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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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können, dass ich, wie so viele vor mir, ein Wächter bin!«
    Dabei verbeugte er sich, so weit es sein ausladender Wanst zuließ, und zog einen imaginären Hut.
    »Ein Wächter«, wiederholte Avi. »Das hat Durin mir gesagt. Aber … du bist so ganz anders als er.«
    »Ist ein Apfel wie eine Aprikose? Würdest du, mein Junge, eine Ananas mit einer Birne verwechseln? Hier, nimm meine Karte.«
    Roosevelt reichte ihnen beiden mit Gold gerahmte Visitenkarten, auf denen nichts weiter als sein Name und seine Telefonnummer stand. Plötzlich zornig, warf Avi die Karte auf den Boden.
    »Ich interessiere mich nicht für die Tricks, die du hier in deiner Luxussuite durchziehst«, protestierte er. »Ich bin hier, weil Durin versprochen hat, dass du mir helfen würdest. War das die Wahrheit? Denn wenn nicht, möchte ich wieder gehen.«
    »Durin sagt immer die Wahrheit, Avi«, entgegnete Roosevelt, plötzlich ernst. »Das solltest du eigentlich wissen.« Er spähte über Avis Schulter. »Wo ist er denn?«
    »Durin ist tot.«
    Avi wartete auf Roosevelts Reaktion, doch der dicke Mann schlenderte nur zu einer Obstschale hinüber, griff sich eine Handvoll praller blauer Trauben, zerdrückte sie, ließ sich den Saft über die Hand in den Mund rinnen und schluckte dann die leeren Häute.
    »Ich kann nicht behaupten, dass mich das wundert«, sagte er dann und wischte sich die Lippen ab. »Und wie viel hat er dir preisgegeben, bevor er sich von dieser Erde verabschiedet hat?«
    »Was?«, meinte Avi entsetzt. Allmählich fragte er sich, ob es eine gute Idee gewesen war, ins Savoy zu kommen.
    »Was hat er dir vor seinem Tod anvertraut?«, entgegnete Roosevelt, wobei er jedes Wort so betont aussprach, als habe er es mit einem Geistesschwachen zu tun.
    Avi holte tief Luft und warf Hannah einen Blick zu. Sie zuckte mit den Achseln.
    »Nicht viel«, meinte er. »Außerdem habe ich mein Gedächtnis verloren. Bitte erzähl mir alles.«

    Ein nervös wirkender Kellner brachte das von Hannah bestellte Essen. Fasziniert beobachtete Avi, wie Roosevelt den Rollwagen entgegennahm und dem jungen Mann eine große Goldmünze in die Hand legte. Der Kellner entfernte sich lächelnd, obwohl Roosevelt die Münze nicht losgelassen und ihn mit leeren Händen weggeschickt hatte.
    »Du könntest als Zauberkünstler auftreten«, meinte Hannah, die ebenfalls zugeschaut hatte.
    »Das habe ich auch schon getan«, erwiderte Roosevelt. »Wollen wir uns zusammensetzen?«
    Sie breiteten das Essen – Sandwiches, Quiches und eine große Schale Obst – auf dem riesigen runden Tisch im Esszimmer aus. Während Avi und Hannah sich die Teller vollhäuften und sich Gläser mit Orangensaft einschenkten, aß ihr Gastgeber nur ein paar Trauben und interessierte sich offenbar mehr für das große Glas Brandy, das vor ihm stand.
    »Ihr müsst verstehen«, begann er, »dass ich nicht alles weiß. Durin war der Auserwählte. Er war dein Beschützer, nicht ich.« Er trank einen Schluck Brandy und verzog das Gesicht. »Aus diesem Grund war ich auch gezwungen, im Reich der Sterblichen meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und ich habe beschlossen, das Beste daraus zu machen.«
    »Reich der Sterblichen?«, fragte Hannah. »Was soll das heißen?«
    Roosevelt fuhr fort, ohne auf sie zu achten. »Selbstverständlich musste ich einige Opfer bringen, indem ich von der Welt meiner Geburt Abschied genommen habe. Das bedeutet allerdings nicht …«
    »Moment mal«, unterbrach Avi. »Hannah hat dir eine Frage gestellt.«
    Roosevelt blinzelte einige Male. »Wer ist Hannah?«
    »Ich«, stieß Hannah mit finsterer Miene und zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Das ist mir klar«, gab Roosevelt zurück. »Aber wer genau bist du?«
    »Sie gehört zu mir«, sprach Avi rasch weiter. »Und ich würde mich auch für die Antwort auf ihre Frage interessieren. Was meinst du mit ›Reich der Sterblichen‹? Und was genau ist die ›Welt deiner Geburt‹?«
    Roosevelt nahm noch einen Schluck Brandy, verzog das Gesicht und bedachte Hannah mit einem unfreundlichen Blick.
    »Du bist ein Mensch, richtig?«, erwiderte er, worauf Hannah, immer noch verärgert, nickte. »Und deshalb sterblich. Und diese schöne Welt, die du als dein Zuhause bezeichnest, wird von anderen das ›Reich der Sterblichen‹ genannt.« Er beugte sich vor und sah die beiden verschwörerisch an. »Es gibt aber noch andere Reiche.«
    »Wie der Ort, von dem die Goblins kommen?«, erkundigte sich Avi.
    Roosevelt stellte sein Brandyglas weg

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