Die Gehorsame
»Schließlich bist du hier, oder?«
Ich nickte grimmig.
»Entschuldigung.« Er lächelte. »Das war billig.
Aber ich weiß tatsächlich, was du willst«, fuhr er fort. »Im Wesentlichen jedenfalls, wenn auch vielleicht noch nicht bis in alle Einzelheiten. Ich kann es in deinen Augen und an deinem offenen Mund erkennen. Du magst es, wenn man dich anschaut, ob du nun bewundert oder gedemütigt, geliebt oder bestraft wirst. Du willst überwältigt werden von einem Verlangen, das selbstsüchtiger und spezifischer ist als dein eigenes. Du willst diesen leeren, fließenden Moment des Loslassens, der Unterwerfung, willst wissen, dass aller Widerstand zwecklos ist. Freier Fall, schneller als sogar eine Quasselstrippe wie du ihn beschreiben kann.
Und du wirst dich an die banalen Details, die albernen Wiederholungen dessen, was wir tun, gewöhnen, weil ich dir zeigen werde, wie man den Moment immer wieder einfangen kann. Ich gebe dem Ganzen eine erzählerische Form, ich halte es am Laufen, und ich denke mir im Verlauf Besonderheiten aus. Und ich bin dir immer einen Schritt voraus. Darüber wirst du dir keine Gedanken machen müssen.«
Das Feuer zischte, eines der Holzscheite fiel herunter und unterstrich seine Worte mit einem kleinen Funkenregen. Ich saß ganz still da und bemühte mich angestrengt zu glauben, dass dies alles wirklich geschah. Ich blickte ihn eindringlich an, und er erwiderte meinen Blick gelassen. Er wusste, er hatte mich.
Ein Schauer lief mir über den Rücken, aber gleichzeitig stellte ich fest, dass ich zustimmend nickte. Trotzdem musste ich ihm noch weitere Fragen stellen. »Und wenn ich es nun abblase«, sagte ich.
»Hey.« Er zuckte mit den Schultern. »Du kennst meine Adresse. Ich gebe dir meine Telefonnummer, aber deine habe ich nicht, und das ist auch in Ordnung so. Ich brauche sie nicht. Du kannst also die Geschichte jederzeit beenden, ganz, wie du es willst. Du kannst mir einen Brief schreiben. Oder du kannst mich jederzeit anrufen und mir sagen, dass du nicht mehr kommst. Du kannst mir auch eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Schick mir ein Fax, eine E-Mail, was auch immer. Oder du kommst einfach nicht mehr. Aber wenn du kommst«, fuhr er fort, »dann solltest du pünktlich sein.«
Sehr geschäftsmäßig zog er eine Karte aus seiner Tasche und kramte einen Umschlag hervor. »Das ist die Visitenkarte meines Arztes. Mach einen Termin für einen HIV -Test. Lass dich auch gründlich durchchecken. Ich bezahle alles. Hier ist eine Kopie meines letzten HIV -Tests. Du kannst ihn dir von ihm bestätigen lassen. Ich zeige dir jeden Monat einen neuen.«
»Du lässt dich also jeden Monat testen«, sagte ich. »Und wenn ich mit jemand anderem schlafe?«
»Das wirst du nicht«, sagte er.
Ich war erstaunt. »Wie kannst du so etwas sagen? Warum nicht? Ich meine, du weißt ja sicher, wie attraktiv du bist, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich nicht mit jemand anderem schlafen könnte.«
»Darum geht es nicht«, sagte er. »Es freut mich, dass du mich attraktiv findest, aber davon spreche ich nicht. Du wirst mit niemand anderem schlafen – zumindest nicht in deiner Freizeit –, weil du viel zu erschöpft und ausgefickt sein wirst, um es überhaupt versuchen zu wollen. Vertrau mir.« Ich tat es, obwohl mir diese kleine Macho-Rede nicht besonders gefiel. Aber sein Auftreten war beeindruckend, so lässig und nebenbei, als ob er ein Burrito bestellen würde
Er zog weitere Karten aus seiner Tasche. »Und lass dir die Haare schneiden. So wie meine, richtig kurz, vielleicht sogar noch kürzer. Sehr jungenhaft. Es wird allerdings nicht jungenhaft aussehen. Es wird … nun, du wirst schon sehen. Auf jeden Fall wissen sie, was ich will. Oh, und lass dir die Beine wachsen.«
»Dafür bezahlst du auch? Regelmäßig?«, fragte ich.
»Ja«, antwortete er. »Ich bin reich, oder zumindest reich genug. Und ich weiß ziemlich genau, was ich will. Ich habe viel Zeit damit zugebracht, mir auszumalen, wie ich es bekomme. Wenn du reich bist, ist der Preis nicht wichtig. Wichtig ist lediglich, die Dinge so zu bekommen, wie du sie haben willst. Also bezahle ich dafür. Dein Job ist es, dir deinen schönen Arsch aufzureißen, damit du so perfekt bist wie die Szenerie um dich herum. Wenn das hier funktioniert, könnten wir in die Provence gehen.«
»Nein!«, schrie ich, bevor ich überhaupt merkte, dass ich den Mund aufmachte.
Wir waren beide überrascht. »Was ich meine, ist«, stammelte
Weitere Kostenlose Bücher