Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Tyler Jenkins nur mal versuchen, das zu toppen!
Es dauerte doch ein Weilchen, bis er die große Rolle Kabel gefunden hatte, die von der Montage der Elektrozäune übriggeblieben war; sie stand seit dem letzten Herbst tief in einem der Schuppen vergraben. Mit der schweren Rolle in der einen Hand und einem alten eisernen Zaunpfosten, Isolierband und einer Gartenschere in der anderen lief Colin, so gut es ging, zu dem Teil des Hauses mit dem höchsten Turm, auf dem der Blitzableiter installiert war. Er entdeckte das Erdungskabel, das von dort übers Dach, an der Hausseite hinunter und, um ein Wasserrohr geschlungen, in die schlammige Erde führte. Mit einem Blick nach oben vergewisserte sich Colin, dass es gerade nicht blitzte, dann schnitt er rasch das Kabel dicht über dem Boden durch, verspleißte es mit einem Ende seiner Kabelrolle und wickelte mit nassen Händen und Todesangst hastig eine dicke Schicht schwarzes Isolierband um den Spleiß. Als er fertig war, hastete er um das Haus herum in den Garten, wobei er das Kabel hinter sich abwickelte.
|350| Er hielt die Rolle am Kunststoffgriff, doch er wusste, dass ihm das nicht viel nutzen würde, wenn jetzt ein Blitz in den Ableiter einschlug und sich durch das Kabel zu erden versuchte.
Dann werde ich gebraten wie eine Weihnachtsgans,
machte Colin sich panisch klar.
Er lief noch schneller, bis er wieder im Garten war. Lucinda schrie ihm etwas zu, doch er hielt nicht an, um ihr zu helfen. Im Notfall konnten sie Gideon mit einem Stück des kunststoffummantelten Kabels fesseln, sobald das Ding im Treibhaus tot war, doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Er warf den Zaunpfosten hin, wickelte noch einmal zwanzig, dreißig Meter Kabel ab und schnitt es durch, dann zog er die Isolierschicht vom Kabelende und schlang es oben um die Metallstange, bevor er es durch ein Loch an dem Ende schob, einen Knoten machte und das Ganze dick mit Isolierband umwickelte. Er stand auf und wog den verkabelten Pfosten in der Hand wie einen Speer. Fühlte sich gut ausgewogen an. Das Problem war nur, dass er ihn nicht einmal halb bis zum Treibhaus werfen konnte.
»Keine Sorge! Das wird funktionieren!«, rief er, fest entschlossen, sich von Lucindas verzweifelten Schreien nicht beirren zu lassen – Gideon war anscheinend kurz davor, sich von ihr loszureißen. Das Vorhaben war so vermessen, dass Colin schon daran dachte zu warten, bis Ragnar auftauchte. Der starke Wikinger konnte die Metallstange bestimmt dreimal so weit werfen wie Colin, wahrscheinlich weiter. Aber dann würde Ragnar den ganzen Ruhm einheimsen, und Colins Verdienst würde vielleicht vollkommen übersehen. Nein, es musste sofort gehandelt werden. Auf den Nordmann zu warten, kam gar nicht in Frage.
Colin ging an den Beeten vorbei auf das Treibhaus zu, wobei er aufpasste, dass sich das Kabel hinter ihm nirgends |351| verhedderte, damit der Zaunpfosten gerade flog, wenn er ihn warf. Walkwell hatte aufgehört, sich zu wehren, und Colin war jetzt nur noch etwa zehn Meter von seiner unbewegten Gestalt entfernt. Er war beinahe dicht genug dran, beinahe, doch am Himmel schoben sich schon die nächsten Gewitterwolken heran, und er hielt das blanke Metall in der Hand – verbunden mit dem Blitzableiter am höchsten Punkt des Hauses. Jäh von Panik erfasst rannte er die letzten paar Schritte auf die Stelle zu, die er sich ausgeguckt hatte, und nahm den Arm nach hinten, doch als er schon so gut wie da war, blieb er mit den Füßen an etwas hängen und stürzte zu Boden.
Colin blickte an sich hinab. Merkwürdige weiße Fasern, ähnlich einer Drachenschnur, waren aus der nassen Erde gekommen – gewachsen? – und schon dabei, sich mit verblüffendem Tempo an seinen Beinen emporzuringeln. Vor seinen ungläubigen Augen umschlangen sie ihn und verzweigten sich in winzige Fasern, die einfach durch seine Kleidung drangen und an seinen Beinen juckten und brannten.
Wieder donnerte es. Colins Herz raste so schnell, dass er fast ohnmächtig wurde, denn er begriff, dass er auf einem Kabel lag, das im nächsten Augenblick eine der wütenden Entladungen am Himmel abbekommen und Strom führen konnte. Er wälzte sich herum und schwang den Arm zurück, um den improvisierten Speer von sich zu schleudern, aber etwas schloss sich um seinen ganzen Arm. Er wurde von Hunderten bleicher Fäden gefesselt, die so stark wie Efeusprosse waren. Er wehrte sich, doch es war zu spät: Die Pilzfäden schlangen sich fest und unwiderstehlich um seinen Arm, wie
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