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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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employé pendant votre absence était absolument incompétent, et les jeunes filles ne cessent pas de demander de vos nouvelles. J’espère que vous resterez longtemps.«
2
    Ich versicherte ihr, dass ich die Absicht hatte, lange zu bleiben – solange man mich haben wollte.
    »Sie sind für uns wie eine Tochter«, fügte Madame mit einem für sie untypischen Lächeln hinzu. »Bitte betrachten Sie unseren Salon als den Ihren und gesellen sich jederzeit gern zu uns, oder erholen sich dort, sobald Sie Ihre Pflichten in der Schule erfüllt haben.«
     
    Ich unterrichtete in einem neuen Schulzimmer beim Spielplatz, der an das Haus angrenzte. Außer den Englischstunden, die ich gab, setzte ich meine eigenen Studien im Schreiben und im Französischen fort und betätigte mich zu allen Stunden des Tages als
surveillante
3 in der ersten Klasse. Mein Gehalt von 16 Pfund im Jahr war recht bescheiden und reichte nicht weit. Und doch kam schon bald noch eine weitere Pflicht zu meinen Aufgaben hinzu. Monsieur Héger fragte mich, ob ich es mir vorstellen könnte, ihm und Monsieur Chappelle, dem Schwager seiner verstorbenen Frau, Englischunterricht zu erteilen. Dieser Bitte kam ich nur zu gern nach.
    Wir trafen uns an zwei Abenden in der Woche in meinem Schulzimmer. Monsieur Chappelle war ein intelligenter Mann mit guten Manieren, und beide Herren zeigten ein aufrichtiges Interesse am Lernen. Diese Stunden, die die Rollenverteilung zwischen mir und Monsieur Héger umkehrten, brachten seine natürliche Ausgelassenheit zum Vorschein. Endlich konnte er die strenge Maske ablegen, die er den ganzen Tag trug, und charmant sein.
    Dieser Unterricht gehörte bald zu meinen liebsten Pflichten. Ich freute mich während der ganzen Woche auf diesen Tag und den Augenblick nach den Schulstunden, wenn Monsieur Héger (meist einige Minuten nach Monsieur Chappelle) in mein Schulzimmer geschritten kam, sich hinter einem Pult fallen ließ und mit lauter Stimme verkündete: »
Ich bin da. Lassen Sie uns das Sprechen von Englisch beginnen.
« Nachdem ich in den vergangenen Monaten gelernt hatte, mit einem Raum voller schwieriger Schülerinnen fertig zu werden, konnte ich hier nun meine gesamte Energie, meine Phantasie und mein Selbstbewusstsein einbringen.
    »Es ist acht Stunden«, sagte Monsieur Héger, während er auf die Uhr in meinen Händen starrte.
    »Acht
Uhr
«, korrigierte ich.
    »Wie viele Jahre haben Sie?«, erkundigte er sich.
    »Wie
alt
sind Sie?«, belehrte ich ihn.
    »Meine Eltern waren alle die zwei aus Brüssel«, verkündete Monsieur Chappelle.
    »Sagen Sie ›beide‹ anstatt ›alle die zwei‹, Monsieur.«
    Wir begannen mit den Grundlagen, aber Monsieur Héger, der eine natürliche Sprachbegabung besaß, kam wunderbar schnell voran. Nach einem Monat sprach er bereits recht ordentlich Englisch. Schon bald gestaltete ich meine Stunden so, dass sie seinen komplexeren Neigungen und Fähigkeiten entsprachen.
    Allerdings waren die Versuche der beiden Herren, mich korrekt nachzuahmen, wenn ich Ihnen beizubringen versuchte, unsere Sprache wie Engländer auszusprechen, für alle Beteiligten höchst vergnüglich. Monsieur Hégers Rezitation eines kurzen Abschnittes aus »Wieliamm Schackspir« (
»Le faux dieu de ces païens ridicules, les Anglais«
4 , neckte er mich) trieb mir stets die Lachtränen in die Augen.
    Manchmal, wenn Monsieur Hégers schriftliche Arbeiten sofort korrigiert werden mussten, streckte ich ihm meine Hand entgegen – und imitierte damit die fordernde Geste, die er mir gegenüber oft gemacht hatte. Er gab mir seinen Bleistift; doch während ich die Fehler in seiner Übung unterstrich, blieb er nicht unterwürfig neben mir stehen, wie er es von mir erwartet hatte. Stattdessen lauerte er hinter mir, den Arm über meine Schulter hinweg gestreckt, die Hand auf das Pult aufgestützt, den Kopf ganz nah an meinem, verfolgte genau, wasich tat, und las meine schriftlichen Anmerkungen laut vor, als wolle er sie sich in allen Einzelheiten merken.
    Wenn ich bei jedem Wort seinen warmen Atem an meiner Wange spürte, raste mein Herz, und das Denken fiel mir schwer. Ich redete mir ein, diese körperliche Reaktion meinerseits sei nur auf die späte Stunde und die Wärme im Raum zurückzuführen, die der überheizte Ofen ausstrahlte. Doch tief im Herzen kannte ich wohl die Wahrheit: Seine Nähe und der Anblick seiner Hand so nah neben meiner waren der wirkliche Grund.
     
    Eines frühen Morgens während der ersten Woche nach meiner

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