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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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17
    M it offenem Mund stand Avi da, während der Bus wieder losfuhr. Vor ihm erhoben sich die mit Gold abgesetzten Gebäude, die er auf dem Weg nach Greenwich vom Fluss aus gesehen hatte.
    »Ich wusste gar nicht, dass du mit Westminster den Palast gemeint hast«, sagte er.
    »Das habe ich in der Tat«, entgegnete Roosevelt mit einer großartigen Geste. Er nahm sein Monokel heraus, polierte es und setzte es wieder ein. »Ach, riechst du nicht den süßen Duft der Macht, der durch diese heiligen Hallen weht?«
    »Ich dachte, dass hier die Regierung … regiert. Wie sollen wir reinkommen?«
    »Avi, hast du kein Vertrauen in meine Fähigkeiten? Meine wichtigste Aufgabe auf dieser Welt ist es, Politiker zu überzeugen. Ich bin ein Bote der Minister und leihe den Lords mein Ohr. Ich bin das Öl, das die Räder des Parlaments schmiert, der Geist in der Maschine. Nun hast du Gelegenheit, mich in meinem Element zu erleben.«
    »Wovon redet er?«, flüsterte Avi Brucie zu, die sich inzwischen wieder im Rucksack versteckt hatte.
    »Wahrscheinlich meint er, dass er ein verschlagener alter Mistkerl ist«, gab Brucie gedämpft zurück. »Ausnahmsweise teile ich seine Ansicht.«
    Aber Avi blieb skeptisch. Allerdings gelang es Roosevelt tatsächlich, sie mit seinen Visitenkarten und einem endlosen Redeschwall an Reihen von bewaffneten Polizisten, argwöhnischen Portiers und aufgeblasenen Bürokraten vorbeizulotsen, bis sie sich schließlich in den dunklen Kellergewölben befanden.
    »Warum hausen eigentlich alle, die du kennst, unter der Erde?«, erkundigte sich Avi, während sie eine Rampe hinunter in einen Kellerraum gingen, der voller staubiger Packkisten war. Er fühlte sich wieder wie in der British Library.
    »Das stimmt nicht«, entgegnete Roosevelt. »Doch manchmal muss man eben nach unten gehen, um nach oben zu kommen.«
    »Verzeihung?«
    Nun führte eine Treppe hinauf in die Dunkelheit.
    »Wie weit ist es?«, fragte Avi, weil er nichts sehen konnte, als er hinaufschaute.
    An der Wand war ein Schalter befestigt. Roosevelt drückte darauf. Im nächsten Moment flammte an der untersten Stufe ein winziges gelbes Lämpchen auf, dann ein anderes auf der zweiten, und so setzte es sich immer weiter fort, so dass schließlich die ganze Treppe beleuchtet war. Avi drehte sich langsam um die eigene Achse und beobachtete die Lichtpunkte, bis ihm schwindelig wurde. Als alle Lämpchen brannten, wirkte die Treppe so hoch wie der Himmel.
    »Fugit war es, der mich von den Vorzügen eines Penthouse überzeugt hat«, meinte Roosevelt. »Aber ich fände es einen feinen Zug von ihm, wenn er endlich einen Aufzug einbauen lassen würde.«
    Auf halbem Weg wurde Avi endlich klar, wo sie waren.
    »Wir sind im Glockenturm, richtig?«, keuchte er und setzte sich, um sich auszuruhen. »Big Bill.«
    »Big Ben«, verbesserte Brucie.
    »Der eigentliche Name des Bauwerks lautet Saint Stephen’s Tower«, erklärte Roosevelt. Sein Gesicht war zwar gerötet, doch ansonsten schien ihn die körperliche Anstrengung nicht zu stören. »Und jetzt steh auf, Avi. Wir haben noch ein gutes Stück vor uns.«
    Die zweite Hälfte des Aufstiegs schien im Nu zu vergehen, worauf Avi, als sie oben angekommen waren, hinwies.
    »Wir befinden uns nun in Fugits Einflussbereich«, lautete Roosevelts Antwort. »Hier ist alles relativ.«
    Die Treppe endete an einer großen Holztür. Sie war rund und schlicht und schien weder über Scharniere noch über eine Klinke zu verfügen. Daneben, etwa auf Avis Taillenhöhe, war eine Röhre aus grün angelaufenem Kupfer angebracht. Roosevelt bückte sich, um hineinzusprechen, doch noch ehe er Gelegenheit dazu hatte, ertönte eine Stimme.
    »Verschwinde!«, rief sie.
    »Was für ein reizender Empfang«, entgegnete Roosevelt und zwinkerte Avi zu, »für einen ermächtigten Wächter, der in einer offiziellen Feenangelegenheit zu dir kommt.«
    Als aus der Röhre ein lauter Hustenanfall erklang, fuhr Roosevelt zurück und hielt sich die Ohren zu.
    »Wächter?«, sagte die Stimme, nachdem der Husten sich gelegt hatte. »Beweise es!«
    »Mein guter Mann«, sprach Roosevelt in die Röhre, »wenn du meine Beweise sehen willst, musst du mir Eintritt gewähren, damit ich die Möglichkeit habe, sie dir vorzulegen.«
    »Du drückst dich aus«, gab die Stimme zurück, »als hättest du irgendein kluges Buch verschluckt.«
    »Wie sonst kann ich dich überzeugen, uns einzulassen?«
    »Uns?«
    »Ich habe Begleiter.«
    Eine Pause entstand. »Und du … ihr

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