine Augen flossen über vor Gefühl. »Ich liebe dich.«
Ich wollte ebenso antworten – auch diese drei Worte aussprechen, von denen ich wusste, dass es ihn so sehr danach verlangte, sie von mir zu hören. Aber irgendwie wollten sie mir nicht über die Lippen kommen. »Arthur«, hob ich an, doch er legte mir den Finger an die Lippen.
»Schsch. Ich weiß sehr gut, wie die Dinge zwischen uns stehen, Charlotte. Aber ich weiß auch, dass dies erst der Anfang unseres gemeinsamen Lebens ist. Es ist mir genug, dass du hier bei mir bist.«
Wir reisten mit dem Zug nach Wales, ein Land, das mir völlig unbekannt war. Arthur deutete mit jungenhafter Begeisterung vom Zugfenster aus auf viele interessante Wahrzeichen entlang der Strecke, an denen er schon so häufig auf dem Weg nach Irland und zurück
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