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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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ungefähr der Funkstille im Radio am Ende der Einstellskala, zog dann einen kleinen Hebel am Rahmen zurück und ließ ihn los. Ein Hämmerchen schlug eine Stimmgabel an, deren Schwingungen aus einem Kreis winzigster Blüten- oder Trompetenformen am Ende der goldenen Röhre aufstiegen, die sich durch das Instrument zog. Unmittelbar darauf begann sich die Dunkelheit vor ihm zu teilen, als ob in der Luft ein Reißverschluss aufgezogen würde. Als das fahle Licht eines bewölkten Tages einfiel, schulterte Colin Needle seinen Rucksack, holte tief Luft und trat in die Verwerfungsspalte ein, das Kontinuaskop mit beiden Händen vor die Brust gehalten.

    Er schlotterte noch lange, nachdem er wieder in die heimische Zeit und Umgebung zurückgekehrt war, und selbst als er längst den Schnee von den Schuhen abgetreten hatte, fühlten sich seine Füße weiterhin wie Eisklumpen an, aber innerlich triumphierte er. Er war nicht nur erfolgreich in die Spalte eingedrungen und wieder herausgekommen, wenn er sich nicht vollkommen täuschte, war er sogar an genau demselben Zeitpunkt |271| der Eiszeit gelandet, der seinerzeit diese Höhlentussi Oola und ihren Retter Tyler Jenkins ausgespuckt hatte. Ja, er hatte sogar mit ziemlicher Sicherheit die Fußspuren der beiden gesehen, die zu der Stelle führten, an der er eintraf, auch wenn sie rasch zuschneiten. Wenn das stimmte, dann hatte er noch etwas erfahren, nämlich dass die Verwerfungsspalte von sich aus nicht sonderlich häufig die Zeiten und Orte wechselte. Die Ordinary Farm war anscheinend seit vorigem Sommer mit diesem eiszeitlichen Gletschertal verbunden gewesen, und selbst die Zeit schien auf der anderen Seite nicht weitergegangen zu sein.
    Das alles war gut, sehr gut. Damit hatte er jetzt gegenüber Tyler Jenkins die Nase vorn. Aber anders als Jenkins wollte Colin so lange mit wissenschaftlicher Gründlichkeit experimentieren, bis er so weit war, dass das Kontinuaskop – und damit auch die Verwerfungsspalte – genau das tat, was er wollte. Gut vorstellbar, dass eines Tages alle Welt nur vom »Needleskop« sprechen würde. Nein, eher vom »phantastischen Needleskop«, weil er damit Sachen anstellen würde, auf die überhaupt noch niemand gekommen war. Besser konnte man gar nicht sicherstellen, dass die Verfügungsgewalt über die Ordinary Farm dort blieb, wo sie hingehörte, nämlich bei Colin und seiner Mutter.
    Vermutlich sollte er Tyler Jenkins dankbar sein, dass er ihn so tatkräftig unterstützt hatte, indem er nicht allein das Versteck des Kontinuaskops aufgespürt hatte, sondern auch dumm genug gewesen war, um sich mitsamt seiner Schwester von der Farm werfen zu lassen und damit die Bahn für Colin Needle freizumachen.
    Er lachte laut, was unheimlich klang in der leeren Höhle, und spürte die Kälte in Füßen und Fingern kaum noch, so sehr glühte er vor Siegesgewissheit. Jetzt, da er frei über die Verwerfungsspalte |272| verfügen konnte, würde er Großes vollbringen. Alle würden die Hälse recken und ihn bewundern. Mehr noch, sie würden sich alle vor ihm ducken und zugeben, dass die Farm ihm gehören sollte.
    Die
Needle Farm!

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    30
EIN WASCHECHTER TINKER
    A lter«, flüsterte Steve. »Sag’s mir noch mal: Warum geben wir einem Geist Wasser?«
    »Weil er in Wirklichkeit gar kein Geist ist.« Tyler sah zu, wie Octavio Tinker die Feldflasche leerte und sich mit einer runzligen Hand den Mund abwischte, einer Hand aus Fleisch und Blut. »Ich glaube, er ist aus der Verwerfungsspalte gekommen … aus der Vergangenheit.«
    »Gibt’s nicht«, sagte Steve. »Echt? Alter, das ist ja irre.«
    »Wie war das?« Der alte Mann hob den Kopf und fixierte Tyler mit wachen, scharfen Augen. »Was hast du da gesagt?«
    »Verwerfungsspalte, Mr. Tinker. Wir wissen darüber Bescheid.«
    »Soso. Und meinen Namen scheint ihr auch zu kennen.« |274| Octavio gab ihm die leere Pfadfinderfeldflasche zurück. »Danke für das Wasser. Woher kennst du mich, mein Junge?« Der alte Mann sah aus wie mindestens achtzig, aber geistig war er voll da. Tyler mochte ihn nicht anlügen und hätte nicht einmal gewusst, wie.
    »Ich kenne Sie, weil … weil Sie aus der Vergangenheit sind. Aus unserer Vergangenheit. Sie sind jetzt in der Zukunft – in Ihrer Zukunft, genauer gesagt. Glaube ich wenigstens.« Er blickte von dem Erfinder zu Steve Carrillo, der das Geschehen gebannt verfolgte. »Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären. Ich vermute, Sie haben mit der Verwerfungsspalte

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