Die Geier
Operation Ihrer Frau habe ich
versagt. Genau wie der arme Russel, der seine Mißer-
folge niemals überwinden kann. Warum also diese Ver-
bissenheit? Ich sage es Ihnen noch einmal: Es gibt in Eu-
ropa mindestens zwanzig hervorragende Chirurgen, die
mit den Techniken der Transplantation vertraut sind
und denen dieser Eingriff höchstwahrscheinlich gelin-
gen wird.«
»Höchstwahrscheinlich«, betonte der Milliardär.
»Nun ist es an mir, Ihnen eine Frage zu stellen, Doktor
Zorski.«
Der Chirurg schwieg und hörte Sirchos aufmerksam
zu.
»Nehmen wir an, diese Herztransplantation mißlingt,
wären Sie in dem Fall bereit, die Transplantation von
Pamelas Kopf auf einen anderen Körper zu versuchen?«
Zorski riß den Mund auf, doch er bekam keine Luft
mehr. Sehr genau betrachtete er das Gesicht des Mil-
liardärs, um möglicherweise einen letzten Ausweg
darin zu entdecken, aber die Maske blieb undurchdring-
lich. Dies alles war vollkommen absurd. Seines Wissens
war eine solch unglaubliche Transplantation noch nie
mit einem Menschen versucht worden, und nun schlug
Sirchos ihm allen Ernstes den großen Coup mit seiner
Frau vor, an der er doch mehr zu hängen vorgab als an
irgend etwas anderem auf der ganzen Welt ... Und vor
einigen Minuten noch hatte der Chirurg behauptet, er
wolle ihre vorhergehende Abmachung nicht einhalten
und auf das Geld und den Ruhm verzichten, den Sir-
chos' wirtschaftliche Macht ihm gewährleisten würde.
Zorski hatte plötzlich den Eindruck, jeder von ihnen
beiden würde auf seiner hinterhältigen Position behar-
ren und noch schrecklichere Wahrheiten hinter stich-
haltigen Argumenten verbergen.
»Ich möchte wenigstens, daß Sie den Chirurgen aus-
suchen, der den Eingriff vornehmen soll, und ihm dabei
assistieren«, sagte Sirchos schließlich. »Und ich flehe
Sie ebenfalls an, Pamelas Transport zu überwachen und
Ihre Entscheidung im Flugzeug noch einmal zu über-
denken.«
Natürlich konnte Zorski Sirchos keine dieser beiden
letzten Bitten abschlagen. Was den Rest anging, be-
schloß er, seine Antwort auf später zu verschieben ...
Als er das Büro verließ, hatte der Chirurg das unan-
genehme Gefühl, Sirchos hätte ihn soeben aus einem
Flugzeug geworfen und einzig und allein der Milliardär
könnte entscheiden, ob der Fallschirm, mit dem er aus-
gerüstet war, sich öffnen würde oder nicht.
Dreißigstes Kapitel
Mescard wurde ungeduldig:
»Sag mal, Gege, ich hatte dich für schneller gehal-
ten.«
Gege, sechzig Jahre alt und ein Ganove der alten
Schule, konzentrierte sich auf das widerspenstige
Schloß und schwitzte wie ein Affe. Mit einem Knie am
Boden hantierte er mit dem Dietrich und dem Magnet
herum, ließ seine Zunge kreisen und mühte sich seit gut
fünf Minuten ab. Von Zeit zu Zeit stieß er einen unver-
ständlichen Fluch aus, den ein Außenstehender, der
nichts von Geges Treue zu Courbevoie wußte, wahr-
scheinlich für einen regionalen Dialekt gehalten hätte.
»Mit meinen Keilen und der Stange hätte ich dieses
verdammte Ding längst geöffnet«, knurrte der alte Ein-
brecher leise vor sich hin. »Auf den ersten Blick sieht's
kinderleicht aus, aber in Wirklichkeit ... Nun, halt so
eine moderne Vorrichtung!«
Mit dem Hemdsärmel wischte er sich den Schweiß
von der Stirn. Inspektor Mescard stieß einen langen
Seufzer aus und kreuzte die Arme. Früher war der
Himmelsstürmer Gege der Schrecken aller Urlauber, die
Plage aller Wochenendhäuschen, ein wirklicher Artist.
Kein Schloß widerstand ihm. Von Bricard über Fichet
bis nach City kannte er sich aus wie in seiner eigenen
Hosentasche. Ohne diesen schrecklichen Husten, den
er sich bei seinem letzten Aufenthalt im Knast geholt
hatte, hätte der Unermüdliche sich bestimmt nicht so
schnell zurückgezogen. Die Panzertüren, Sicherheits-
schlösser und Alarmanlagen belustigten ihn eher, doch
der blutdurchsetzte Schleim, den er regelmäßig ins
Waschbecken seiner vorstädtischen Behausung spuck-
te, gab ihm zu verstehen, daß es höchste Zeit war, sich
zur Ruhe zu setzen.
Mescard, ein noch junger Inspektor voller Bewunde-
rung für jede handwerkliche Arbeit, hatte ihn bereits
zweimal gelobt, nach dem alten Prinzip: besser ein guter
Einbrecher als ein Haussuchungsbefehl. Jetzt spielte
Gege ihm den Ball zurück. Doch auch wenn er einige
Fortschritte gemacht hatte, so hatte er dennoch erheb-
lich an Durchschlagskraft verloren.
»Ich lasse dir meine Adresse
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