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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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aus und stupste Fugit an der Schulter.
    Langsam öffnete Fugit die Augen. Das Uhrwerk tickte wieder, und unten auf der Straße erwachte der Verkehr zum Leben.
    Fugit gähnte, kratzte sich und eilte zu einem Becken hinüber, um sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen. »Wo war ich?«, fragte er.
    »Ich glaube, er war nirgendwo, oder?«, flüsterte Brucie Avi ins Ohr. Inzwischen saß sie auf seiner Schulter.
    »Du wolltest uns alles erzählen, was vorgestern Nacht passiert ist«, forderte Roosevelt ihn auf.
    »Wollte ich das?« Fugit kratzte sich durch das Netzhemd das Bäuchlein. »Vorgestern Nacht?«
    »Als Kellen dir einen Besuch abgestattet hat«, fügte Roosevelt hinzu.
    »Ach, richtig, Kellen«, meinte Fugit. »Wollt ihr das wirklich wissen?«
    Avi trat vor. »Ja, bitte. Es ist wichtig.«
    Fugit betrachtete ihn aus geröteten Augen.
    »Da gibt es nicht viel zu berichten«, begann er. »Er, also Kellen, kam mit seinen Kundschaftern. Er war stinksauer. Ich habe ihn ja schon öfter in schlechter Laune erlebt, aber noch nie so. Er hat von mir verlangt, dass ich die Zeit anhalte, aber ich habe mich geweigert. Ich arbeite doch nicht auf Befehl, sondern lasse es fließen. Also hat er mir gedroht.«
    »Womit?«, wollte Avi wissen.
    »Zuerst mit Gewalt.« Er wies auf die blauen Flecken an seinen Armen und die Schnittwunden an seinen Beinen. »Als das nichts nützte, hat er es mit etwas Schlimmerem versucht.«
    »Noch schlimmer?«
    Fugit erschauderte. »Er hat einen Kranz herausgeholt, den er geflochten hatte. Einen Blumenkranz. Den hat er mir auf den Kopf gesetzt.« Zitternd berührte er seine kahle Stelle, und seine Stimme wurde heiser. »Es waren L-l-lotosblumen.«
    Brucie schnappte nach Luft. Roosevelt wich hüstelnd einen Schritt zurück.
    »Was ist denn so schlimm an Lotosblumen?« Avi verstand die Welt nicht mehr.
    »Die ewigen Blumen aus dem Garten des Turms«, erklärte Brucie.
    Fugit nickte und weinte lautlose Tränen.
    »Was für ein Turm?«, hakte Avi nach. »Ich komme da nicht ganz mit.«
    Als Fugit immer trauriger wurde, wurde auch die große Uhr langsamer. Avi wusste, dass die Fußgänger sich in Zeitlupe bewegen würden, wenn er jetzt hinabschaute.
    »Die Lotosblume war immer das Symbol der Wiedergeburt«, erläuterte Roosevelt. »Allerdings ist das nur die Hälfte der Geschichte. Die Lotosblume verfügt nämlich über die einzigartige Fähigkeit, dass ihre Wurzeln sowohl in das Feenreich als auch in das Reich der Sterblichen hineinragen. Und diese Eigenschaft macht sie unsterblich.«
    »Lotosblumen wachsen außerhalb der Zeit«, klagte Fugit. »Sie gehören weder in die Zeit der Sterblichen noch in die der Feen, sind also nicht nur unsterblich, sondern auch zeitlos. Und das heißt, dass ich sie nicht berühren kann. Ich ertrage den Anblick kaum.«
    Avi wollte sich schon erkundigen, wie jemand so wegen einer Blume in Verzweiflung geraten konnte, als Fugit fortfuhr.
    »Stell dir vor, du hieltest ein wunderschönes Mädchen in den Armen. Sie küsst dich, aber du spürst den Kuss nicht. Obwohl du weißt, dass sie da ist, kannst du sie nicht anfassen.«
    Avi verstand.
    Fugit setzte sich in seine Hängematte und schlug die Hände vors Gesicht. Das Uhrwerk hinter ihm war beinahe zum Stillstand gekommen.
    »Je schwerer etwas zu bekommen ist, desto mehr sehnt man sich danach«, seufzte er bedrückt.
    »Ach herrje«, sagte Roosevelt. »Ich fürchte, das wird schwieriger, als wir gedacht haben.«
    »Wir müssen einen Weg finden, um ihn aufzuheitern«, schlug Avi vor. »Kennt jemand hier irgendwelche Witze?«
    »Ich war noch nie ein guter Witzeerzähler«, erwiderte Roosevelt. »Vielleicht kann die Elfe uns ja weiterhelfen.«
    Brucie sprang von Avis Schulter und sauste um den Lampenschirm. »Du weißt, dass ich ihn nicht gerne rufe«, protestierte sie. »Wir kommen nämlich nicht gut miteinander zurecht.«
    »Wen rufen?«, fragte Avi.
    »Die Elfe hat nämlich einen Bruder«, entgegnete Roosevelt. »Dieser Bruder hält sich für witzig. Viele sind da anderer Ansicht, aber es ist ihm schon einige Male gelungen, Fugit zum Lachen zu bringen.«
    »Das ist doch einen Versuch wert«, meinte Avi. »Wie erreichen wir ihn?«
    Brucie kicherte. »Habe ich dir nicht erklärt, dass wir Elfen kommen und gehen? Ich muss Foster nur bitten herzukommen, und schon ist er da.«
    »Wie heißt er?«, fragte Avi.
    »Foster«, antwortete Brucie.
    »Hat mich jemand gerufen?«, erklang da eine vertraute Stimme.
    Eine zierliche Gestalt

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