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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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Coupole saß, einem aus der Mode gekommenen Restaurant mit schlechter
    Bedienung und scheußlichem Essen, in das der Künstler
    alle eingeladen hatte, fragte sie sich das immer noch.
    Eine entsetzliche Omelette Norvegienne sollte die Unverschämtheit beschließen. Rechts neben Sylvie saß ein
    ekelhafter Punk, der eine riesige Portion Sauerkraut
    verschlang und ihr unentwegt ins Ohr flüsterte, daß die
    Kunst ihm scheißegal sei; links neben ihr saß ein un-
    glaublicher Italiener, der sich dazu verpflichtet fühlte,
    ihr hemmungslos den Hof zu machen, und immer wie-
    der behauptete, ein guter Freund von Bernardo zu sein.
    Ganz offensichtlich hielt er sie für ein Groupie des >Meisters<.
    Während Sylvie die abgeschmackten Albernheiten
    dieses Schwätzers über sich ergehen ließ, dachte sie an
    Mouss. Seit vier Wochen hatte sie ihn nicht mehr gese-
    hen. Nach einer beiderseitigen Phase des Schmollens
    hatte sie schließlich erfolglos einige Nachrichten auf
    seinem Anrufbeantworter hinterlassen. Mouss meldete
    sich nicht. Er kam auch nicht mehr mit der Clique zu-
    sammen. In gewisser Hinsicht fühlte Sylvie sich schul-
    dig. Rückblickend hielt sie ihr damaliges Verhalten für
    unangebracht. Bestimmt hatte Mouss erfahren, daß sie
    die Nacht nach ihrer Trennung mit Serge verbracht hat-
    te, einem uninteressanten Liebhaber, mit dem sie sich
    seit fünf Jahren sporadisch traf . . . Es war eine schmerzliche Nacht, eine Nacht ohne jeden Reiz gewesen. Seit-
    dem fühlte Sylvie sich immer miserabler und spürte,
    wie ihre Neurasthenie sich nach und nach in schreckli-
    che Wutanfälle verwandelte. Und stets war die Erinne-
    rung an Mouss der Katalysator.
    Vor drei Tagen, als sie mit den Nerven am Ende war,
    suchte sie ihn in seiner Wohnung auf, doch die Tür war
    verschlossen. Eine Stunde lang wartete sie im Flur auf
    ihn, vergeblich. Dabei wünschte sie sich so sehr, sich
    mit ihm zu versöhnen, noch einmal mit ihm zu schla-
    fen ... Wie hatte sie sich nur so dumm benehmen kön-
    nen?
    Mit leerem Blick schaute sie den Italiener an. Der
    Blödmann grinste völlig idiotisch zurück.
    »Zum Abschluß gehen wir noch ins Opera-Night«, flü-
    sterte er übertrieben salbungsvoll. »Sie kommen doch
    mit?«
    Ziemlich verdutzt schüttelte Sylvie den Kopf.
    »Nein, ich bin müde. Ich werde nach Hause gehen.«
    Doch der Italiener ließ nicht locker.
    »Gestatten Sie mir, daß ich Sie nach Hause begleite?«
    Dieser Idiot versuchte tatsächlich, sich wie ein Kava-
    lier der alten Schule an sie ranzumachen. Sein Gerede
    ergänzte er durch unsinnige Gesten, seine Sätze betonte
    er durch irrwitzige Grimassen, die Sylvie bei einer an-
    deren Gelegenheit wahrscheinlich zum Lachen ge-
    bracht hätten. Doch an diesem Abend ekelten diese
    Grimassen sie eher an.
    »Das ist nicht nötig ...«, begann sie.
    »Oh! Aber es wäre mir ein Vergnügen!« entgegnete
    der Italiener. »Wo wohnen Sie denn?«
    Ziemlich brutal stieß Sylvie den Tisch von sich.
    »Nicht nötig, hab ich gesagt!« schrie die junge Frau
    dumpf. »Gib dir keine Mühe, Idiot!«
    Einige Gäste drehten sich nach ihr um, als witterten
    sie einen Skandal.
    Sylvie erhob sich und steuerte auf den Ausgang zu.
    »Du gehst schon?« rief Bernardo ihr über vier Tische
    nach.
    Sylvie begnügte sich mit einem stummen Nicken und
    verließ schnell das Restaurant.
    Welch ein Scheißabend! Zum Kotzen!
    Vor dem Eingang ihres Hauses blieb das Taxi stehen.
    Sylvie beugte sich nach vorn, um den Preis vom Zähler
    abzulesen. Ein Turbo-Zähler, dessen rote Digitalziffern
    eine schrecklich hohe Summe angaben. Mit dem Geld
    hätte sie sich zwei Tage lang ernähren können. Da sie
    überzeugt war, daß der Fahrer sie übers Ohr gehauen
    hatte, gab Sylvie kein Trinkgeld, weshalb sie sich vom
    Fahrer beschimpfen lassen mußte.
    Ins Bett schlüpfen, den Kopf unter dem Kissen ver-
    graben, nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Als sie in
    ihrer Tasche nach den Wohnungsschlüsseln suchte,
    fragte sie sich besorgt, ob sie wohl noch einige Tabletten Mogadon im Haus hatte. Das Röhrchen Binoctal war jedenfalls leer, das wußte sie.
    Mit diesen Sachen durfte sie auf keinen Fall übertrei-
    ben. Sie begann, schon richtig süchtig danach zu wer-
    den. Sie schloß die Tür auf, machte Licht und erschrak
    heftig, als sie die völlig auf den Kopf gestellte, verwü-
    stete Wohnung sah. Eine unwahrscheinlich brutale
    Ohrfeige schleuderte sie ins Wohnzimmer. Sie prallte
    gegen einen Sessel und fiel der Länge nach auf

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