Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
Vom Netzwerk:
Konstantin steigt von seinem Thron herab und verschwindet durch eine Tür. Das Spiel ist aus; es gibt für mich keine Verwendung mehr. Niemand versucht, mich aufzuhalten. Kaum habe ich den Saal verlassen, laufe ich hastig durch die Flure des Palastes, den stampfenden Schritten der Wachen hinterher. Kurz vor dem Nordtor hole ich sie ein.
    «Bist du gekommen, um deinen Erfolg zu feiern?» Symmachus’ Stimme klingt tot.
    «Ich habe mit alledem nichts zu tun.»
    «Ich habe mit alledem nichts zu tun» , plappert er mir im Falsettton nach. « Ich habe mit dem Mord an Alexander nichts zu tun, muss aber dafür büßen.»
    «Das tut mir leid.»
    Er verzieht das Gesicht. Ihm ist so wenig geblieben, dass er sogar mein Mitgefühl dankbar anzunehmen scheint.
    «Konstantin ist ein vernünftiger Mann», sage ich. «In wenigen Monaten wird er dich zurückrufen.»
    «In wenigen Monaten sind wir alle tot. Mach dir nichts vor. Zuerst entledigen sie sich deiner Person, dann schicken sie die Meuchler.»
    Er wischt sich die Stirn und schenkt mir einen verächtlichen Blick.
    «Du weißt, wie’s läuft.»

[zur Inhaltsübersicht]
    25
    Kosovo – Gegenwart
    Sie verließen Camp Bondsteel und fuhren in nördlicher Richtung über die Autobahn zurück Richtung Priština. Abby wurde allein vom Blick nach draußen übel. Jessop hatte darum gebeten, dass Sanchez sie begleitete, was aber strikt abgelehnt worden war. Er hatte sich mit einer KFOR-Karte begnügen müssen, auf der der Fundort der Grabstätte markiert war.
    Regentropfen prasselten auf die Windschutzscheibe. Vor ihnen schlitterten Sattelschlepper beängstigend hin und her. Abby fischte eine Zigarette aus der Tasche und suchte unter dem Armaturenbrett nach dem Zigarettenanzünder, fand aber nur die leere Steckdose.
    Jessop gab ihr mit einem Feuerzeug Feuer.
    «Danke», sagte Abby. «Wollen Sie auch eine?»
    «Ich hab vor kurzem aufgehört.»
    Sie warf ihm einen Blick zu und sah, dass er lächelte. «Und warum tragen Sie dann ein Feuerzeug bei sich?»
    «Für Notfälle.»

    Mitrovica war eine schäbige Kleinstadt zwischen zwei Flüssen. Einige der schlimmsten Gräueltaten des Krieges hatten sich hier zugetragen, und noch immer war die Stadt geteilt. Französische Soldaten bewachten die Brücken. Minarette und Glockentürme machten sich in der Skyline gegenseitig Konkurrenz. Abby hatte den Ort zu umgehen gehofft, aber die Straße war wegen Bauarbeiten gesperrt. Auf einem Damm überquerten sie das Schwemmland des Flusses, an dessen Ufer Autowracks vor sich hin rosteten. Jenseits des Flusses verpestete eine baufällige Fabrik die Luft mit ihren Abgasen.
    Während Abby den Wagen steuerte, tippte Jessop auf seinem Handy herum.
    «Was sind Sie bloß für ein Spion?», hänselte sie ihn. «Sollten Sie nicht wenigstens darauf achten, wohin wir fahren?»
    «Ich mache mich schlau. Offenbar haben sich die alten Römer hier breitgemacht. Es gab Blei- und Silberminen. Wir sind nur rund hundertzwanzig Kilometer von Niš entfernt.»
    «Muss ich mich darüber freuen?»
    «Dort wurde Kaiser Konstantin geboren. Sie erinnern sich: Das Amulett Ihrer Kette trägt sein Monogramm.»
    Abby rutschte etwas tiefer in ihren Sitz. Sie hatte ihm immer noch nichts von der Schriftrolle aus Trier erzählt, deren Übersetzung von Gruber in ihrer Tasche steckte. Doch der Moment ging vorüber.
    «Glauben Sie etwa, wir hätten Konstantins Grab gefunden?»
    Er tippte wieder auf die Tasten seines Handys. «Hier steht, dass Konstantin in Istanbul beigesetzt wurde. In der Kirche der heiligen Apostel, falls es Sie interessiert.» Er legte das Handy fort und wirkte niedergeschlagen. «Ich weiß nicht.»
    Abby schaltete das Radio ein, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Sie fühlte sich von Jessop beobachtet, was ihr nicht behagte. So nett er auch sein mag, er ist und bleibt ein Spion, ermahnte sie sich.

    Nördlich von Mitrovica herrschte weniger dichter Verkehr. Jessop schaute zum Fenster hinaus. Sie fuhren durch ein Flusstal mit grünen Feldern und bewaldeten Hügelketten, hinter denen Berge aufragten. Entlang der Straße standen hohe Heugarben, die wie riesige Bienenkörbe aussahen.
    Irgendetwas machte Jessop stutzig. «Die Schilder sind anders», bemerkte er. «Serbisch?»
    «Das Gebiet hier oben hält sich für autonom», antwortete Abby. «Viele Händler akzeptieren nur serbisches Geld.»
    Jessop schüttelte ungläubig den Kopf. «Es ist noch nicht einmal so groß wie Somerset! Man sollte meinen, irgendwann lohnt es

Weitere Kostenlose Bücher