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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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...«
    Gaborit sperrte die Augen weit auf.
    »Die Krankenschwester des Lyzeums. Eines Tages er-
    litt Giova einen Asthmaanfall oder so etwas, und die
    Krankenschwester begleitete sie nach Hause. Ich glau-
    be, sie war auf ein spezielles Medikament angewiesen.
    Kommen Sie mal mit.«
    Der Chirurg folgte dem Professor ins Krankenzim-
    mer, wo eine dicke Rothaarige mit müdem Gesichts-
    ausdruck gerade eine Zigarette in einem Aschenbecher
    ausdrückte, der bereits zu drei Vierteln mit Kippen ge-
    füllt war.
    Die Krankenschwester konnte sich ebenfalls an Fräu-
    lein Llorens und ihren Asthmaanfall erinnern, aber sie
    wußte nicht mehr, an welche Adresse sie die Schülerin
    begleitet hatte. Sie wußte nur noch, daß es in der Nähe
    von Chaptal war, eine Seitenstraße der Place Villiers, wo
    Giova mit ihrer Mutter ein schäbiges Studio, ein dop-
    peltes Wohnzimmer, bewohnte.
    Mit leerem Blick schaute Gaborit sie an.
    »Warum suchen Sie sie?«
    Einen Moment lang zögerte der Chirurg.
    »Wissen Sie, was ein genetischer Doppelgänger ist?«
    Seltsamerweise kam es Gaborit plötzlich so vor, als
    versuchte die Rothaarige Giova zu schützen, als könnte
    sie sich sehr wohl an die Adresse erinnern und weigerte
    sich aus unerfindlichen Gründen, sie ihm mitzuteilen.
    Da er nicht mit offenen Karten spielen konnte, beschloß
    er, den von der Z.S.A. vorgezeichneten Weg zu wäh-
    len.
    »Ein kleiner Junge droht an Leukämie zu sterben«,
    erklärte er. »Auf der Suche nach Verwandten sind wir
    auf Giova Llorens gestoßen, die mit einer Blinddarm-
    entzündung bei uns in Behandlung war. Verstehen
    Sie, was ich sagen will? Giova ist wahrscheinlich der
    einzige Mensch auf der ganzen Welt, der dieses Kind
    retten kann.«
    »Sie kennen die Mutter nicht!« entgegnete die Kran-
    kenschwester.
    Gaborit runzelte die Stirn.
    »Wessen Mutter?«
    »Giovas Mutter. Sie würde einer Transplantation
    niemals zustimmen. Und wissen Sie auch, warum?«
    Gaborit schüttelte den Kopf.
    »Weil Giova ihr einziges Vermögen ist«, erklärte die
    dicke Rote.
    Der Chirurg hob die Schultern.
    »Ich verstehe nicht«, gestand er.
    Die Krankenschwester warf einen Blick auf die Uhr
    an der Wand.
    »Warten Sie im Cafe gegenüber auf mich«, befahl sie
    und zündete sich eine weitere Zigarette an. »Ich werde
    Ihnen alles erklären.«
    Inspektor Mescard bemerkte nicht sofort den gepolster-
    ten Umschlag, den das Badetuch zum Teil bedeckte. Er
    ging im Appartement hin und her, öffnete einige Schub-
    laden und durchwühlte einige Schränke, bevor sein
    Blick schließlich auf den Sessel fiel, auf den Toland das
    Dokument gelegt hatte, ohne es zuvor zu öffnen.
    Der Polizist ließ sich neben dem Fernschreiber nieder
    und löste den Plastikverschluß des Umschlags. Er brei-
    tete die Fotokopien der Zeitungsausschnitte vor sich aus
    und las aufmerksam den Einleitungstext, den Mustapha
    Moussi an den Sammler gerichtet hatte. Seine Hände
    zitterten ein wenig. Endlich waren alle Teile des Puzzles
    beisammen. Falls die Hirngespinste des jungen Arabers
    bezüglich eines angeblichen weltweiten Komplotts auch
    weiterhin unzuverlässig wären, so gäbe es doch endlich
    ein Motiv für den Mord am Journalisten und indirekt
    auch für den Mord an Sylvie Vercauteren und Musta-
    pha Moussi.
    Offensichtlich waren die im Verlauf des nächtlichen
    Aufstandes begangenen Morde der R.A.I.D. zuzu-
    schreiben, der Spezialeinsatztruppe der Polizei, die bei
    dieser Gelegenheit von den Geiern der Z.S.A. unter-
    stützt wurde. Die Fotos waren der unwiderlegbare Be-
    weis. Nun verstand Mescard auch, warum seine Vorge-
    setzten ihm, ohne direkt Druck auszuüben, höflich ge-
    raten hatten, sich mit vermeintlich interessanteren Fäl-
    len zu befassen. Er fragte sich, ob man im Ministerium
    wohl schon von der Zusammenarbeit zwischen der
    Z.S.A. und verschiedenen Polizeibrigaden wußte.
    In der Folge versuchte Moussi anhand etlicher be-
    merkenswerter Fakten, die seine These untermauerten,
    zu beweisen, daß die Polizei mit dem Schutz der Samm-
    ler von Steve Odds seit mehreren Monaten zukünftige
    politische Führer ermordete. Je weiter er mit der Lek-
    türe dieser Dokumente vorankam, um so sicherer war
    er, daß er wahren Explosionsstoff in den Händen hielt.
    Material, mit dem vermutlich mehrere europäische Re-
    gierungen gestürzt werden könnten ...
    »Ist's interessant?« fragte eine Stimme hinter dem
    Rücken des Polizisten.
    Wie versteinert saß Mescard da.
    »Und vor allem: keine

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