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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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Samtvorhänge, die herrlichen alten Möbel und die massive Eichentreppe, die sich zu den Galerien im oberen Geschoss emporschwang.
    Besonders elegant war der Salon, dessen Decke mit schneeweißem Stuck verziert war, welcher Weintrauben und Blätter darstellte. Auf den Marmorböden lagen weiße Teppiche, auf denen sich leuchtend bunte Blumengirlanden rankten. Indiesem Raum empfing uns die höchst imposante Mrs. Mary Eyre, eine weißhaarige Witwe, die prächtig in schwarze Seide gekleidet war, im Kreise ihrer unverheirateten Töchter. Sie bewirtete uns mit Tee und Kuchen. Wir hatten auf mit rotem Samt bespannten Sofas und Ottomanen Platz genommen, und aus einer Reihe hoher Spiegel zwischen den Fenstern, die den ohnehin großen Raum noch einmal doppelt so weitläufig erscheinen ließen, blickte uns unser Ebenbild entgegen.
    »Wir Eyres sind eine sehr alte Familie«, erklärte uns Mrs. Eyre. »In der Michaelskirche finden Sie Messingschilder an den Grabstätten der vielen Eyres, die bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurückreichen. Einige Möbelstücke in diesem Haus sind auch so alt.«
    Mich beeindruckte besonders ein großer schwarzer Schrank, auf den die Köpfe der zwölf Apostel gemalt waren. Als ich mich danach erkundigte, sagte Mrs. Eyre voller Stolz: »Wir nennen ihn den Apostelschrank. Er ist schon fast vierhundert Jahre im Besitz unserer Familie.« 2
    Nach dem Tee führte uns Mrs. Eyres Sohn George, ein Bursche mit lockigem Haar, der vielleicht neunzehn Jahre alt sein mochte, durch das Haus. Zu Ende des Rundgangs stiegen wir eine schmale Treppe empor zu den Zinnen des Hauses, von wo wir einen weiten Blick über die fernen Berge und Täler hatten. Ich war von dieser Aussicht so entzückt, dass man mich erst nach einiger Zeit überreden konnte, wieder hinunterzugehen. Auf dem Rückweg fiel mir eine schwere Holztür auf, von der mir unser Begleiter erklärte, sie führe zu Dienstbotenzimmern im obersten Geschoss. »Es heißt, dass einstdie erste Herrin von North Lees Hall, eine gewisse Agnes Ashurst, dort oben in eine innen ausgepolsterte Zelle eingesperrt war.«
    »Warum war sie eingesperrt?«, fragte ich.
    »Weil sie den Verstand verloren hatte. Man sagt, sie sei dann bei einem Brand ums Leben gekommen.«
    »Bei einem Brand?«, wiederholte ich außerordentlich interessiert. »Hatte sie das Feuer selbst gelegt?«
    »Das weiß niemand, denn es ist schon so lange her. Aber man erzählt, dass ihr Ehemann den Flammen entkam. Ein großer Teil des Hauses verbrannte damals und musste neu aufgebaut werden.«
    »Was für eine furchtbare Geschichte«, sagte Ellen mit einem Schaudern.
    Was für eine
phantastische
Geschichte, dachte ich. Es war nicht das erste Mal, dass ich eine Geschichte über Wahnsinnige gehört hatte, die man im Dachgeschoss eines Hauses eingesperrt hatte. In Yorkshire war dies keine Seltenheit, denn, ehrlich gesagt, welche andere Möglichkeit hatte eine Familie, wenn einer ihrer Lieben Opfer einer unheilbaren Geisteskrankheit wurde?
    In der Roe Head School ging ebenfalls eine Legende über eine Bewohnerin des leerstehenden Dachgeschosses um. In diesem Fall war das Gespenst die erste Frau des Landbesitzers, der das Haus hatte erbauen lassen, die sich auf tragische Weise in der Hochzeitsnacht bei einem Sturz auf der Treppe das Genick gebrochen hatte. Meine Mitschülerinnen und ich, wir hatten damals manchen Abend damit verbracht, uns Geschichten über das geheimnisvolle Gespenst von Roe Head zuzuflüstern, dessen Seidengewänder man spät nachts auf dem Boden des Dachgeschosses rascheln hören konnte.
    Der Legende nach hatte der Vorbesitzer von Roe Head,ein alter Herr von allgemein heiterem Temperament, eines Tages ein durchdringendes, schrilles Lachen gehört und dann den Geist der Verblichenen über der Galerie im ersten Stock schweben sehen. Dies hatte ihn zu Tode erschreckt, sodass er unverzüglich das Haus verließ und gelobte, es niemals wieder zu betreten. Dann kaufte Miss Wooler das Haus. Obwohl ich selbst in Roe Head nie irgendwelche Anzeichen eines Gespenstes bemerkt hatte, war mir diese Geschichte doch nicht aus dem Kopf gegangen. Und angesichts der unheimlichen Kulisse des uralten Herrenhauses North Lees Hall beflügelte die Geschichte von dem schrecklichen Brand meine Phantasie ganz besonders.
    Eines Tages, das schwor ich mir, würde ich darüber schreiben.
     
    In der zweiten Woche meines Aufenthaltes in Hathersage wachte ich mitten in der Nacht auf, zitternd vor Angst, weil ich einen überaus

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