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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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mehr verbunden als seiner Herrin, denn nach der Rückkehr enthüllte er Mr. Robinson alles in einem Brief.«
    »Und jetzt hat Mr. Robinson geschrieben und droht, er werde Branwell erschießen, wenn er je wieder auch nur einen Fuß nach Thorp Green Hall setzt!«, rief Anne aus. »Branwellist völlig verzweifelt. Seit Donnerstag hat er nur getrunken und ist voller Wut und Schmerz durchs Haus getobt. Wir hatten keine Minute Ruhe, außer wenn er im Gasthaus hockte oder bewusstlos irgendwo zusammengesackt war.«
    »Ich habe noch nie solch wirres Gerede gehört«, sagte Emily. »Er leidet Höllenqualen.«
    »Oh«, meinte ich, »wenn ich bedenke, dass ich es mir über eine Woche lang in Hathersage habe gut gehen lassen, und ihr alle habt hier so gelitten! Ich wollte schon vorige Woche Donnerstag zurückkommen. Ich wusste doch, dass ich es hätte tun sollen.«
    »Ich bin froh, dass du ein bisschen länger geblieben bist, wenn es dir Freude bereitet hat«, erwiderte Emily. »Gott weiß, hier wird es in absehbarer Zeit nicht viel zu lachen geben.«
    »Charlotte, was sollen wir bloß machen?«, fragte Anne.
    »Ich weiß es nicht.«
    In einem Punkt empfand ich großes Mitgefühl mit Branwell und seiner misslichen Lage. Er fühlte sich zu einer verheirateten Person hingezogen, ja, er liebte sie sogar. Diese hoffnungslose Situation voller Pein, Herzschmerz und Qualen hatte auch ich (das gestand ich mir nur in den tiefsten Tiefen meiner Gedanken und meines Herzens ein) zu meiner Scham in der Vergangenheit durchlitten.
    »Mir ist das Herz seinetwegen so sehr schwer«, brachte ich schließlich hervor und wählte meine Worte äußerst sorgfältig. »Wir können uns genauso wenig aussuchen, für wen wir Gefühle hegen, wie wir uns unsere Eltern aussuchen konnten. Wenn uns jedoch durch ein Missgeschick unsere Gefühle in eine Richtung leiten, die weder Gott noch die Gesellschaft billigt, dann können, ja, müssen wir Selbstbeherrschung üben. Wir dürfen diesen verbotenen Begierden nicht nachgeben. Dass Branwell es dennoch getan hat, dass er zusammen mitMrs. Robinson der Versuchung erlegen ist, das ist wirklich verwerflich.«
    Emily musterte mich nach diesen Worten scharf. Der wissende Ausdruck in ihren Augen machte mir klar, dass sie bemerkt hatte, wie viel persönliche Wahrheit hinter meiner Aussage stand. Sie erwiderte jedoch nur: »Ich bin ganz deiner Meinung. Aber unabhängig davon, wie schamlos diese Frau sich ihm an den Hals geworfen hat, so hat er in dieser Affäre auch seine Rolle gespielt. Auf diese Weise kann er sein Handeln nicht rechtfertigen.«
     
    In den nächsten zehn Tagen hielt Branwell den gesamten Haushalt wie Geiseln mit seinen Qualen gefangen, ertränkte seine Pein im Alkohol oder betäubte sie mit Opium. Von der Kirche von Haworth aus musste er nur über die Straße gehen, um sich für Sixpence Opium zu kaufen, das in Betty Hardacres Apotheke für jedermann erhältlich war. Und zu unserer großen Verzweiflung konnte nichts, was wir sagten oder taten, ihn von dieser Gewohnheit abbringen. Als wir es nicht mehr länger ertragen konnten, schickten meine Schwestern und ich ihn für eine Woche in Begleitung seines Freundes John Brown nach Liverpool, von wo die beiden zu einer Reise mit einem Vergnügungsdampfer an der Küste von North Wales entlang aufbrachen. Ich denke, diese kurze Abwechslung hat ihm gut getan.
    »Ich weiß, wie du über mich denkst, Charlotte«, sagte Branwell an einem warmen Augustabend kurz nach seiner Rückkehr. »Ich weiß, dass ich mir all mein Leid selbst zuzuschreiben habe, aber ich bin entschlossen, mich zu bessern.«
    Ich saß auf einem Zauntritt an einer Wiese hinter dem Pfarrhaus, von wo man auf das Moorland schaute, das ein Blütenteppich in strahlendem Violett des Sommers bedeckte.Ich war allein ins Freie gegangen, um in der kühlen Brise im schwindenden Dämmerlicht noch ein wenig zu lesen, als Branwell auftauchte. Ich klappte mein Buch zu und erwiderte: »Ich zolle deiner Entschlossenheit Beifall. Ich freue mich darauf, den neuen und besseren Branwell kennenzulernen.«
    »Du kannst dir deinen skeptischen Blick sparen. Sieh doch nur, welche Fortschritte ich bereits gemacht habe. Hier stehe ich und rede fröhlich mit dir, und zwar ohne Anregung durch sechs Gläser Whisky!«
    »Eine bewundernswerte Leistung – aber, wie wir alle wissen, nur durch den völligen Mangel an Mitteln hervorgerufen –, da Papa sich geweigert hat, dir Geld zu geben.«
    »Ich sage dir, Charlotte, ich werde mich

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