Die Gehilfen des Terrors
Gesichtszügen. Hm?“
Bruno sah die beiden an. „Ihr
gehört zu denen, die nicht weggucken?“
„Genau.“
„Ich mache keinen Unterschied
zwischen Deutschen und Ausländern. Jeder, der sich ordentlich benimmt, ist als
Gast willkommen. Aber deine Beschreibung... also, bei mir klingelt nichts. An
den würde ich mich entsinnen. Leider fällt mir nichts ein.“
„Vielleicht ist es dem
Saubermann aus der Tasche gefallen“, überlegte Tim. „Kennen Sie einen Heinz
Birkl?“ Brunos überraschter Blick hätte die Antwort überflüssig gemacht, aber
der Wirt nickte heftig.
„Allerdings! Und wie! Er hat
Lokalverbot. Das empfindet er offenbar wie eine öffentliche Auspeitschung. Er
zürnt mir, um es mal pathetisch (feierlich) auszudrücken. Dass der einen
Ausländer bedroht, glaube ich gerne. Birkl ist bekannt für seine Gesinnung.“
Gaby zog eine Schnute. „Tim,
ich kann zwar nicht beschwören, dass das Briefchen von dem Farbigen ist. Aber ich bin überzeugt davon.
Es lag ganz dicht an der Mauer. Gegen die ist er gedrückt worden. Vielleicht
hat er’s nicht hier mitgenommen, sondern auf Umwegen erhalten. Allerdings“,
schloss sie mutlos, „bringt uns das nicht weiter.“
„Moment!“ Bruno schlug mit
flacher Hand auf seine Zeitung. „Vielleicht doch. Allerdings... hm! Eigentlich
dürfte ich’s euch nicht sagen. Aber... hm... ihr steht ja auf der richtigen
Seite, nicht wahr?“
„Wenn Sie meinen“, sagte Tim,
„auf der Seite zu Unrecht verfolgter Mitmenschen, unter anderem Ausländer, dann
vermuten Sie richtig. Unser Feindbild beschränkt sich auf Kriminelle — nur auf
die. Auf Verbrechen gegen Mensch und Tier.“ Er grinste. „Bei Eierdieben und
Notlügnern drücken wir ein Auge zu.“
Gaby lachte glockenhell. Bruno
griente. Das Thema war zu ernst, um auch noch düstere Miene zu machen. Dann
beugte sich Bruno etwas vor.
„Wir haben hier im Haus“, er
deutete mit dem Daumen aufwärts und meinte offenbar die Wohnungen der
Poseidon-Villa, „einen Typ, den ich nicht richtig einschätzen kann. Einerseits
hat er was gegen die Schmuddel-Kids dort.“ Er warf einen Blick zu den
Straßenkindern hinüber, die sich angeregt mit Karl und Klößchen unterhielten.
„Ihn stört, wenn sie hierher kommen. Andererseits ist er weichherzig und
hilfsbereit. Hängt’s aber nicht an die große Glocke, sondern tut Gutes
insgeheim.“
„Das sind die wirklich guten
Taten“, bestätigte Gaby. „Die öffentlichen Protz-Spenden der Geldpromis mit dem
Etikett alle-mal-hergucken-was-für-ein-guter-Mensch-ich-bin sind zwar auch
nützlich, kommen aber nicht aus dem Herzen.“
Bruno nickte. „Er heißt Wilhelm
Nahgast, macht Aushilfejobs, hat nicht viel Bares, hat aber ‘ne Laube draußen
am Bahndamm. Mit kleinem Garten. Zufällig sah ich ihn, den Nahgast, dort. Zusammen
mit einem... Klar doch, Mädel, mit einem, auf den deine Beschreibung zutreffen
könnte. Allerdings habe ich ihn nur von hinten gesehen.“
„Das Mädel heißt Gaby“, sagte
Tims Freundin. Und auch der TKKG-Häuptling stellte sich vor, verspätet.
„Ich habe Nahgast gefragt“,
fuhr Bruno fort. „Er hat rumgedruckst, dann aber zugegeben, dass er einen
Asylanten versteckt.“
„Das ist er“, jubelte Gaby.
„Dass er illegal hier sei, hat er mir zu verstehen gegeben. Ein armseliger
Kerl. Voller Angst, dass er aus Deutschland abgeschoben wird. Zurück in seine —
vermutlich afrikanische — Heimat. Wissen wir, was ihn dort erwartet? Vielleicht
Verfolgung und Tod. Die Behörde, die seinen Asylantrag — seinen Antrag auf
Bleiberecht — abweist, kann das doch schwerlich beurteilen. Die Maßstäbe sind
manchmal sehr streng, um nicht zu sagen: hart. Logo: Deutschland kann nicht die
ganze Welt aufnehmen — nur weil bei uns die Wirtschaft noch blüht. Und
Kriminelle haben ihr Recht auf Asyl ohnehin verwirkt. Aber den Angsterfüllten,
Verfolgten und Hungernden muss man helfen. Wenn die dann doch ausgewiesen
werden, weil das politische Gezänk ums Asylrecht ein so schönes Wahlkampfthema
ist und Munition für jede Partei — kann man den Asylsuchenden dann verdenken,
dass sie untertauchen und sich hier illegal aufhalten?“
Bruno staunte Gaby an.
„Beeindruckend, wie du das auf den Punkt bringst. Seid ihr in einer politischen
Nachwuchs-Organisation?“
Tim schüttelte den Kopf. „Aber
Politik interessiert uns. Es ist ja schließlich das, was unser aller Leben durcheinander
bringt und nur selten gemacht wird von Befähigten oder
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