Die Geier
. . . «
»Ich möchte wissen«, sagte sie geduldig, »ob diese
Herzklappe mit jedem Tag zuverlässiger oder ob sie von
Tag zu Tag schwächer wird.«
»Mit jedem Tag vergrößern sich die Aussichten, eine
endgültige Lösung für Ihr Problem zu finden«, antwor-
tete Russel.
Pamela lächelte verkrampft. Ganz offensichtlich gab
sie sich mit dieser Antwort nicht zufrieden.
»Genaugenommen handelt es sich also gar nicht um
eine Genesung?« beharrte sie.
Russel schwieg. Pamela drohte ihn aus dem Konzept
zu bringen.
»Nicht nur heute muß ich jede Anstrengung, jede
Aufregung meiden, sondern mein ganzes Leben lang
muß ich das tun!« sagte Pamela schließlich ziemlich
barsch.
Sie erhob sich aus ihrem Liegestuhl und schlüpfte in
ihre Pumps.
»In drei Wochen habe ich Geburtstag«, sagte sie.
»Und ich will, daß mein Mann ein Fest organisiert. Hier
in diesem Park. Ein riesiges, ein gigantisches Fest!«
Russel hörte, wie sich das Klappern ihrer Absätze auf
dem weißen Marmor entfernte.
David Toland stand am Fenster, hielt die Hände auf
dem Rücken und schaute auf den Parkplatz des Kran-
kenhauses hinunter, als Loic Gaborit sein Zimmer be-
trat.
»Wie fühlst du dich?« fragte der Arzt fröhlich.
»Wie ein Gelatineklumpen auf wandernden Dünen«,
knurrte Toland.
»Du brauchst eben mehr Bewegung«, lachte Gaborit.
»Es ist genauso, als wärst du soeben aus einem tiefen
Winterschlaf erwacht ...«
»Ich bedaure die Murmeltiere«, seufzte David und
drehte sich um.
Gaborit hielt ein Bündel Papiere in der Hand.
»Die Resultate deiner letzten Analysen«, erklärte er.
»Du bist wieder völlig gesund, David. Du kannst das
Krankenhaus heute noch verlassen.«
David nickte. Mit einer Hand zeigte er nach draußen.
»Seit drei Stunden stehe ich hier am Fenster und be-
obachte das Hin und Her der Krankenwagen. Bisher
habe ich nur Fahrzeuge der Z.S.A. gesehen. Keinen
einzigen Unabhängigen!«
Gaborit schnitt eine Grimasse.
»Kannst du an nichts anderes mehr denken?«
»An etwas anderes?« fragte David empört. »Bitte ich
dich etwa, an etwas anderes zu denken als an deine
Chirurgie? Diesem verdammten Beruf habe ich mein
ganzes Leben geopfert! Und nun verlangst du von mir,
daß ich ihn aufgebe, nur weil eine Handvoll Rowdies
mir die Visage eingeschlagen haben?«
Gaborit zuckte mit den Schultern.
»Das ist es nicht, was ich dir vorwerfe. Aber du ver-
hältst dich genauso verbissen wie der kleine Lebens-
mittelhändler an der Ecke, wenn gegenüber seinem La-
den ein Supermarkt eröffnet wird . . . «
»Scheiße!« fluchte David wütend. »Noch vor nicht
allzulanger Zeit hast du mich durch die Flure deiner
verdammten Station geschleppt, um mich den Kran-
ken vorzustellen, denen du mein Material verpflanzt
hast.«
»Es gibt in diesem Krankenhaus hundertmal mehr
Patienten, die mit Organen der Z.S.A. behandelt wur-
den«, entgegnete Gaborit gelassen. »Und niemand von
ihnen hat sich je über zweitklassige Ware beklagt.«
»Du willst also immer noch, daß ich in den Dienst die-
ses Idioten namens Steve Odds eintrete, nicht wahr?«
brüllte David. »So ist es doch?«
»Ich habe dir keine guten Ratschläge zu erteilen«,
murmelte Gaborit. »Meine Aufgabe bestand nur darin,
dich zu heilen. Und geheilt bist du jetzt. Was du tust,
wenn du dieses Zimmer verlassen hast, geht mich
nichts an.«
Müde ließ er sich auf der Bettkante nieder.
»Man hat mir das Messer auf die Brust gesetzt, David.
Keine ungerechtfertigten Bevorzugungen mehr. Ab sofort
arbeitet das Saint-Louis ausschließlich mit der Z.S.A.
zusammen. Und wenn ich es wagen sollte, gegen diese
Vorschriften zu verstoßen, wird man mich auffordern,
mein Talent anderswo unter Beweis zu stellen.«
Er zog die Nase hoch und wandte den Blick ab.
»Ich habe nachgegeben. Und weißt du warum? Weil
ich so bin wie du! Weil dieser Scheißberuf mein Leben
ist!«
»Und weißt du, wohin eine derart dämliche Überle-
gung führt?« schrie David.
Bestürzt schüttelte Gaborit den Kopf.
»Du hast nicht das Recht, so etwas zu sagen. Ich habe
es versucht. Verdammt noch mal, ich habe es wirklich
versucht! Ich glaubte, mein guter Ruf würde mir jede
Menge Türen öffnen. Und weißt du, was man mir ange-
boten hat? Einen Job als Gerontologe in der Provinz. Ich
bin überzeugt, einer der Besten zu sein, David, ehrlich,
aber die sind nun mal stärker als ich. Die Erfolge, die ich aufzuweisen habe, interessieren sie einen
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