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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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schien Gerstein der Partie überdrüssig zu
    werden; auf einen Schlag erhöhte er auf fünfhundert-
    tausend. Carlus verlor erneut sein Monokel.
    Im Hörer herrschte Stille.
    »Was ist, Odds?« spottete Gerstein. »Hast du Schiß?«
    »Er wird mithalten«, sagte Milan.
    »Noch habe ich das nicht aus seinem Mund gehört!«
    schrie der europäische Pressezar.
    »Weil Sie nicht nur ein Idiot, sondern zudem auch
    taub sind«, entgegnete Milan. »Odds hat deutlich er-
    klärt, daß er für jeden meiner Einsätze die Garantie
    übernimmt.«
    »Ich will von ihm selbst hören, daß er bei fünfhun-
    derttausend mithält«, beharrte Gerstein.
    Alle Blicke waren auf den Telefonhörer gerichtet.
    »Ich halte mit«, flüsterte die Stimme.
    Die Zuschauer, die um den Tisch herum standen und
    die Partie verfolgten, wurden unruhig. Die Reihe war an
    Carlus, aber Gerstein war immer noch wütend.
    »Eine solche Summe besitzen Sie doch gar nicht,
    Odds!« brüllte er. »Wenn ich auch nur die kleinste Un-
    regelmäßigkeit in der Buchhaltung der Z.S.A. entdecke,
    bringe ich Sie vor Gericht.«
    Carlus war derart alt und mager, daß zu befürchten
    war, bei der ganzen Aufregung würde er ganz einfach
    zu Staub werden und nur noch als winziges Aschen-
    häufchen unter seinem Stuhl übrigbleiben. Mehrmals
    sah er sich seine Karten an.
    »Geben Sie auf, Carlus!« riet Gerstein ihm mit heise-
    rer Stimme. »Ich will diesen Dummkopf allein fertigma-
    chen!«
    Carlus seufzte mit heller Stimme und legte seine Kar-
    ten nieder.
    »Ich passe ...«
    Gerstein lächelte.
    »Sie haben mehr als sechshunderttausend auf dem
    Teppich liegen, Odds. Und ich habe einen Straight in
    der Hand.«
    Fächerförmig breitete er seine Karten auf dem Samt-
    teppich aus. Die Unruhe unter den Zuschauern nahm
    zu. Milan saß völlig reglos da. Zwei Zentimeter aufge-
    weichter Zigarre tauchten zwischen seinen Lippen auf.
    Mit einem Mal stellte er seinen athletischen Oberkörper
    zur Schau und legte mit einer geschmeidigen Bewegung
    sein Fullhouse auf den Tisch. Fast wären Gerstein die
    Augen aus dem Kopf gefallen, während der Saal vor
    Begeisterung tobte.
    »Was ist los?« rauschte es im Telefonhörer. »Was ist
    los?«
    Milan beugte sich über den Tisch.
    »Hinterlegen Sie Ihren Scheck am Eingang des Klubs,
    Gerstein«, erklärte er ruhig. »Ich werde morgen vorbei-
    kommen und ihn abholen. Ich hoffe, Sie sind nun nicht
    gezwungen, Ihre Z.S.A.-Aktien zu verkaufen, um diese
    Schuld begleichen zu können. Diese Aktien steigen
    nämlich.«
    Odds verlangte am Telefon immer noch fieberhaft
    nach weiteren Erklärungen.
    Das Alarmsignal des Computers schreckte Toland auf.
    Schweißgebadet richtete er sich in seinem Bett auf. Der
    rote Knopf der Direktleitung zu Steve Odds blinkte auf,
    und der Fernschreiber hatte soeben zu knattern aufge-
    hört. Toland erhob sich, verzog das Gesicht, ging durch
    das Zimmer und riß die Mitteilung ab. Sein Rücken tat
    ihm erneut weh.
    Dringender Appell der Z.S.A. - Steve Odds.
    David gähnte heftig, zerknüllte das Papier, verfehlte
    den Papierkorb um beinahe einen Meter, eilte ins Bad
    und hielt den Kopf unter den eiskalten Wasserstrahl.
    Knurrend schüttelte er sich, bespritzte die Wände mit
    Wasser und ging mit einem großen Frottiertuch um den
    Kopf ins Wohnzimmer zurück. Er wählte die Nummer
    der Z.S.A. und bekam Goldman an den Apparat.
    »Was ist los?« fragte er.
    »Keine Ahnung. Odds ist in seinem Büro beschäftigt.
    Er will, daß du sofort herkommst.«
    David trocknete sich die Haare.
    »Hat man der Zentrale einen großen Coup übermit-
    telt?«
    »Nein, nichts Besonderes«, antwortete Goldman nur.
    »Es wird doch wqhl nicht so weitergehen wie letzte
    Nacht«, brummte Toland und warf das Handtuch auf
    einen Sessel, genau auf den gepolsterten Umschlag.
    »Ich komme.«
    Dann legte er auf. Vom kalten Wasser hatte er wieder
    einen klaren Kopf bekommen. Aller Wahrscheinlichkeit
    nach würde Odds ihn wieder zu einem miesen Fall los-
    schicken. Warum tat er das? Warum ließ er ihn mit Mi-
    lan, dem Schlimmsten von allen, zusammenarbeiten?
    Allmählich begriff David, was los war. So wie das bei
    zahlreichen kriminellen Organisationen üblich war, ver-
    suchte Odds, dem Sammler Angst einzujagen und ihn
    in verworrene Situationen zu verwickeln, um zu ver-
    hindern, daß er eines Tages gegen seine Arbeitgeber
    aussagen könnte.
    David zog seine Stiefel an und schnürte die Riemen
    unterhalb des Knies fest zu. Er schloß seine Jacke

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