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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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Rolltreppe.
    Vermutlich war der junge Araber durch das Geschrei
    und die Flüche aufmerksam geworden, denn plötzlich
    drehte er sich um, und für einen Sekundenbruchteil
    kreuzte sein Blick den des Geiers, der die Treppe hin-
    aufrannte. Unbewußt bekam Mouss es mit der Angst zu
    tun und ging schneller. Schließlich begann er zu laufen,
    so als fürchtete er, seinen Anschluß zu verpassen. Um
    diese Zeit lief gut ein Zehntel der Fahrgäste, die ihren
    Zug nicht verpassen und rechtzeitig zum Beginn des
    Spielfilms zu Hause sein wollten. Inmitten der Sprinter,
    deren Leben sowohl geographisch als auch zeitlich nach
    den Fahrplänen der Züge ausgerichtet war, inmitten der
    kurzatmigeren Läufer, die von den Unwägbarkeiten der
    Pariser Transportunternehmen abhängig waren, und
    der Spaziergänger, der wahren Zombies, die sich mit
    unglaublicher Frechheit über alle anderen lustig zu ma-
    chen pflegten, fiel Mustapha Moussis Rennerei natür-
    lich nicht im geringsten auf.
    Er hatte instinktiv gehandelt, wie ein Reh, das plötz-
    lich davonläuft, ohne einen Verfolger bemerkt oder ge-
    rochen zu haben. Da Mouss nervlich völlig am Ende
    war, konnte er solche Reaktionen nicht mehr bewußt
    kontrollieren.
    Im Laufschritt durchquerte er die Bahnhofshalle, ging
    zum Taxistand und stellte sich hinten an der Warte-
    schlange an. Immer wieder schaute er sich ängstlich
    nach seinem Verfolger um. In regelmäßigen Abständen
    fuhren die Taxis vor und luden die zwischen den Me-
    tallschranken wartenden Fahrgäste auf. Mouss hatte
    nicht mehr viel Bargeld bei sich. Rasch zählte er das we-
    nige Geld, das ihm geblieben war. Es würde reichen,
    um den Fahrer zu bitten, ihn zu einer anderen, etwas
    weiter entfernten, in einem anderen Viertel gelegenen
    Metrostation zu bringen.
    Vor ihm stand nur noch eine alte Frau mit zwei
    schweren Koffern, als er ein Brennen am Hals verspür-
    te. Er faßte sich mit der Hand an die schmerzende Stelle
    und zog sie blutüberströmt zurück. Um ihn herum er-
    klang entsetzliches Geschrei. Mouss drehte sich um,
    war unfähig, auch nur ein einziges Wort zu sagen, und
    streckte hilfesuchend die Hände von sich. Entsetzt, völ-
    lig verdutzt wichen die Leute vor ihm zurück. Niemand
    begriff, was geschehen war. Mouss taumelte. Das Blut
    spritzte in dicken Strahlen aus seiner Kehle. Die Zeugen
    dieses abscheulichen Todeskampfes schrien noch lau-
    ter, als Mouss plötzlich das Gleichgewicht verlor und
    rückwärts zu Boden fiel. Fast berührte seine Hand die
    auf dem Asphalt liegende Spielkarte, eine Pikdame, die
    Königin Pallas Athene, deren Stahlkanten ihm soeben
    die Kehle durchschnitten hatten.
    In einiger Entfernung ging Milan ruhigen Schrittes
    gegen den Strom der Schaulustigen, die an den Ort des
    Zwischenfalls eilten, in Richtung Boulevard davon und
    kaute gelassen seinen Kaugummi, der allmählich an
    Geschmack verlor. Kein Arzt würde Mustapha Moussi
    jetzt noch retten können.
    Gedankenverloren blickte er zum MotorSpeed der
    Z.S.A. hinüber, das neueste Spezialmodell der Motors,
    der langsam auf den Parkplatz des Bahnhofs rollte.
    Mirko Milan spuckte seinen nun völlig geschmacklos
    gewordenen Kaugummi aus, griff in die Innentasche
    seiner Jacke und zog eine neue Karte hervor. Noch eine
    Königin. Judith. Herzdame.
    Der Geier zuckte mit den Schultern und betrat ein Re-
    staurant. Diese Verfolgungsjagd hatte ihm Appetit ge-
    macht.
    Vor lauter Erschöpfung schlief Hugo Russel seit gut
    fünf Minuten in seinem Liegestuhl, als ein kräftiger
    Faustschlag in den Magen ihn erneut in die schmerzli-
    che Realität zurückholte. Wie durch ein Wunder war
    der White Lady ihm zuvor nicht aus der Hand gefallen,
    doch nun zerbrach das runde Glas auf den Bodenfliesen
    neben dem Swimmingpool.
    Russel kniff die Augen zusammen, fluchte und wollte
    sich aufrichten. Er stieß gegen den Lauf eines 45er Colts, den ein unglaubliches Mädchen in der Hand hielt. Mit
    ihrem grinsenden Gesicht und ihrem steif emporste-
    henden Haarkamm, dessen grüne Farbe an den Wider-
    schein des Meerwasserschwimmbeckens erinnerte, sah
    sie aus wie ein Clown des Hasses. Neben ihr standen
    drei Burschen, die dämlich grinsten und einander zu-
    zwinkerten. Der einzige Nachtwächter, dem sie auf ih-
    rem Weg hierher begegnet waren, lag tot auf dem wei-
    ßen Kiesweg. Shelley hatte recht gehabt. Es war ein-
    facher gewesen, als sie dachten. Russel schüttelte den
    Kopf, schwankte zwischen Wirklichkeit und Alptraum.
    »Ich wußte doch,

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