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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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möglich.
    Ein gewaltiges Objekt ragte vor ihnen auf. Es war ein Segelschiff, das sich scheinbar aus dem Boden erhob.
    »Die Cutty Sark «, erklärte Hannah. »Sie liegt im Trockendock.«
    »Willst du jetzt die Lehrerin spielen?«, fragte Avi wenig höflich, bereute es aber sofort.
    Als sie davonstolzierte, wollte er ihr nachlaufen, um sich zu entschuldigen.
    »Lass sie gehen«, raunte die Elfe ihm ins Ohr. »Die beruhigt sich schon wieder. Achte lieber auf die Kundschafter.«
    »Glaubst du wirklich, dass sich hier Kellens Spione herumtreiben?«
    »Ja«, entgegnete Brucie mit Nachdruck. »Aber man braucht sich nicht vor der Angst zu fürchten. Sie schärft die Sinne.«
    Sie stiegen weiter den Hügel hinauf zu einer Ansammlung hübscher Gebäude, die halb verdeckt hinter Bäumen standen. Die Blätter rauschten im Wind. Nachdem Brucie und Roosevelt sich kurz beraten hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass sie nicht verfolgt worden waren. Avi atmete erleichtert auf.
    »Die Bäume sind unsere Freunde«, meinte Brucie und berührte einen davon an der Rinde. Dann strich sie über ihren Eichel-Hut, schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich aber anders und flog weiter.
    »Warum hat dieses Gebäude eine so große Kuppel auf dem Dach?«, erkundigte sich Avi bei Hannah, während sie auf der Suche nach einem Eingang das Gelände umrundeten.
    »Ach«, meinte Hannah. »Jetzt willst du wohl doch etwas lernen.«
    »Entschuldige. Es muss am Stress liegen.«
    Sie nahm seine Hand. So schnell wie sie sich zerstritten hatten, hatten sie sich auch wieder versöhnt. »Weißt du, was ein Observatorium ist?«
    »Nicht wirklich.«
    »Nun, in der Kuppel befindet sich ein Teleskop.«
    »Was soll das sein?«
    »Ein Gerät, mit dem man die Sterne und Planeten beobachten kann. Den Weltraum also.«
    »Andere Welten?«
    »Ja, andere Welten, Avi«, ergänzte Roosevelt und scheuchte die beiden durch ein Tor in einen Hof. »Siehst du diese Linie auf dem Boden?«
    Quer über den ganzen Hof war ein Metallstreifen in den Asphalt eingelassen. Roosevelt schob Avi vorwärts, bis er ihn fast mit den Zehen berührte.
    »Was ist das?«, fragte Avi.
    »Das ist der mittlere Breitengrad«, antwortete Roosevelt. »Der Orientierungspunkt, anhand dessen die kleinlichen Sterblichen ihre Welt vermessen. Im Moment, junger Avi, stehst du in dem Bereich, den sie als westliche Hemisphäre bezeichnen. Und jetzt mach einen Schritt über die Linie.«
    Avi, der befürchtete, dass er hereingelegt werden sollte, zögerte. Doch als Hannah aufmunternd nickte, gehorchte er. Seine Füße landeten auf der anderen Seite, und nichts geschah.
    »Jetzt«, sagte Roosevelt, »stehst du in der östlichen Hemisphäre. Du hast von einem Teil der Welt in den anderen gewechselt.« Er schüttelte seine Manschetten mit den riesigen Rüschen aus. »Jetzt komm mit, und ich zeige dir ein Wunder. Wie der große Barde einst schrieb:
    ›Es gibt viel mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio, als du dir in deiner Philosophie erträumen könntest.‹ «
    »Ich heiße nicht Horatio«, protestierte Avi.
    Roosevelt schritt majestätisch auf die Tür zu und rüttelte daran. Sie blieb fest verschlossen.
    »Aha«, stellte er fest. »Das könnte unser Scheitern bedeuten.«
    »Vielleicht nicht«, entgegnete Hannah. »Es gibt gewiss einen Hintereingang, der kein so massives Schloss hat.«
    »Aber verschlossen wird der auch sein«, meinte Avi und schaute sie seltsam an.
    »Warten wir’s ab.«

    Nachdem Hannah sich eine Weile umgeschaut hatte, führte sie ihre Begleiter um die Ecke in einen kleinen Hof. Dort gab es einen weiteren Eingang, gesichert nur durch ein Vorhängeschloss. Sie schreckten drei Füchse auf, die gerade die Mülltonnen durchwühlten und sofort die Flucht ergriffen. Ihr schrilles Bellen erinnerte auf unheimliche Weise an die Schreie kleiner Kinder.
    Hannah kauerte sich vor das Vorhängeschloss und stocherte mit einer aufgebogenen Haarnadel im Schlüsselloch.
    »Woher kennst du dich so gut mit Schlössern aus?«, fragte Avi überrascht.
    »Beurteile ein Buch nie nach seinem Einband«, erwiderte sie und blickte zum Himmel, während ihre Finger geschickt ihre Arbeit taten. »Eine Jugend auf der schiefen Bahn«, fügte sie hinzu. »So, geschafft.«
    Das Vorhängeschloss sprang auf.
    »Wir können rein«, verkündete sie strahlend.
    Roosevelt drängte sich an ihr vorbei. »Hier entlang«, rief er und verschwand im Gebäude.
    »Danke für die Blumen«, murmelte Hannah.
    Arm in Arm

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