Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
Wichtigeres zu tun. Lernen, lernen, lernen, das stand jetzt an, und wenn er so weit war, würde er das Kontinuaskop nehmen, und dann würde er, Colin Needle, sich die Verwerfungsspalte zu eigen machen.
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23
AUF CRESTA SOL
R agnar stöhnte und richtete sich auf dem Rücksitz auf. Das Blut auf seinem Gesicht und seiner Brust erschreckte Tyler, doch der Nordmann tastete sich sorgfältig ab und erklärte: »Das sind bloß Schrammen.« Er befühlte seinen Hinterkopf. Seine Hand war blutig, als er sie zurückzog. »Aber das Vieh hat mich mit dem Kopf auf den Boden geworfen. Was ist passiert?«
Als Tyler es ihm erzählte, grinste Ragnar, und mit dem antrocknenden Blut überall sah er dabei grauenhaft aus. »Dann hat der Wurm mir das Leben gerettet, denn der Mantikor hätte mich in Stücke gerissen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal bei einem Drachen bedanken muss, aber jetzt ist es so.« Er blickte neben sich auf Lucinda und fühlte ihre Stirn, |211| dann sah er, dass der Sitz hinter seinem Kopf völlig besudelt war. »Entschuldige vielmals, Hector«, sagte er. »Ich habe dir das ganze Auto vollgeblutet.«
Mr. Carrillo sagte nichts, aber Tyler sah, dass sein Blick immer noch schreckensstarr war. Der Mann hing am Lenkrad und fuhr, als ob der Teufel hinter ihm her wäre.
Erst auf der Farm der Carrillos begriff Tyler, wie krank seine Schwester wirklich war. Als Mr. Carrillo vor dem Haus anhielt, drohte Lucinda, die während der Fahrt völlig in sich zusammengesunken war, vom Sitz zu rutschen. Tyler machte die Tür auf, packte sie am Arm und schüttelte sie, aber sie wirkte, als hätte es sie kalt erwischt, wobei »kalt« das falsche Wort war: Sie strahlte Hitze ab wie eine Glühbirne, die schon seit Stunden brannte.
»Sie ist echt heiß«, sagte er, während er sich abmühte, sie aufrecht zu halten, doch seine Schwester hing so schlaff da wie eine Stoffpuppe. Eine sehr schwere Stoffpuppe. »Sie hat starkes Fieber!«
»Die Carrillos werden sie mit allem Nötigen versorgen«, sagte Ragnar, aber er klang nicht sehr überzeugt. Es war ungewohnt, ja fast beängstigend, den starken Nordmann so ratlos zu erleben.
Tyler war völlig damit beschäftigt, Lucinda irgendwie wach zu bekommen, daher merkte er erst, dass Mr. Carrillo ausgestiegen war, als dieser mit seiner Frau Silvia zurückkam. Mrs. Carrillo blickte beinahe so besorgt und erschrocken, wie Tyler sich fühlte, doch sie übernahm sofort das Kommando. »Heb sie vorsichtig heraus und bring sie ins Haus«, wies sie Ragnar an. »Hector, besorg mir Wasser und Handtücher.«
Als sie mit Lucinda das Haus betraten, kamen die Carrillo-Kinder angelaufen und wollten wissen, was los war.
|212| »Geht’s ihr nicht gut?«, wollte Carmen wissen. »Was ist passiert?«
»Dein Vater meint, sie hat Fieber. Geh und hol ihr einen Schlafanzug von dir und einen Bademantel«, sagte ihre Mutter. »Sie muss frische Sachen anziehen, alles, was sie auf dem Leib hat, ist klatschnass.« Als Carmen losgelaufen war und Ragnar Lucinda auf die Couch gelegt hatte, wickelte Mrs. Carrillo ihr feuchte Handtücher um den Kopf und steckte ihr ein Thermometer in den Mund.
»Hättest du mich nicht vorwarnen können?«, fragte sie ihren Mann.
»Da drüben funktioniert doch nie das Telefon.« Er legte die Stirn in Falten. »Sollen wir sie nach Liberty bringen?«
Mrs. Carrillo begutachtete das Thermometer. »Achtunddreißig drei. Nicht so schlimm. Ich werde mich zu ihr setzen. Wenn es deutlich steigt, bringen wir sie fort.«
Lucindas Lider flatterten. Sie schlug die Augen auf, sah sich um, schien aber nichts erkennen zu können. »Tyler …?« Sie brachte nur ein rauhes Flüstern heraus.
»Ich bin hier, Luce. Dir wird’s bald wieder besser gehen. Wir sind bei den Carrillos.«
»Irgendwas … im … T-T-T…« Es ging nicht. Sie schloss kurz die Augen, dann probierte sie es wieder. »Im T-Treibhaus …«
»Wissen wir. Du warst im Garten nahe dem Treibhaus, und irgendwas hast du dir da eingefangen. Weißt du, was es war?«
»Treibhaus!«
Sie weinte beinahe, als sie es sagte. Die Anstrengung erschöpfte sie sichtlich. Wieder fielen ihr die Augen zu, und sie schien einzuschlafen.
Tyler hielt die heiße, feuchte Hand seiner Schwester. Sie in einem solchen Zustand zu sehen, erschreckte ihn, und zum |213| ersten Mal seit langem wünschte er, seine Mutter wäre da. »Mann«, sagte er zu niemand Bestimmtem. »Was ist bloß da drüben passiert?«
Bevor sich Lucindas Zustand besserte,
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