Die Geier
Journalisten die Botschaft stür-
men ...«
Milan gab einen kurzen bewunderungsvollen Pfeifton
von sich.
»Bei den Rußkis? Alle Achtung ... diese Kerle
schrecken vor nichts zurück«, sagte er. »Und wer weiß
noch davon?«
»Die G.I.G.N.«, antwortete Odds. »Beeilt euch, es
wird bestimmt nicht mehr lange dauern, bis man die
Botschaft stürmen wird! Goldman und der junge Gayle
werden euch im Chevrolet Research folgen.«
Milan nickte, nahm seinen Kaugummi wieder in den
Mund und zwinkerte seinem Vorgesetzten zu.
»Wirklich nett von Ihnen, die guten Fälle für uns zu
reservieren!« grinste er und sprang vom Schreibtisch
runter.
Als er sich Toland näherte, verblaßte sein Lächeln.
»Nicht sehr geschwätzig, wie?«
Ziemlich teilnahmslos beobachtete Odds diese erste
Begegnung der beiden Männer, so als ginge das, was
sich von nun an zwischen ihnen abspielen würde, ihn
nichts mehr an. Einer der beiden würde den anderen
zerstören, das stand fest, und Odds war es egal, wer üb-
rigbleiben würde. Milan war ein geschickter und be-
sonders für geheime Missionen geeigneter Sammler,
und Toland genoß hohes Ansehen bei den Medien.
Doch über keinen von beiden konnte man wirklich Kon-
trolle ausüben. Beide lebten nur noch aus ein und dem-
selben Grund: sie waren die Besten.
Odds' persönlicher Ansicht nach reichte diese Be-
gründung nicht aus, doch der Boß der Z.S.A. war ande-
rer Meinung. Immer und überall verlangte Alexander
Sirchos die höchste Perfektion, das Optimale, das große
Können ... Allem Anschein nach hatte diese Taktik sich
bestens bewährt, doch Odds war nach wie vor skep-
tisch. Da man nur noch die Besten anheuerte, bekam
man es zwangsläufig mit Bandenführern zu tun ... mit
Männern, die sich keinerlei Anweisungen fügten. Und
am Ende nahmen sie sich sogar das Recht heraus, selbst
zu entscheiden, anstatt sich den Entscheidungen derje-
nigen zu beugen, von denen sie bezahlt wurden.
Längst hatte Milan, das mußte auch Odds zugeben,
der Z.S.A. seinen Stempel aufgedrückt. Und wenn er
hin und wieder um das Einverständnis seiner Vorge-
setzten bat, so war das nicht einmal mehr eine Frage des
Prinzips, sondern ganz einfach lächerlich.
Und letzten Endes war David Tolands Beitritt nur
eine neue Herausforderung für ihn. Wenn Milan diese
Partie auch noch gewinnen würde, könnte nichts und
niemand ihn mehr aufhalten.
Odds stieß einen leisen Seufzer aus und nahm sich
eine Zigarre aus der Schachtel. Zum Glück wußte Alex-
ander Sirchos nichts über die momentane Situation in
Frankreich. Er hatte keine Ahnung, daß die Z.S.A., ein
wichtiges Glied in der Kette jener Organisationen, die
ihm zur absoluten Macht verhelfen sollten, mit knapper
Not einer Katastrophe entgangen war - wegen eines er-
bärmlichen Journalisten und eines jungen Arabers, der
gerade noch klug genug war, sich sein tägliches Brot zu
verdienen.
Als die beiden Sammler das Büro verließen, fragte
Odds sich erneut, warum Mirko Milan die Dokumente,
die er in Moussis Wohnung gefunden und gelesen ha-
ben mußte, und den Tod des Arabers mit keinem Wort
erwähnte. Ohne Zweifel war diese Verschwiegenheit
ein weiterer Beweis seiner geheimen Absichten.
Auf die gewagte Bemerkung von Pamela, die nun be-
reits auf der untersten Treppenstufe stand, folgte ein
Augenblick tiefer Bestürzung. Shelley spürte (oder
glaubte zu spüren), wie sehr ihre jungen Komplizen von
dieser wunderschönen Frau und ihrem Verhalten be-
eindruckt waren. Mit einem Mal wußte sie nicht mehr,
was sie tun sollte. Sogar Sunny, der Hysteriker der
Bande, der sozusagen in einem Zustand ständiger Erre-
gung war, schien plötzlich unentschlossen zu sein.
Verwirrt und beschämt wie ein bei einer Unartigkeit er-
tapptes Kind, hörte er auf, in seiner Lederhose zu ona-
nieren.
»Was ist, Sunny?« brüllte Shelley wütend. »Worauf
wartest du noch?«
Der jüngste der drei Rowdies zögerte. Pamela lächelte
wie in ihrer Glanzzeit als Mannequin und ging auf ihn
zu.
»Du bist also Sunny?« fragte sie ohne die geringste
Spur von Herausforderung oder Ironie in der Stimme.
Der Besessene der Bande schien völlig verzweifelt zu
sein. Er drehte sich zu seinen Freunden um, ganz so, als
suchte er nach Hilfe, Zustimmung, Rat ... Der übermä-
ßige Alkoholkonsum, der zuvor sämtliche Tabus und
alle Furcht beseitigt hatte, trieb ihm nun die Tränen in
die Augen.
»Hol deinen Schwanz raus!« schrie Shelley
Weitere Kostenlose Bücher