Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
Vom Netzwerk:
Bogenfenstern vorbei. Vom Alter geschwärzte Kirchenbänke gehen in Flammen auf.
    Die Flammen rasen auf die Stufen zu, wo ich, umfangen von Feuer, stehe. Ich weiche zurück und hebe schützend die Arme vors Gesicht. Etwas bricht durch die Flammenwand. Eine Elfe. Brucie ruft mir zu, ich solle mich umdrehen. Hinter mir befindet sich eine Holzkiste von der Größe eines Sargs. Der Deckel ist offen.
    Ich steige in den Sarg und schließe den Deckel. Brucie schlüpft mit hinein, wenige Sekunden bevor der Deckel zufällt. Sofort bekomme ich Zweifel. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Der Sarg ist zu schmal für meine Schultern, und die Luft wird rasch knapp. Draußen dröhnt das Feuer. Voller Angst, hier drin gefangen, bei lebendigem Leibe zu verbrennen, schlage ich gegen den Deckel … und plötzlich verstummt das Geräusch des Feuers.
    Als es mir endlich gelingt, den Sargdeckel zu heben, gleiten meine Hände an Eis ab, das sich an der Innenseite gebildet hat. Der Deckel springt auf, das Feuer ist verschwunden, und auch von den hellen Bogenfenstern ist nichts mehr zu sehen. Ich bin an einem völlig anderen Ort. Ich klettere aus dem Sarg. Der Atem steht mir in Wolken vor dem Mund. Brucie führt mich durch einen dunklen Raum mit Gewölbedecke, der ein Keller oder auch eine Gruft sein könnte. Wir erreichen eine schwere Tür, die sich auf eine belebte Straße öffnet. Männer in eleganten Anzügen und Frauen in engen Kleidern. Funkelnde Kutschen rattern vorbei.
    Die Tür fällt ins Schloss. Als ich mich erschrocken umdrehe, sehe ich die Inschrift auf der Sandsteinmauer: »Kirchengemeinde Jungfrau Sankt Ethelburga«. Ich halte mir die Ohren zu, weil diese Welt so unbeschreiblich laut ist. Eine der Frauen im engen Kleid stößt mit mir zusammen und sagt …

    »… warum hat das Gebäude gebrannt?«
    Erschrocken klappte Avi das Buch zu. Die Vision verblasste, auch wenn die Geräusche und Gerüche der Straßen Londons zurückblieben. Hannah war wieder da und beugte sich über seine Schulter, so nah, dass er ihren Atem hören konnte.
    »Hast du es auch gesehen?«, fragte er.
    Sie nickte. »Ja, beim Lesen. Es war ein bisschen, als würde man sich von einem Film nur den Schluss anschauen, aber es war … beeindruckend. Wie IMAX. Ist dir das wirklich passiert? Bist du so hergekommen?«
    Die Handtasche zappelte. Als Hannah den Reißverschluss öffnete, erschien Brucies Kopf. Beim Anblick des Erinnerungsbuchs riss die Elfe die Augen auf.
    »Wo hast du das her?«, fragte sie entsetzt. »McNemosyne wird dir dafür den Hals umdrehen!«
    »Wächter können auch nützlich sein«, erwiderte Avi. »Brucie, ich glaube, ich habe gerade aus dem Buch erfahren, wie ich in dieses Reich gekommen bin.«
    »Sankt Ethelburga?«, meinte Brucie. »Was war das für ein Tag! Ich hatte Anweisung, dich zu deinem eigenen Schutz hierherzubringen. Diese Gruft war einer der Orte des Übergangs, von denen ich dir erzählt habe. Dank Kellen haben wir diese Brücke jetzt verloren. Der miese Brandstifter.«
    Hannah schlang die Arme um Avis Hals. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich hatte ja keine Ahnung, wie viel du durchgemacht hast.«
    »Du hast allen Grund, dich zu entschuldigen«, tadelte Brucie. »In den Erinnerungen anderer Leute zu lesen, ist nämlich ausgesprochen ungezogen.«
    Über ihnen am Himmel ertönte ein Kreischen. Hannahs Griff wurde fester.
    »Was war das?«, fragte sie.
    Eine gespenstische weiße Gestalt erschien aus dem Nichts, flog eine Weile neben dem Boot her und verschwand schließlich in der Nacht.
    »Nur eine Möwe«, antwortete Avi.
    Doch als sie später in Greenwich anlegten, wurden sie schon von der Möwe erwartet, die sie aus schwarzen Knopfaugen beim Aussteigen beobachtete.

Kapitel 13
    E igentlich rechnete Avi damit, dass die Möwe sie verfolgen würde, aber nachdem sie sie eine Weile angestarrt hatte, breitete sie die gewaltigen weißen Schwingen aus und flog davon.
    Vielleicht beschattet sie uns trotzdem, dachte er. Plötzlich erschien ihm die ganze Situation aussichtslos. Wie sollte er Kellens Fängen entrinnen, solange der seine Kundschafter in der ganzen Stadt hatte?
    Vom Bootssteg aus stiegen sie langsam einen Pfad hinauf, der in einen großen, wegen der späten Stunde menschenleeren Park führte. Avi hielt sich im Schatten. Auf Schritt und Tritt sah er wallende Geschöpfe und Arme, die sich nach ihm ausstreckten, um ihn zu Kellen zu schleppen. Warum auch nicht? Nach den Ereignissen der letzten Tage hielt er alles für

Weitere Kostenlose Bücher